Von Bussen und Berufsschulen – IHK-Spitzengespräch mit OB Scharpf
Tagtäglich tritt Sophie-Magdalena Möckl (2.v.l) aus Karlskron ihren Dienst im Block Hotel & Living in Ingolstadt an. Mit Begeisterung. Sie hat gerade eine Ausbildung zur Hotelfachfrau begonnen und schwärmt vom Hotel und dem Teamgeist. Was sie nicht ins Schwärmen bringt, ist die „An- und Abreise“: „Meine Eltern fahren mich jeden Tag hierher und holen mich wieder ab,“ berichtet sie. Und selbst wenn sie die Berufsschule besucht, ist am Nachmittag ohne hauseigenem Shuttle-Service nichts zu machen. Der ÖPNV war ein Schwerpunktthema einer besonderen Gesprächsrunde im Block Hotel & Living in der Hermann-Paul-Müller Straße. Zum Beginn des Ausbildungsjahres trafen sich der IHK-Regionalausschussvorsitzende Franz Schabmüller (li), die Leiterin der IHK Geschäftsstelle Ingolstadt Elke Christian, IFG-Vorstand Georg Rosenfeld, Oberbürgermeister Christian Scharpf (auf dem Bild 2.v.r) und Hotelinhaberin und Gastgeberin Carolin Block (auf dem Bild rechts) zum Spitzengespräch.
Berufsausbildung ist keine Ausbildung zweiter Klasse
Der Fachkräftemangel ist jetzt schon ein großes Problem gerade für kleine und mittelständische Betriebe. Und er wird auch in Zukunft das Schicksal manch eines Wirtschaftsstandorts mit entscheiden. „Bis 2030 werden 2,8 Millionen Arbeitnehmer in Bayern in Rente gehen, aber nur 1,5 Millionen Schulabgänger verzeichnet sein,“ erklärte Franz Schabmüller. Hier sollte die Wirtschaft zusammen mit der Stadt ein Zeichen setzen, um die Wichtigkeit des Themas herauszustellen: „Die duale Berufsausbildung ist keine Ausbildung zweiter Klasse!“ Ziel müsse es sein, alle Hebel zu bewegen, um bei Schülern und Schülerinnen sowie ihren Eltern mehr Interesse für diesen Karriereweg zu wecken. „Das duale Ausbildungssystem ist uns als Familienbetrieb sehr wichtig,“ betonte dazu auch Carolin Block. Seit 2004 bildet sie in ihrem Hotel aus. „Das Hotelfach ist ein breit gefächerter Beruf. Für mich ist es ein Traumberuf. Und es ist weit mehr als nur Servietten falten.“ Die Karrierechancen gerade in dieser Branche seien für junge Menschen sehr gut. Irgendwann ein eigenes Hotel? Warum nicht, meinte Sophie-Magdalena Möckl.
Forderungspapier an den OB überreicht
Der IHK-Regionalausschuss hat seine Forderungen an die Politik und hier insbesondere die Ingolstädter Stadtspitze in einem Forderungspapier zusammen gefasst. Mit Blick auf den Fachkräftemangel sieht der Regionalausschuss, der die Interessen von 7500 Unternehmen in der Stadt Ingolstadt vertritt, Handlungsbedarf – und das vor allem in folgenden drei Bereichen:
1.Die Wertschätzung und die öffentliche Wahrnehmung der Dualen Berufsausbildung müssen gestärkt werden. Dabei sei auch die Stadt gefragt, in Sachen Öffentlichkeitsarbeit Unterstützung zu leisten.
2.Die Ausstattung der Berufsschulen muss verbessert werden. Als Sachaufwandsträger sei die Stadt hier in der Pflicht, sich um eine zeitgemäße und zukunftsfähige Ausstattung zu kümmern.
3.Der öffentliche Nacherkehr muss verbessert werden – und zwar in der gesamten Region 10. Dazu gehören eine Taktverdichtung, eine bedarfsgerechte Linienführung und mehr Tangentialverbindungen. Auch der Ausbau des Radwegenetzes und mehr öffentliche Abstellplätze werden gefordert.
„Unsere Bitte an die Politik lautet, auch die Berufsschulen in die höhere Ebene der Politik zu tragen und beispielsweise Ausbauprogramme wie bei den Hochschulen zu starten,“ betonte Franz Scharbmüller.
Gemeinsamer Vorstoß von IHK, Stadt und den Landkreisen?
„Wir sind da beieinander und ich tu mein Bestes,“ meinte OB Christian Scharpf mit Blick auf den Forderungskatalog. Auch er sieht den Fachkräftemangel als eines der großen Probleme der Zukunft. Er könne sich einen gemeinsamen Vorstoß von Stadt, IHK und den Landkreisen Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen und Pfaffenhofen vorstellen, um etwa ein Ausbauprogramm anzustoßen. „Bei der Ausstattung der Berufsschulen sprechen Sie einen wunden Punkt an,“ so Scharpf. Beim Schulbau herrsche ein Investitionsstau von über einer halben Milliarde Euro: „Der Bestand fällt leider oft hinten runter, das kritisieren Sie zurecht.“ Man könne jetzt nicht warten und müsse 200 Millionen Euro in die Hand nehmen: „Ich bin in diesem Bereich bereit, in die Verschuldung zu gehen.“ Und auch beim Thema ÖPNV sieht der OB hohen Nachholbedarf. Der Ausbau des Busverkehrs habe dabei bereits begonnen, aber er könne sich auch „ein zusätzliches, alternatives Verkehrsmittel“ vorstellen. Dazu werde nun die Möglichkeit eines Regio S-Bahn Systems überprüft. Bis es soweit ist wird es allerdings dauern und Sophie-Magdalena Möckl noch auf die Unterstützung der Eltern angewiesen sein. Sie plant aber nun den Führerschein zu machen und eine Fahrerlaubnis mit 17 Jahren zu erhalten.