Empörung rund um die Uhr – nur nicht in der echten Stadt
Ingolstadt – angeblich eine Stadt im Daueraufstand. Zumindest, wenn man Facebook glaubt. Dort empört man sich professionell: über Kleidercontainer, die überquellen. Über die Großbaustelle MKKD, in die Millionen verschwinden. Über Planungen, die noch gar nicht auf dem Papier stehen. Und natürlich über einen Stadtrat, der auf Einladung des ehemaligen OB Dr. Christian Scharpf nach München fährt und – festhalten – ein Brotzeitbrettl isst.
Kurz: In dieser Parallelwelt wird jeden Tag ein neuer Skandal geboren.
Keiner der Meckerer will aber einsehen, dass es sich um die Freizeit der Stadträte handelte, dass viele die Kosten selbst getragen haben – und dass es vielleicht gar nicht so dumm ist, ein gutes Verhältnis zum heutigen Wirtschaftsreferenten der Stadt München zu pflegen. Aber solche Details stören nur den Aufreger.
Und wenn man in den diversen Gruppen und Seiten einmal durchscrollt, sieht man schnell: Es sind immer dieselben. Abwechselnd am Steuer, immer die gleiche Crew – und sie schicken das Schiff der Empörten auch dann noch auf See, wenn eigentlich Flaute ist.
Und während dort ein Kommentar den nächsten jagt, wird die Sache nicht spannender, nur repetitiver. Empörung als Endlosschleife. Langweilig wie ein Kaugummi, der schon dreimal durchgekaut ist. Nur eben lauter.
Und jetzt steht das 50-Jahre-Herbstfest an. Eigentlich ein Grund zur Freude. Aber Moment – darf da überhaupt jeder hin? Oder müssen Stadträte draußen bleiben, damit niemand auf Facebook Schnappatmung bekommt? Vielleicht ein eigenes Zelt nur für Politiker, abgesperrt mit Bauzäunen? Oder gleich ein Verbotsschild am Eingang: „Kein Zutritt für Stadträte – Demutspflicht!“
Fazit: Ingolstadt ist keine Stadt im Daueraufstand. Es ist eine Stadt mit einer winzigen, aber sehr lauten Blase. Die feiert ihre Empörung – während der größte Teil der Bürger gar nicht mitbekommt, dass er eigentlich empört sein könnte.