Jazz als Ausdruck der Individualität
Der junge Trompeter ist überall dort anzutreffen, wo in Ingolstadt gute Jazzmusik gespielt wird. Doch wer ist eigentlich Josef Finger, den die meisten als Joey kennen?
Geboren in Chile, wuchs er in Manching auf. Dort ging er auch zur Schule. Schon als Jugendlicher zog es ihn häufig nach Ingolstadt – vor allem in die „Fronte“ oder ins „Orakel“. Seine Eltern legten großen Wert auf musikalische Bildung, sodass er zunächst mit Orff-Instrumenten und Blockflöte begann. Der anschließende Klavierunterricht begeisterte ihn jedoch wenig. Beim Tag der offenen Tür der städtischen Musikschule suchte er daher nach einem passenderen Instrument. Eigentlich interessierte ihn das Saxophon, doch angesichts der vielen Tasten entschied er sich für die Trompete.
Auf dem Weg zu seinem Traum
In der Realschule hatte er das Glück, auf einen engagierten Musiklehrer zu treffen, der seine Begeisterung für Jazz weckte. Nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr im Klinikum stellte sich die Frage nach seiner beruflichen Zukunft. Angesichts seiner Leidenschaft für Musik lag es nahe, ein Musikstudium aufzunehmen. Von seinem ursprünglichen Wunsch klassische Musik zu studieren, war er da bereits abgerückt, da er sich in diesem Bereich zu sehr eingeengt fühlte. Im Jazz hingegen wird eine eigene „Handschrift“ erwartet und sie bietet dafür auch den entsprechenden Freiraum.
Allerdings fehlte ihm das theoretische Wissen. Um sich auf die Aufnahmeprüfung an einer Musikhochschule vorzubereiten, entschied er sich für eine Zwischenstation: die Berufsfachschule für Musik. Diese besondere Schulform existiert nur in Bayern. Nach einer dreijährigen Ausbildung erhält man dort den Titel „staatlich anerkannter Laienmusiker“. Ziel dieser Schulen, die stets in ländlicher Umgebung angesiedelt sind, ist es, traditionelles Musikgut zu bewahren. Für Joey war die Berufsfachschule ein ideales Sprungbrett.
Er hätte die Möglichkeit gehabt sich verschiedene Schulen und Lehrer anzusehen, doch er entschied pragmatisch: In Plattling traf er einen Lehrer aus dem tiefsten Niederbayern, den er sympathisch fand und eigentlich kamen sie gut zurecht – auch wenn er wegen seines „krassen“ Dialekts „kein Wort verstand“. Doch er brauchte ja diese Berufsfachschule lediglich als Übergang und so arrangierten sich die beiden. Nach einem Jahr war er so weit und bestand die Aufnahmeprüfung am Institut für Musik der Hochschule Osnabrück. Damit erfüllte er sich gleich zwei Wünsche: Bayern zu verlassen und Musik zu studieren.
Osnabrück, eine mittelgroße Studentenstadt, war ideal für ihn. Neben intensivem Lernen genoss er das Studentenleben und schloss sein Studium mit dem Bachelor erfolgreich ab. Danach war ihm klar: Das Leben in der geschützten „Musikblase“ ist vorbei – jetzt beginnt der Ernst des Berufslebens. Wie bei vielen Künstlern war der Einstieg nicht leicht. Man kann nicht einfach zum Arbeitsamt gehen, sondern muss seinen Weg selbst gestalten.
Der Jazzförderpreisträger als  Netzwerker 
Joey kehrte nach Ingolstadt zurück. Auch wenn er manches aus seiner Studienzeit vermisst, schätzt er seine Heimat: Hier lebt seine Familie, hier sind seine Freunde. Und obwohl Ingolstadt keine Jazzmetropole ist, hat er sich Schritt für Schritt eine stabile musikalische Existenz mit vielen Facetten aufgebaut. 2011 gewann er sogar den Jazzförderpreis der Stadt Ingolstadt.
Eine seiner Ideen war es, Musikerinnen und Musiker aus der Region zusammenzubringen. So gründete er mehrere Formationen, darunter die „Joey Finger Group“ und „Joey Finger & Friends“. Mit diesen gestaltet er regelmäßig das musikalische Rahmenprogramm bei verschiedensten Veranstaltungen in Ingolstadt und außerhalb.
Im Jahr 2015 rief er das SchutterNEUN Jazzorchester ins Leben – eine Bigband aus Profimusikern und ambitionierten Amateuren, von denen einige selbst Jazzförderpreisträger der Stadt sind. Heute ist das Ensemble im Zusammenspiel mit dem Kammerphilharmonieorchester Ingolstadt ein fester Bestandteil der Ingolstädter Jazztage. Daneben gibt er Musikunterricht und arbeitet halbtags als Projektleiter im Kulturamt.
Gerne würde der vielseitige Trompeter einmal eine eigene CD aufnehmen – bislang fehlt ihm wegen der zahlreichen Projekte schlicht die Zeit. Abseits der Bühne wirkt der zweifache Familienvater ruhig und ausgeglichen – ein Mensch, der seinen Platz gefunden hat. (HaGa)
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