Weihnachtsbeleuchtung – ein Thema, das bewegt

Adventliches Ingolstadt zwischen Sparkurs und Symbolkraft

Es gibt kaum eine Zeit im Jahr, die mit so vielen Emotionen verbunden ist wie die Advents- und Weihnachtszeit. Das zeigte sich zuletzt deutlich, als in Ingolstadt im Zuge der notwendigen Sparmaßnahmen der Stadt kolportiert wurde, in der Innenstadt möglicherweise auf die Weihnachtsbeleuchtung zu verzichten. Prompt ging ein Aufschrei durch die sozialen Medien – viele sahen in dieser Maßnahme eine inakzeptable Beschneidung christlicher Tradition. Aber trifft das wirklich zu? Ist Weihnachtsbeleuchtung ein traditioneller Bestandteil der Adventszeit? 

Ob das Anzünden der Kerzen auf dem Adventskranz, die mit jeder Woche mehr Licht und damit mehr Hoffnung bringen, oder die Lichterbögen und Lichterketten an Fenstern: Sie alle stehen für Vorfreude und Erwartung. Dazu zählt inzwischen auch die städtische Weihnachtsbeleuchtung. Die ersten städtischen Illuminationen fanden in Deutschland in den 1920er-Jahren statt, zunächst in Großstädten; seit den 1950er-Jahren haben sie sich als fester Bestandteil städtischer Adventstradition etabliert. Sie bringt Helligkeit und Wärme in die dunkelste Zeit des Jahres und steht damit nicht nur für festliche Stimmung, sondern auch für das uralte christliche Versprechen: Das Licht besiegt die Finsternis. 

Adventszeit ist traditionell die Zeit der Vorfreude –aber auch der Besinnung und sozialen Verantwortung

Es gibt kaum eine Zeit, die mit derart vielen unterschiedlichen Vorbereitungen und Traditionen verbunden ist wie die Adventszeit. In vielen Haushalten werden Weihnachtsplätzchen gebacken, die Kinder schreiben ihren Weihnachtswunschzettel, den sie wahlweise aufs Fensterbrett legen oder als Brief an das „Christkindl“ an die „Himmelpforten“ schicken. 

Zu den Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest gehört in den meisten Haushalten ein Adventskranz, der auf den evangelischen Theologen und Sozialpädagogen Johann Hinrich Wichern zurückgeht. Er gründete das „Rauhe Haus“, eine Erziehungsanstalt für arme und verwahrloste Kinder und Jugendliche. Diese wurden nicht müde, immer wieder zu fragen, wann denn endlich Weihnachten sei. Daher bastelte er einen Holzkranz mit vier großen Kerzen für die Sonntage und kleinen für jeden Tag vor Weihnachten. Diese Tradition hat sich inzwischen in ganz Deutschland durchgesetzt – heute in der Regel mit vier Kerzen und Tannengrün als Zeichen der Hoffnung. 

Ein sehr beliebter Treff in der Adventszeit ist der Ingolstädter Christkindlmarkt, der zu den ältesten Deutschlands zählt: Laut der Ingolstädter Stadtchronik ordnete Herzog Albrecht V. im Jahr 1570 an, alljährlich zum Fest des hl. Nikolaus einen Markt abzuhalten. Dieser findet inzwischen am Theaterplatz statt und wird alljährlich vom „Christkindl“ eröffnet. Um diese schöne Aufgabe drängen sich immer viele junge Mädchen – denn das „Christkindl“ ist traditionell weiblich, jung und blond. 

Die soziale Dimension der Adventszeit

Die Adventszeit sensibilisiert für die Not der Mitmenschen. Der caritative Gedanke in Verbindung mit Weihnachten reicht rund 1.500 Jahre zurück. Seit dem 4. Jahrhundert wird das Fest der Geburt Christi offiziell gefeiert; Unterstützung Bedürftiger vor hohen Festtagen galt – wie in anderen Religionen – als religiöse Pflicht. Im Mittelalter prägte der Begriff der Barmherzigkeit das Handeln: Klöster, Stiftungen und wohlhabende Bürger beschenkten Arme, oft mit Blick auf das eigene Seelenheil. Mit der Industrialisierung verschärften Wohnungsnot, Kinderarbeit und Arbeiterelend die Lage; bürgerliche und kirchliche Initiativen riefen zu Wohltätigkeit auf („Weihnachtsbescherungen“ für arme Kinder, Armenspeisungen, frühe Zeitungsaktionen). Seit dem 19. Jahrhundert wurde öffentlich sichtbares „Gutes tun“ kulturell normal. Nach 1945 rückten neben Armut auch Einsamkeit und soziale Isolation in den Fokus; das Ziel: An Heiligabend soll niemand allein sein. Aus der „milden Gabe von oben“ wurden Einladungen zum gemeinsamen Feiern und Geschenkaktionen für Kinder. 

In Ingolstadt reicht die belegte Tradition organisierter Hilfe mindestens bis ins 14. Jahrhundert zurück (Heilig-Geist-Stiftung 1319), wird in der frühen Neuzeit durch weitere Stiftungen – wie die Waisenhausstiftung Ingolstadt von 1617 – verdichtet, im 19./20. Jahrhundert durch Caritas und Diakonie professionalisiert und seit 1951 durch breite, mediengestützte Adventsspendenaktionen geprägt. Heute verbindet sich das mit modernen Formen bürgerschaftlichen Engagements – bei der Tafel sowie in zahlreichen Vereins- und Stiftungsinitiativen. 

Kommentar:
Advent in Ingolstadt: Jetzt zählt das Miteinander

Die fetten Jahre sind vorbei – eine in vielerlei Hinsicht bedauerliche und schmerzliche Tatsache.
Aber vielleicht ist es auch eine Zeit, sich daran zu erinnern, was Adventszeit und Weihnachten im Kern sind und sein sollten: ein Fest der Liebe. Und Liebe kann man bekanntlich nicht kaufen. Liebe kann man nur schenken, indem man sich für Menschen Zeit nimmt, hinsieht und hinhört was sie brauchen und wie es ihnen geht. Liebe bedeutet auch: teilen. 

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