Merkwürdigkeiten


Achim Werner verlässt die SPD und kandidiert für Die Linke für den nächsten Stadtrat. Dass er im Zeitpunkt der Kommunalwahl 73 Jahre alt sein wird und somit dem Stadtrat bis zu seinem 79. Lebensjahr angehören würde, sollte er gewählt werden, ist nicht die große Überraschung. 

Erstaunlich ist aber, dass Werner nicht mehr für die SPD, sondern eben für Die Linke antreten wird. Wie Franz Götz und Andreas Schleef, die von der SPD zu den Freien Wählern wechselten, muss er sich fragen, was er im Leben ohne die SPD-Mitgliedschaft geworden wäre. Alle drei haben der SPD viel zu verdanken. Schleef wurde zweifellos mit sozialdemokratischer und gewerkschaftlicher Unterstützung Vorstand bei Audi; Franz Götz wurde Landtagsabgeordneter und konnte auch nebenbei gute Geschäfte machen. Was wäre aus beiden ohne die SPD geworden? Bei den Freien Wählern spielten Götz und Schleef jedenfalls keine große Rolle mehr. Und nun also Achim Werner! Als einen der Gründe für seinen Wechsel zur Linken führt er laut Donaukurier an, dass der vorzeitige Abgang des SPD-Oberbürgermeisters Christian Scharpf  (nach München) zu einem “unüberseh- und unüberhörbaren“ Vertrauensverlust bei der SPD geführt habe. Dieses Argument kann man auch nach mehrmaligem Lesen nicht nachvollziehen: Es war Achim Werner, der maßgebliche Anteil daran hatte, dass Scharpf in Ingolstadt als OB-Kandidat antrat. Seiner Mitwirkung ist es daher zu verdanken, dass die SPD jetzt unter einem Vertrauensverlust zu leiden hat. Und dann der Wechsel zur Linken: Achim Werner wusste sehr wohl, dass der von ihm favorisierte Christian Scharpf ein „königlich-bayerischer Sozialdemokrat“, also ein Konservativer in der SPD ist. Einen Konservativen als OB-Kandidat nach Ingolstadt zu holen und dann sich selbst zur Linken abzusetzen, das passt irgendwie nicht zusammen.

Wortgewandt (wie immer) präsentierte sich Stadtrat Hans Stachel (FW), als er sich in der Lokalzeitung zur Haushaltskrise der Stadt äußerte: Für ihn ist Ingolstadt nicht nur “insolvent”, also zahlungsunfähig, sondern gleich “total insolvent”. Was das bedeuten soll, lässt er offen, zumal es “halb insolvent” nicht gibt. Weiter zitiert ihn der DK: “Dass die Stadt falsch unterwegs ist, überrascht mich nicht. Das sagen wir Freien Wähler seit Jahren.” Ob er damit auch die Jahre 2014 bis 2020 meint, als die Freien Wähler mit der CSU im Stadtrat die Mehrheit hatten, ist damit nicht ausgeschlossen. Wer nun aber ein paar richtungsweisende Aussagen zur Stadtpolitik und notwendigen Sparmaßnahmen erwartete, der wird enttäuscht: Es sei Sache der Verwaltung (also nicht der Parteien wie z.B. der Freien Wähler), derPolitik Vorschläge zu unterbreiten – so zitiert der DK Hans Stachel. Selbst konkrete Sparvorschläge zu machen ist halt unpopulär.

Hermann Käbisch

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