Als richtige Jungs noch rosa trugen
Eines der Ziele, die mit der Drag-Vorlesung für Kinder erreicht werden sollen, ist es die Festlegung auf traditionelle Geschlechterrollen in Frage zu stellen und auch aufzubrechen.
Das gilt auch für die Festlegung, dass Mädchen rosa und Jungen hellblau tragen, und Röcke sowie Kleider ausschließlich den Mädchen vorbehalten sind. Ein Blick in die Geschichte der Kindermode zeigt, dass diese Tradition gar nicht so alt und verfestigt ist. So trugen noch im 19. Jahrhundert auch kleine Jungen selbstverständlich Kleider. Ein prominentes Beispiel ist das Kindheitsfoto des amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt. Das Überziehen von Kleidchen war einfach praktisch. Es gab keine geschlechtsspezifi sche Farben für Kinderkleidung und man legte keinen Wert darauf, das Geschlecht des Kindes zu repräsentieren. So konnten die Kinder problemlos die Kleidung der Geschwister auftragen.
Zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert fand noch keine strickte geschlechtsspezifi sche Reglementierung der Kleidung statt, auch wenn adlige Jungen gerne im aristokratischen Rot oder Rosa gekleidet wurden.
Es galt: Pink sei eine entschlossenere und stärkere Farbe, die eher Jungen entspräche. Blau sei zarter und eleganter, das mehr zum Wesen der Mädchen passe. Auch Mutter Gottes wird blauem Kleid, dem Symbol der Unschuld, dargestellt.
Die Industrie lebt von der geschlechtspezifi schen Farbzuweisung
Der Paradigmenwechsel ergab sich erst durch die blaue Kleidung der Matrosen und Arbeiter. Mit Zsa Zsa Gabor und Marilyn Monroe wurde Pink zur Farbe der Verführung, Weiblichkeit und Sexappeal und gipfelte 1959 in der Entwicklung der Barbie.
Dass die Kinderkleidung bereits auf den ersten Blick auf das Geschlecht aufmerksam macht, geht auf die kapitalistische Struktur des Kommerzes zurück, denn durch die geschlechtsspezifische Trennung lässt sich – genauso wie bei Spielsachen – mehr Profi t erzielen, wenn Eltern bei Jungen und Mädchen alles doppelt, nämlich in der „richtigen“ Farbe kaufen.
In unserer aufgeschlossenen Gesellschaft bemüht man sich die starke Fixierung der Geschlechterrollen aufzuweichen. Solange man aber den kommerziellen Diktat Rosa für Mädchen und Hellblau für Jungen beibehält, wird sich kaum etwas an der Rollenfixierung ändern.
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