Aus Stadträten wurden Stadtradler: Baustellentour im Nordost Viertel
„Vom Rad schaut alles anders aus!“ Das erklärte Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle zu Beginn der etwas anderen Baustellenrundfahrt des Ingolstädter Stadtrats. Diesmal wurde auf den Bus verzichtet und auf das Rad umgestiegen. An die 50 Personen ergaben so eine „Critical Mass“, die (auch dank einer kurzen Sperrung der Goethestraße und immer umsichtig voraus und hinter her radelnden Verwaltungsmitarbeitern) unfallfrei von A nach B – in diesem Fall vom Paradeplatz bis zur „Endstation“, der GWG Wohnanlage an der Gerhart-Hauptmann-Straße.
„Wir wollen dem neuen Stadtrat einen Überblick über aktuelle Projekte geben,“ so Renate Preßlein-Lehle. Der Nordosten der Stadt biete sich dabei aktuell mit den Themen Rieter Gelände, Mittelschulstandort, Stadtpark Donau usw. besonders an. Und so wurde jener Nordosten mit dem Rad durchquert (am Ende waren es knapp 12 Kilometer Strecke). Mit von der Partie war auch Oberbürgermeister Christian Scharpf, der vor dem Start scherzte: Als er seiner Frau den Plan der Radtour gezeigt habe, meinte diese: „Das schaffst Du nie!“
Anlauf- (oder besser Anradel-)punkt Nummer eins war das Rieter Gelände, dessen Neugestaltung zuletzt auch Thema im Stadtentwicklungsausschuss war (siehe eigener Bericht: https://www.in-direkt.de/news/7130/nahezu-begeistert-vom-in-quartier/). Vor Ort erläuterten die Stadtbaurätin und Philipp Münster vom Stadtplanungsamt das Konzept für das Areal. So soll um den ehemaligen Wasserturm, der erhalten bleibt (wie auch das sogenannte „Kino“), ein urbaner Bereich mit Cafés, Einzelhandel, Wohnungen und einem parkähnlichen Grünbereich als Zentrum entstehen. Die Höhenentwicklung der Gebäude orientiere sich dabei an dem Wasserturm.
Mit dem Rieter Gelände verknüpft ist auch die Frage nach dem Standort der neuen Mittelschule Nord-Ost. Zwei Standorte sind hier noch möglich – entweder auf dem Rieter Gelände oder südlich des Augrabens. Die Vor- und Nachteile erläuterte Kulturreferent Gabriel Engert. Die 600 Schüler könnten an diesem Standort neben dem Gelände des TSV Oberhaunstadt die bereits bestehenden Sportanlagen mit nutzen, weshalb auch nur der Bau einer Zweifachturnhalle nötig wäre. Außerdem befände sich der Standort in der Mitte des entsprechenden Sprengelgebiets und wäre damit aus allen Richtungen fußläufig erreichbar. Auf dem Rieter Gelände sei das nicht der Fall. Hier müsste außerdem ein komplettes Sportgelände angelegt werden – inklusive einer Dreifachturnhalle. Beide Standorte würden weiter geprüft, versicherte Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle.
Währenddessen machten Mitglieder des Bund Naturschutz klar, dass mit ihnen eine Schule im Zweiten Grünring nicht zu machen sei. OB Christian Scharpf meinte dazu, dass er das angesichts des dringend nötigen Schulbaus nicht versprechen könne.
Weiter ging es nach Unterhaunstadt, wo mit der Sanierung der Georgstraße eine Neugestaltung des alten Ortskerns einher geht. Man habe hier eine einmalige Situation mit der Kirche auf der Anhöhe, dem Friedhof drum herum und dem anschließenden Seelenhaus, so die Stadtbaurätin. Letzteres ist saniert worden und beheimatet nun auf Wunsch der Bürger die Obstpresse des örtlichen Obst- und Gartenbauvereins. Durch Sitzgelegenheiten und einen überdachten Bereich ist hier Platz für Veranstaltungen aller Art geschaffen worden: „Wir schaffen das Raumangebot, die Bürger füllen es mit Leben!“ freute sich die Stadtbaurätin.
Doch nicht nur um Bauprojekte, sondern auch Naturflächen standen bei der Rundfahrt im Fokus (mit dem Bus wäre das gar nicht machtbar gewesen). Und so informierten sich die Stadträte vor Ort über die Talaue des Mailinger Baches. Hier handelt es sich (nicht nur) um Ausgleichsflächen der Stadt. In den Biotopen leben unter anderem streng geschützte Pflanzen und Tierarten und es ist der einzige Standort der Trollblume in Ingolstadt. Leider müsse man sich gleich nebenan in der Kleingartensiedlung Fort Wrede laut Umweltreferent Rupert Ebner weniger mit natürlichen, als viel mehr mit gefährlichen Altlasten befassen. Dort sei immer noch Munition aus dem Zweiten Weltkrieg im Untergrund zu finden.
Der Radeltrupp trat weiter in die Pedale und überquerte die Fuß – und Radwegbrücke Römerstraße, die durch ein Projekt des Gartenamts zur „Little Highline“ umgestaltet wurde. Gartenamtsleiter Ulrich Linder erläuterte das Projekt mit seinen Pergolen und Sitzgelegenheiten, das im übrigen so gut angenommen wird, dass zusätzliche Mülleimer-Leerungen nötig sind. Und als „absolut unverzichtbar“ bezeichnete der den angrenzenden Nordpark, den man ebenfalls durch radelte.
Weiter ging es vorbei am Bauprojekt der Geiger Gruppe in der Despag Straße (hier wird die Firma Rieter ihre Abteilung für die Entwicklung und den Test von Prototypen-Produktionsmaschinen unterbringen) in Richtung Süden. Und wenn man schon radelt, dann darf auch eine Information über das „fahrradfreundliche Wohnen“ nicht fehlen. In der Goethestraße ist das möglich. Hier hat die GWG einen entsprechenden Wohnkomplex mit 45 Wohneinheiten errichtet. „Wir haben tatsächlich nur zwei Bewohner, die ein Auto haben,“ erklärte Alexander Bendzko, Geschäftsführer der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Ingolstadt GmbH.
Nach einer kleinen Pause im „Lieblingscafé“ in der Goethestraße (ein Arbeitsprojekt der Lebenshilfe Werkstätten), warfen die Stadträte – im vorbei radeln – einen Blick auf die Baustelle der Lessingschule und begaben sich schließlich zur Hundewiese hinter der Wirffelstraße, wo wertvoller Auwald auf bebautes Gebiet trifft. Donauaufwärts nahm man dann noch die umgestaltete Wohnanlage der GWG an der Gerhart Hauptmann Straße „unter die Lupe“, deren Umgestaltung von Alexander Bendzko erläutert wurde. Hier wuselte es nur so vor Kindern, die sich auf dem Spielplatz und in den verkehrsberuhigten Bereichen tummelten. „Ein Traum für Familien!“ meinte Stadtrat Karl Ettinger.
Grünflächen, Hinterhöfe, ehemalige Industriegelände, Parkanlagen – für die Stadträte und Stadträtinnen eröffnete sich durchaus ein neuer Blick auf abgeschlossene und kommende Bauprojekte. Und das aus einer anderen Perspektive. Gerne wieder, meinte denn auch Jakob Schäuble: „Das ist doch viel besser als mit dem Bus zu fahren!“ sprachs und radelte in den Sonnenuntergang….