Ein Ort der Lebenden: Kulturerbe-Schild am Westfriedhof enthüllt
Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Friedhof ein Ort der Trauer und des Gedenkens ist. Aber darüber hinaus ist er noch weit mehr. „Friedhöfe sind auch ein Ort der Lebenden,“ erklärte Bürgermeisterin Dorothea Deneke-Stoll bei der Enthüllung eines besonderen Schildes am Eingang zum Ingolstädter Westfriedhof. Es weist auf eine besondere Auszeichnung hin, die allen Friedhöfen in Deutschland gemein ist: Sie dürfen sich zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO zählen. „Es sind nicht die Friedhöfe an sich zum immateriellen Kulturerbe ernannt worden“, erläuterte Deneke-Stoll in ihrer Ansprache, „sondern die Friedhofskultur, also all das, was Menschen auf dem Friedhof tun.“ Und dieses „Tun“ ist außerordentlich vielfältig.
Hervorzuheben sei zum Beispiel die historische Dimension der Denkmäler. „Der Kulturraum Friedhof bildet zudem den größten Skulpturenpark unserer Stadt und ist zugleich Inspirationsfläche für viele Kunstformen.“ Bedeutsam sei auch seine soziale Funktion als Treffpunkt für Familien oder Angehörige und wirke damit auch sozialer Vereinsamung von Hinterbliebenen entgegen. Nicht zuletzt zeige sich dieser Kulturraum über kulturelle und religiöse Unterschiede hinweg als ein Ort der Integration und des Friedens. „Nicht zu vergessen ist die Bedeutung der Friedhöfe für den Naturschutz, zum Beispiel auch als Ort der Biodiversität.“
Und dass sich Kultur wie Gesellschaft stetig ändert, zeigt sich auch an einem Ort wie dem Westfriedhof, der vor rund 450 Jahren – damals noch draußen vor der Stadt – angelegt worden war. Die klassischen Bestattungen bekommen immer mehr „Konkurrenz“, etwa durch Urnenbestattungen oder auch naturnahe Bestattungen in einem Hain: „Wir sind inzwischen bei einem Anteil von 65 Prozent an Urnenbestattungen im Gegensatz zu 35 Prozent Erdbestattungen,“ erklärte Reinhard Rauscher, der Leiter des Standes- und Bestattungsamtes. Sicherlich seien dabei auch die Kosten ein Grund, warum immer mehr Menschen sich für eine Feuerbestattung entscheiden. In Zukunft wird sich so auch das „Gesicht“ der Friedhöfe weiter verändern und neue Bestattungsformen sowie pflegeleichte Grabformen werden zunehmend nachgefragt werden.
Es ist also doch ein „lebendiges“ Kulturgut, das am 20. September in Deutschland sogar seinen „Tag des Friedhofs“ hat. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des „Kuratoriums Immaterielles Erbe Friedhofskultur“ unter www.kulturerbe-friedhof.de.