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Stadt Ingolstadt startet Sparprogramm

Einstellungsstopp und Stellenabbau über Fluktuation

In einer internen Mitarbeiterinformation hat Oberbürgermeister Dr. Michael Kern die Beschäftigten der Stadt Ingolstadt über ein umfangreiches Sparprogramm informiert. Hintergrund ist ein strukturelles Defizit von 80 bis 100 Millionen Euro im Jahr 2026, verschärft durch einen massiven Einbruch bei der Gewerbesteuer. Vorgesehen sind ein Einstellungsstopp, Stellenabbau über natürliche Fluktuation, strengere Regeln für Ausgaben sowie vertiefte Prüfaufträge für städtische Einrichtungen und Beteiligungen. Betriebsbedingte Kündigungen sollen vermieden werden; die Maßnahmen dienen auch dazu, Voraussetzungen für staatliche Bedarfszuweisungen zu schaffen.

Mitarbeiterinformation von OB Dr. Michael Kern zur Finanzlage der Stadt Ingolstadt

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,


die Stadt Ingolstadt steht vor einer nie dagewesenen finanziellen Herausforderung. Für das Jahr 2026 müssen wir, wie bereits bekannt, mit einem Defizit von 80 bis 100 Millionen Euro rechnen. Dies ist keine vorübergehende Schwächephase, sondern eine strukturelle Zäsur, die uns zwingt, unser Handeln grundsätzlich zu überdenken, um die Stadt finanziell wieder zukunftsfest zu machen.

Alle bisherigen Einsparmaßnahmen waren wichtig, richtig und notwendig. Sie waren nur möglich, weil Sie – die Beschäftigten dieser Stadtverwaltung – in den vergangenen Monaten viele zusätzliche Aufgaben übernommen, Abläufe angepasst und Einsparungen mitgetragen haben. Dafür danken wir Ihnen ausdrücklich!

Trotz dieser beachtlichen gemeinsamen Anstrengungen hat sich die Haushaltslage zum Herbst hin erheblich verschärft, insbesondere durch den drastischen Einbruch der Gewerbesteuer. Um künftig handlungsfähig zu bleiben und finanzielle Hilfen des Staates beantragen zu können, müssen wir zusätzliche Maßnahmen prüfen und umsetzen. Die staatlichen Bedarfszuweisungen sind, das ist gesetzlich vorgegeben, an weitere erkennbare und wirksame Konsolidierungsschritte geknüpft, die wir einleiten müssen.

Wir unternehmen all diese gemeinsamen Anstrengungen, um die Handlungsfähigkeit der Stadt zu sichern. Handlungsfähigkeit bedeutet finanziell, aber auch personell. Damit dies gelingt, sind weitere, auch tiefergehende, Maßnahmen notwendig, die uns eine sozialverträgliche Konsolidierung ermöglichen. Wie wir bereits auf der Personalversammlung betont haben, werden wir weiterhin alles dafür tun, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird. Aber es kann sein, dass sich für Beschäftigte Aufgaben und Arbeitsplatz innerhalb der Verwaltung ändern werden. Die nächste Zeit wird von uns allen daher Geduld und Flexibilität abverlangen. Auch darauf müssen wir uns einstellen.

Wie geht es konkret weiter?
In der Dezember-Sitzung wird dem Stadtrat ein Dachbeschluss mit einem umfassenden Prüf- und Maßnahmenauftrag vorgelegt. Für die Beschäftigten sind insbesondere folgende Punkte relevant:

1. Personal- und Stellenbewirtschaftung
Ein wesentlicher Bestandteil der Konsolidierung ist ein mittelfristiger Stellenabbau, der ausschließlich über die natürliche Fluktuation erfolgen soll. Die Verwaltung wird daher in den kommenden Jahren freiwerdende Stellen nur in zwingend erforderlichen Fällen nachbesetzen können. Dies bedeutet schon jetzt einen faktischen Einstellungsstopp, die Aussetzung des regulären Stellenplanverfahrens bis einschließlich 2028 sowie eine fortlaufende Prüfung von Einsparpotenzialen in freiwilligen wie pflichtigen Aufgabenbereichen im Rahmen der Aufgabenkritik. 

Unabweisbare Mehrbedarfe, etwa in Feuerwehr und Kinderbetreuung, werden weiterhin gesondert betrachtet, damit wir unsere gesetzlichen Aufgaben zuverlässig erfüllen können.

Grundlage der Konsolidierung der Personalkosten soll künftig eine generelle Nachbesetzungssperre mit klar definierten Ausnahmen für bestimmte Aufgabenbereiche sein. Ein entsprechendes Konzept wird derzeit erarbeitet und soll im Januar vorliegen. 

Bis dieses Konzept vorliegt, gilt eine Interimslösung: Personalentscheidungen, die nicht dringend erforderlich sind, werden möglichst aufgeschoben. Neue Stellenbesetzungsverfahren werden derzeit nicht gestartet. Bereits begonnene Verfahren können noch abgeschlossen werden. Besetzungen über die Koordinierungsliste bleiben weiterhin möglich. Ebenso bleiben die Dauerausschreibungen im humanärztlichen und tiermedizinischen Bereich sowie für Personal in der Kinderbetreuung online, um die Funktionsfähigkeit in diesen Bereichen sicherzustellen.

Damit die Verwaltung trotz insgesamt geringerer Personalressourcen arbeitsfähig bleibt, muss gemeinsam priorisiert werden sowie Projekte der Digitalisierung und Automatisierung prioritär weitergeführt. Sie sind ein zentraler Baustein, um Abläufe zu vereinfachen und Beschäftigte zu entlasten.

2. Auswirkungen der vorläufigen Haushaltsführung
Durch die absehbare vorläufige Haushaltsführung gelten 2026 deutlich strengere Regeln für Sachausgaben. Das bedeutet: Ausgaben sind nur noch möglich, wenn sie rechtlich verpflichtend oder unaufschiebbar sind. Über- und außerplanmäßige Ausgaben sind nicht zulässig. Viele Standards müssen reduziert und Aufgaben stärker priorisiert werden, Bestellungen und Projekte benötigen künftig eine noch sorgfältigere Prüfung. Dies wird für alle Bereiche Veränderungen im Arbeitsalltag mit sich bringen – nicht im Sinne von Einschränkung der Arbeit, sondern im Sinne der Fokussierung auf das Wesentliche.

3. Prüfung städtischer Einrichtungen mit freiwilligen Leistungen
Wir müssen jetzt tiefergehend alle Bereiche der Stadtverwaltung betrachten, gerade Einrichtungen, die nicht Teil unserer Pflichtaufgaben sind. Das wird auch vorausgesetzt, um staatliche Unterstützung beantragen zu können. Dazu gehören unter anderem Jugendherberge, Technikerschule, Volkshochschule, Sing- und Musikschule, Stadtteiltreffs und Bürgerhäuser, Stadtbücherei (Standorte, Bücherbus, Schulmedienzentrale). Für all diese Einrichtungen muss geprüft werden: Welche weiteren Einsparungen sind möglich? Können Angebote reduziert oder verändert werden? Ist eine andere Rechtsform oder Trägerschaft sinnvoll? Und erst im äußersten Extremfall: Ist eine Schließung erforderlich?

Uns ist sehr bewusst, dass dies zur Verunsicherung bei den betroffenen Kolleginnen und Kollegen führen kann. Daher ist es wichtig, erneut festzuhalten, dass alles getan wird, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Diese Prüfaufträge bedeuten keine Vorfestlegung, sondern dienen einer ehrlichen, transparenten Analyse. Ziel ist es, wirtschaftlich tragfähige Modelle zu finden, ohne vorschnelle Entscheidungen zu treffen.

4. Prüfung städtischer Beteiligungen
Auch unsere städtischen Unternehmen müssen weiterhin ihren Beitrag leisten und bedeutsame Maßnahmen zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit, deutlichen Reduzierung der Defizite wie auch Entlastung des Kernhaushaltes prüfen. Dies reicht von strengeren Sparvorgaben, über restriktive Personalbewirtschaftung bis hin zu organisatorischen Umstrukturierungen.

5. Steuerliche und finanzielle Maßnahmen
Parallel werden dem Stadtrat Vorschläge zu Einnahmeverbesserungen vorgelegt, u. a.: eine Anpassung des Grundsteuer-Hebesatzes, die Einführung einer Zweitwohnungssteuer, weitere Gebührenprüfungen und die Beantragung von Bedarfszuweisungen beim Freistaat Bayern. Diese staatlichen Hilfen sind entscheidend, um unsere Liquidität zu sichern – sie werden jedoch nur gewährt, wenn erkennbar ist, dass wir selbst alle angemessenen Schritte zur Haushaltskonsolidierung unternehmen.

Warum ist das alles notwendig?
Viele von Ihnen haben in den vergangenen Monaten dazu beigetragen, dass Einsparungen wirksam wurden – etwa durch intensive Prüfungen in der Aufgabenkritik, Prozessoptimierungen, organisatorische Anpassungen und erhöhte Sorgfalt im Einsatz öffentlicher Mittel. Diese Leistungen waren nicht umsonst. Sie bilden das Fundament dafür, dass wir die kommenden Schritte überhaupt gehen können. Doch die Realität ist: Die Einnahmebasis hat sich schneller und stärker verschlechtert, als es im Sommer absehbar war. Eine Rückkehr zur finanziellen Stabilität bis 2030 gelingt nur, wenn wir jetzt entschlossen handeln. Dabei gilt: Wir wollen die Stadt handlungsfähig und lebenswert halten!

Wie geht es weiter?
Die Beschlussvorlage wird in den kommenden Tagen finalisiert, steht dann öffentlich zur Verfügung und wird im anstehenden Sitzungslauf zur Beschlussfassung dem Stadtrat vorgelegt. Nach der Stadtratssitzung informieren wir Sie wie gewohnt erneut über die Entscheidungen und nächsten Schritte.

In dieser herausfordernden Zeit zeigt sich einmal mehr, wie verlässlich, professionell und engagiert die Beschäftigten der Stadt Ingolstadt arbeiten. Dafür danken wir Ihnen sehr. Nur gemeinsam können wir die notwendigen Veränderungen gestalten – und die Stadt so aufstellen, dass sie auch 2030 und darüber hinaus leistungs- und zukunftsfähig bleibt.

Wir bitten Sie daher um Ihr weiteres Mitwirken, Ihr Verständnis und Ihre Unterstützung.


Herzlichen Dank
Ihre

Dr. Michael Kern
Oberbürgermeister

Pressestelle/Stadt Ingolstadt

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