Wie Ute Lottes und Silvia Münzhuber die Geschichte ihrer Stadt lebendig machen
Was wäre eine Stadt ohne ihre Geschichte? Aber es braucht jemanden – Stadtführerinnen und Stadtführer –, die diese Geschichten weiter erzählen. Und es ist ein großes Glück, wenn die Liebe und Begeisterung für die Stadt über das reine Fachwissen hinausgeht. So ein Glück hat Ingolstadt mit seinen Stadtführerinnen Ute Lottes und Silvia Münzhuber, wie man vor allem bei ihren einzigartigen Stadtführungen erleben kann.
Es geht ihnen nicht nur darum, ihr Wissen interessierten Menschen zu präsentieren oder sich selbst mit ihrem Know-how darzustellen, sondern darüber nachzudenken, was die Gäste wirklich interessiert. Sie begrüßen jeden Gast persönlich und vermitteln das Gefühl, wie sehr sie sich darüber freuen, dass genau diese Person da ist. Deshalb sind Fragen jederzeit willkommen. Selbst wenn etwas nicht sofort beantwortet werden kann, wird die Antwort so schnell wie möglich recherchiert. Was Menschen immer wieder fesselt, sind Anekdoten und wahre Geschichten – genau hier liegen die Stärken der beiden Frauen. Sie nehmen ihr Publikum mit auf eine historische Reise durch Ingolstadt und lassen die Stadt von einer neuen, überraschenden und spannenden Seite erleben.
Ein Beispiel dafür ist der Kriminalfall aus dem Jahr 1800 – der Mordfall Prandtner. Dieser spektakuläre Fall ist vielen Ingolstädtern bekannt, und sie kennen auch das Ende. Doch Ute Lottes entdeckte in Karl Häuslers Buch „Tatort Ingolstadt“ Widersprüche im historischen Verlauf und vermutete einen Justizirrtum. Dem ging sie nach und recherchierte im Stadtarchiv. Der Justizfall hatte das Potenzial, die Menschen zu fesseln. Sie holte ihre Kollegin Silvia Münzhuber mit ins Boot. Gemeinsam überlegten sie, wie sie die Geschichte aufbereiten könnten, sodass sie nicht nur spannend, sondern auch nicht zu düster wirkt. Sie entwickelten ein fesselndes Schauspiel mit verschiedenen Rollen. Die Teilnehmer werden an die Orte des Geschehens mitgenommen, sofern diese noch vorhanden sind. Dabei mussten viele Faktoren bedacht und Genehmigungen eingeholt werden. Überall stieß ihr Projekt auf Begeisterung, und man kam ihnen gerne entgegen. Das Ergebnis ist eine sehr gelungene und unterhaltsame Aufklärungsführung.
Ein echtes Schanzer Kind mit Liebe zu ihrer Heimatstadt

Silvia Münzhuber, geboren in der Klinik Dr. Liebl und mit Schutterwasser getauft, ist stolz darauf ein echtes Schanzer Kind zu sein. Vor 19 Jahren erregte ein Inserat in der Zeitung ihre Aufmerksamkeit, in dem Interessierte für die Ausbildung zu Stadtführern gesucht wurden. Geschichte hatte sie schon immer fasziniert, aber der eigentliche Auslöser, sich für diese Ausschreibung zu interessieren, war eine sehr schlechte Stadtführung, die sie in einer anderen Stadt erlebt hatte. Sie dachte sich: „Mein Gott, wenn du mich nachts aufweckst, das kann ich besser.“ Obwohl sie von der Informationsveranstaltung begeistert war, zögerte sie zunächst, denn ihr war klar, dass dieser Job ihr Leben verändern würde. Es stellte sich heraus, dass dies eine der besten Entscheidungen ihres Lebens war – eine unglaubliche Bereicherung. Die Ausbildung war zwar hart, aber sie ist froh, ein Teil des tollen Teams zu sein. Sie hat hier viele Gleichgesinnte und Freunde getroffen und ihr Selbstbewusstsein gestärkt – etwas, das sie sich vorher in dem Umfang nicht hätte träumen lassen.
Eine Weitgereiste verliebt sich in ihre neue Heimatstadt

Ute Lottes wuchs in Baden-Württemberg auf und kam über ihren späteren Ehemann durch die Audi nach Ingolstadt. Sie hat mit ihrem Partner viele Großstädte kennengelernt und fragte sich anfangs, wo sie nun gelandet war. Doch bald stellte sie fest, dass ihre neue Heimat eine wunderbare, liebenswerte Stadt ist, die viel zu oft unterschätzt wird. Auf der Suche nach einer beruflichen Tätigkeit mit zwei kleinen Kindern als passionierte „Museumsmaus“, bewarb sie sich beim Stadtmuseum und bekam die Möglichkeit, dort Führungen für Kinder und Erwachsene zu übernehmen, die sie von Anfang an begeisterten. Dabei merkte sie, wie interessant diese Stadt mit ihrer über 1.200 Jahre alten Geschichte ist und wie viel sie zu bieten hat. 2017 nahm auch sie das Angebot an, sich zur Stadtführerin ausbilden zu lassen, in der irrigen Annahme, es gebe keinen großen Unterschied zwischen einer Indoor- und Outdoor-Stadtführung. Das Zeitmanagement ist allerdings anders – man muss Distanzen überwinden und diese mit einkalkulieren. Auch sie schwärmt von ihren Kolleginnen und Kollegen, die sie liebevoll aufgenommen haben und bereit sind mit ihr neue Wege in der Stadtführung zu gehen. Dabei lernte sie, wie viel Spaß es ihr machte, bei historischen Stadtführungen in die Rolle der Protagonisten zu schlüpfen und sich in diese einzufühlen.

