Fleißers „Tiefseefisch“ im Altstadttheater

zeigt, wie Manipulation und Machtmissbrauch das Private und Politische untrennbar verknüpfen 

Die von der Pasinger Fabrik in München gezeigte Fassung wurde von der Dramaturgin Andrea Kindt bearbeitet. Die sich anbahnende demokratiefeindliche Entwicklung wird von ihr nur gestreift, sodass Fleißers zentrales Motiv – der Kampf zwischen Frauen und Männern – im Vordergrund steht: „In den Männern ist eine Sucht, Personen, mit denen sie umgehen, herabzusetzen; auf diese leichte Art hebt man sich selbst hinauf.“

Kindt fokussiert sich auf die toxische Beziehung des Ehepaares Gesine und Laurenz. In dem wenig bekannten Drama „Tiefseefisch“, das die zerstörerische Dynamik dieses Paars zeigt, hat die Ingolstädter Schriftstellerin vor allem ihre eigene Beziehung zu dem narzisstischen, rechtskonservativen Journalisten Hellmut Draws-Tychsen verarbeitet. Er hatte sie nicht nur finanziell ausgebeutet, sondern auch demütigt – wie aus einem Brief von 1934 beispielhaft hervorgeht: „Wer bist du denn eigentlich, was kannst du und was willst du? … Merk dir: Eine Frau ist ohne den formenden Willen des Mannes nichts. Ohne mich wird dein Werk keine Existenzberechtigung haben.“

Das Drama spielt in einem möblierten Zimmer, in dem das Paar ärmlich haust. Laurenz lebt dennoch ausschweifend auf Kosten seiner Partnerin: Wenn ein Anzug verschlissen ist, kauft er sich zwei neue. Sein Ego leidet darunter, dass Gesine als Autorin erfolgreicher ist, während seine eigenen Werke keine Beachtung mehr finden. Er kompensiert das, indem er sie herabsetzt und erniedrigt.


Mit der Bekanntgabe ihrer Verlobung erweckt Gesine den Eindruck, politisch die Seiten gewechselt zu haben. Ihre bisherigen Freunde wenden sich ab, und sie verliert ihre Aufträge. Am Ende bleibt die Frage: Wie kann man unter politischem Druck überleben, ohne sich zu verbiegen?

Daniela Voß als Gesine und David Benito Garcia überzeugten in ihren Rollen, was das Publikum mit starkem Applaus honorierte. Leider ein einmaliges Gastspiel, so dass eine sonst gerne ausgesprochene Empfehlung sinnlos ist. Aber die Bitte noch mehr Stücke der großen Ingolstädter Autorin zu bringen.

Allerdings: Fleißers Sprache besticht durch eine unnachahmliche Präzision. Jedes Wort ist sorgfältig gewählt, keines zu viel. Umso bedauerlicher war es, dass die Akustik an diesem Abend teilweise nicht die gewohnte Qualität hatte und manches unterging.

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