LGS Chefflorist: „Blumen werden total überschätzt!“
„Blumen werden total überschätzt!“ Das sagt einer der es eigentlich besser wissen müsste und darum ist es – natürlich – auch nur ironisch gemeint. Die Rede ist von Dieter Scheffler (64 Jahre) aus München und aktuell verantwortlich für 14 Hallenschauen in der Blumenhalle der Landesgartenschau. Für ein sehr persönliches Interview hat er sich während des Aufbaus einer neuen Schau kurz Zeit genommen:
Herr Scheffler, wir treffen Sie gerade mitten in der Dekorierung für eine neue Hallenschau. Wie kommt man zu so einem Beruf?
Ich bin gelernter Gärtner und hatte anschließend eine Ausbildung an der Fachschule für Blumenkunst in Weihenstephan. Danach kamen etliche Jahre in verschiedenen Blumengeschäften von Hamburg bis Südtirol. Seit 33 Jahren bin ich nun für die bayerischen Gartenschauen als Florist tätig, seit 20 Jahren als deren Chefgestalter.
6 Jahre waren Sie noch Fachlehrer für Floristik in Berlin, zwischendurch ein Auslandsaufenthalt als Lehrer in Dubai für „Western Style Floristik“ großer Hotels. Was ist der Unterschied zwischen „Western Style“ und einem „Eastern Style“ in der Floristik?
Zum einen in der Farbgebung und v.a. in der Gestaltung an sich: „Eastern Style“ bekommt seine Charakteristik im Wesentlichen durch die Form- und Farbenlehre des „Ikebana“, die fernöstliche Blumensteckkunst.
Wie entsteht eigentlich eine einzelne Blumenschau?
Eine Blumenschau ist eigentlich eine Ergänzung zum Freigelände einer Gartenschau, also dem was die Kollegen draußen gestaltet haben, allerdings natürlich auch unter der Prämisse des stetigen Wechsels im Laufe des Jahres. Wobei großer Wert auf ein möglichst breites Spektrum der floristischen Möglichkeiten gelegt wird, von den Frühlingsboten bis zur Herbstfärbung ist alles dabei. Das kann im Extremfall aber auch mal nur „Grün“ sein, hier zeigen dann aber unsere Kolleginnen und Kollegen ihr ganzes floristisches Können.
Apropos Kolleginnen und Kollegen. Wie muss man sich ein Hallenschauteam vorstellen und wie kommen Sie an so viele kreative Köpfe?
Das Team ist ja das Wichtigste überhaupt! Ich bin nur der Impulsgeber und mache die Gesamtplanung mit den einzelnen Themen. Unterstützt werde ich von ausgebildeten Floristen. Wir arbeiten dann in Zweierteams, von denen sich jedes dann einen Teil der Halle eigenverantwortlich vornimmt, ich koordiniere dann nur noch.
Wie haben sich die Inhalte und Stile der Blumenschauen in den letzten Jahrzehnten verändert? Gibt es modische Tendenzen, geänderte Farbschwerpunkte?
Eine Blumenschau unterliegt natürlich modischen Wechseln. Es gibt einen sogenannten Trendausschuss vom Fachverband der Floristen, der zusammen mit Designern und Innenausstattern für jedes Jahr ein Farbthema neu festlegt. Ich persönlich orientiere mich aber eher an saisonalen Aspekten und dem aktuellen Blumenangebot auf dem Markt, der stetig zunimmt. Zu meiner Ausbildungszeit gab es 3 verschiedene Nelkentöne, weiß, rosa und rot. Mittlerweile gibt es über 250 Sorten mit entsprechenden Farbnuancen. Das gilt genauso für Rosen, Pfingstrosen und auch viele andere Arten, also eine wahnsinnig breite Angebotspalette. Daraus entstehen meine Kompositionen.
Sehen Sie sich mit Ihren Kompositionen auch als Trendsetter für die Blumendeko im Privathaus oder im Garten? Oder ist das so abgehoben, dass sich das keiner traut?
Vom Format mit 1.500 m² Hallenfläche kann das nur schwer jemand kopieren (lacht), aber ich sehe mich da eher als Impulsgeber, die Dinge, die hier entstehen kann man nicht 1:1 zu Hause umsetzen. Ich möchte aber die Menschen bezüglich Farb- und Formgebung inspirieren.
…was ja auch dem diesjährigen Motto „Inspiration Natur“ absolut entspricht…
Ja genau! Sowohl für Innenräume wie natürlich auch mit unserem Atrium hier für den eigenen Hausgarten. Ganz aktuell mit Hortensien , die auch ein Stück weit direkte Sonneneinstrahlung vertragen, wenn man sie gut gießt.
Können Sie unseren Lesern ein paar Tipps für zu Hause mitgeben? Nach welchen floristischen Gesichtspunkten gestalte ich mein Wohnzimmer, was muss ich draußen beachten?
Das wichtigste ist die Freude an der Kreativität, nicht zu ängstlich sein, mal was ausprobieren. Da gehören auch mal „Brüche“ in der Gestaltung mit dazu. Auch Altes mit Neuem kombinieren. Und natürlich kommt es auf das Beiwerk an, z.B. Vasen aus den 60’er Jahren mit modernen Europaletten einfach mal diese Brüche kombinieren. Und nie immer nur „Ton in Ton“, ja nicht!
Zum Schluss noch eine aktuelle Gestaltungsempfehlung für unsere Leser?
Rosen und Kräuter zur Deko kombinieren. Dabei die Kräuter in wirklich große Töpfe setzen, das macht was her und ist auch leichter zu gießen!
Unser Fazit: Blumen kann man gar nicht überschätzen!
Fotos: Linder