Orange Day mit Ausstellung, Lesung und Trillerpfeifen
Die Gleichstellungsstelle lädt am Dienstag, 25. November, um 18 Uhr gemeinsam mit einem breiten Aktionsbündnis zum diesjährigen Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen ein. Unter dem Motto „Ingolstadt sagt NEIN zu Gewalt gegen Frauen“ sind alle in das Foyer des Neuen Rathauses eingeladen.
Gemeinsam soll zunächst mit orangen Trillerpfeifen und orangen Kleidungsstücken ein lautes und sichtbares Zeichen gegen Femizide, häusliche Gewalt, körperliche, sexualisierte und seelische Gewalt gegen Frauen gesetzt werden. Orange steht als Farbe hier für die internationale UN-Kampagne „Orange The World – Stopp Gewalt gegen Frauen“. Die Gleichstellungsstelle hat im Foyer des Neuen Rathauses eine Plakatausstellung und eine Lesung vorbereitet. Bürgermeisterin Petra Kleine hat sich für Grußworte angekündigt. Das breite Aktionsbündnis mit Caritas Frauenhaus, Wirbelwind, MIM/Männerinformationszentrum, Verdi, DGB, Amnesty, Familienberatungsstelle, Weißer Ring, Zonta, Telefonseelsorge, Pro Familia, Soroptimist, Integrationslotsin und das Beratungszentrum Frauen präsentiert sich und sein Engagement.

Alle Menschen sind eingeladen, kostenfrei mitzumachen und sich zu informieren.
Barbara Deimel, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, ist es wichtig, Schweigen zu brechen und auf die Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen. „Kein Opfer von Gewalt soll alleingelassen werden. Hilfe und Unterstützung soll angeboten werden. Jedes Schweigen, jedes Wegsehen schützt Täter.“
In Deutschland sind Frauen und Mädchen vor Gewalt geschützt, per Grundgesetz und über die Istanbul-Konvention rechtsbindend seit 2018. Im realen Leben sind sie jedoch von Gewalt bedroht und müssen sie leider auch erleben oder im schlimmsten Fall daran sterben. Bundesweit wurden zuletzt für 2023 etwa 180.000 Opfer häuslicher Gewalt in der Statistik des Bundeskriminalamtes (BKA) erfasst, dabei gab es 938 Tötungsversuche gegen Frauen und Mädchen (geschlechtsspezifische Tötungsversuche). Insgesamt wurden 360 Frauen und Mädchen getötet (geschlechtsspezifische Tötung, sogenannte Femizide). Es ist wichtig zu wissen, dass das BKA das sogenannte Hellfeld abbildet. Das Dunkelfeld wird von Expertinnen und Experten um ein Vielfaches höher erachtet.
Im Jahr 2024 wurden in Ingolstadt 302 weibliche Opfer häuslicher Gewalt (angezeigte Fälle, Statistik für Stadt Ingolstadt/Polizeipräsidium Oberbayern Nord) und ein versuchter Tötungsdelikt erfasst.
Die Expertengruppe GREVIO der Europäische Union hat 2022 einen Bewertungsbericht zum Umsetzungsstatus zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt abgegeben. Danach bestehen vor allem Lücken am Bewusstsein, an Finanzmitteln, an unabhängiger Forschung, an qualifiziertem Personal, an Schutzräumen, an effizienten Verfahren, an Schulungen in den betroffenen Bereichen der Legislative, Judikative, Exekutive, Wirtschafts-, Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesen sowie an belastbaren Daten.
Barbara Deimel hierzu: „Es ist für eine Demokratie beschämend, dass wir immer noch so viele Opfer zu verzeichnen haben. Jeder Einzelne von uns, im privaten wie im beruflichen Kontext, könnte hier aufmerksam sein, Verbesserungen anstreben und sich für mehr Gleichstellung einsetzen.“ Die Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen geht davon aus, dass Gleichstellungsarbeit und Gewaltschutz unmittelbar zusammenwirken. Barbara Deimel resümiert: „Wirtschaftliche Abhängigkeit und fehlende Gleichberechtigung erschweren den Frauen den Weg aus einer Gewaltbeziehung erheblich. Andersherum gedacht: Je mehr Gleichstellung, desto weniger Gewalt.“
Wo finden Betroffene Frauen und Mädchen Hilfe und Unterstützung?
Polizei 110
Im Notfall bitte immer sofort die Polizei rufen.
Hilfetelefon 116 016
Bundesweit (und bald auch europaweit) steht das Hilfetelefon den betroffenen Frauen als auch Menschen im Umfeld zur Seite. Dort kann rund um die Uhr, an allen Tagen im Jahr und in 18 Sprachen über die Sorgen, Beobachtungen oder einen Verdacht gesprochen und beraten werden. Unter der Rufnummer 116 016 und über die Online-Beratung unter www.hilfetelefon.de
stehen professionelle Beraterinnen anonym, kostenlos und barrierefrei zur Verfügung.
Frauenhaus Ingolstadt 0841 309 700
Derzeit gibt es bundesweit fast 350 Frauenhäuser, davon auch eines in Ingolstadt. Dazu kommen bundesweit rund 600 Beratungs- und Interventionsstellen. Das Ingolstädter Frauenhaus der Caritas ist eine Schutzeinrichtung für Frauen und Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind und ist unter 0841 309 700 rund um die Uhr erreichbar.
Beratungsstelle bei sexualisierter Gewalt Wirbelwind e.V. 0841 17353
Bei Wirbelwind erhalten Betroffene, Angehörige und Fachleute kostenfreie und auf Wunsch anonyme Beratung. Ebenso wird Präventionsarbeit und Unterstützung in Gruppen angeboten. Die Beratungsstelle ist auch per E-Mail erreichbar: beratungsstelle@wirbelwind-ingolstadt.de
Pro Familia Ingolstadt e.V. 0841 3792890
Pro Familie Ingolstadt berät unabhängig von Religion, Herkunft, Sexueller Orientierung oder Alter und bietet eine online Beratungsfunktion an:
https://www.profamilia.de/angebote-vor-ort/bayern/ingolstadt
MIM Fachstelle für Täterarbeit in Ingolstadt 0176 55 20 6002
Die Fachstelle für Täter*arbeit des Münchner Informationszentrums für Männer e.V. (MIM) bietet ihr Unterstützungs- und Beratungsangebot in den Räumen des Bürgerhauses in Ingolstadt an. Informationen unter https://www.maennerzentrum.de/ingolstadt/
Hintergrundinformationen:
Gewalt gegen Frauen ist nicht abhängig von der Bildung, von der Staatsangehörigkeit oder vom Selbstbewusstsein der Frau. Am häufigsten erleben Frauen Gewalt im familiären Umfeld oder im sozialen Nahbereich. Die Weltgesundheitsorganisation WHO bezeichnet Gewalt gegen Frauen als eines der größten Gesundheitsrisiken von Frauen. Gewalt verletzt die Menschenwürde und hat für die Betroffenen und deren Angehörige weit reichende, oft jahrzehntelange Folgen für deren körperliche und psychische Gesundheit. Die Folgekosten von Gewalt an Frauen ermittelte eine Kostenstudie (tredition 2017) mit 3,8 Mrd. € jährlich.
Die Europäische Union und 45 Mitgliedsstaaten haben die sogenannte Istanbul-Konvention unterzeichnet. Deutschland hat sie ebenfalls ratifiziert, so dass sie seit 2018 rechtsverbindlich ist. Die Konvention, die in Istanbul 2011 unterzeichnet wurde, ist ein Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Ziel des Pakts ist es, den Schutz von Mädchen und Frauen vor sexuellen Übergriffen und vor körperlicher und psychischer Gewalt in Europa zu verbessern. Weiter soll das Abkommen einen Beitrag dazu leisten, die Diskriminierung von Frauen zu beseitigen und die wirkliche Gleichstellung von Männern und Frauen zu gewährleisten.
In Ausnahmefällen töten auch Frauen bzw. Mädchen ihren Partner oder ihre Partnerin aus einer geschlechtsspezifischen Motivation heraus. Diese Gruppe sticht jedoch statistisch nicht repräsentativ heraus und erhält am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen keine Bedeutung.
Pressestelle/Stadt Ingolstadt
Foto: Hartmann
