FW: Klares Nein zu den Kammerspielen
Von den Freien Wählern kommt ein entschiedenes Nein zu den geplanten Kammerspielen. Dazu teilen die Freien Wähler mit:
Die Stadtratsfraktion argumentiert, dass vor dem Hintergrund der sich massiv veränderten Rahmenbedingungen die Investitionen in Millionenhöhe und die damit verbundenen hohen Folgekosten nicht mehr zu verantworten sind. Diese Entscheidung, die sich die Fraktion nicht leicht gemacht hat, ist keine Geringschätzung des Kulturlebens in Ingolstadt und erst recht keine Geringschätzung der Schauspieler, Theatermitarbeiter und aller Kulturschaffenden in Ingolstadt.
Die jährlichen städtischen Zuschüsse in Millionenhöhe fürs Kulturleben beweisen, welch hohen Stellenwert die Kultur in Ingolstadt besitzt. Vor allem der Theaterbetrieb war schon bisher höchst defizitär. Nur zehn Prozent der laufenden Kosten konnten durch Einnahmen gedeckt werden. Angesichts massiv einbrechender Steuereinnahmen aber so zu tun, als wäre alles wie vor der Corona-Krise, das wäre aus Sicht der FW-Fraktion leichtsinnig und verantwortungslos.
Die Kammerspiele wurden in einer Zeit geplant, als die Stadt Geld im Überfluss zu haben schien. Das war einmal. Jetzt gilt es, eindeutige Prioritäten zu setzen, und die müssen lauten: Kindertagesstätten, Klinikum, Gesundheitsfürsorge, soziale Aufgaben und Schulen. Gerade bei den Schulen und deren digitaler Ausstattung hat die Stadt noch viel zu leisten, wie die vergangenen Monate gezeigt haben.
Die Freien Wähler weisen auch darauf hin, dass die Kammerspiele in weiten Teilen der Bevölkerung wenig Unterstützung finden. Die Forsa-Umfrage vor den Kommunalwahlen hat gezeigt, dass das Meinungsbild gespalten ist.
Die Corona-Krise dürfte die ablehnende Haltung vieler Bürgerinnen und Bürger noch verstärkt haben.
An der Dringlichkeit, das Stadttheater zu sanieren, zweifeln aber auch die Freien Wähler nicht. Im Gegenteil, die Sanierung genießt oberste Priorität.
Aus Sicht der FW-Fraktion besteht aber keine zwingende Notwendigkeit für einen Ersatzbau oder eine zusätzliche neue Spielstätte. Mögliche Alternativen wurden in der Vergangenheit nicht gründlich genug geprüft oder von vornherein ausgeschlossen. Als mögliche Spielstätten kommen u.a. das künftige Kongresszentrum, der Turm Baur, die Eventhalle, die Hallen B und 9, andere öffentliche Gebäude und kleinere Bühnen im Stadtgebiet in Frage. Dort ggf. etwas in Infrastruktur zu investieren hätte für alle Nutzer einen Mehrwert.
Fürs Theaterpublikum könnten auch Fahrten zu benachbarten Bühnen angeboten werden. Der Intendant des Gärtnerplatztheaters in München, das auch saniert werden musste, hat gesagt. „Theaterspielen kann man überall.“ Vielleicht denkt der Ingolstädter Theaterintendant mal darüber nach, daß er es kann hat er schon bewiesen.
Die FW-Fraktion fordert deshalb, schnellstmöglich Alternativen zu entwickeln, die sich am absolut notwendigen Bedarf orientieren und nicht daran, was wünschenswert oder optimal wäre. Dazu gehört auch die Überlegung, dass Werkstätten und Lagerflächen losgelöst von den Kammerspielen umgehend geplant und realisiert werden sollen.
Schließlich geht die FW-Fraktion auch auf die Themen Tiefgarage und Stadtgestaltung ein. „Ob die Kammerspiele am geplanten Standort die Innenstadt näher an die Donau bringen oder von der Donau zusätzlich abriegeln, das mag im Auge des Betrachters liegen,“ sagt Fraktionsvorsitzender Hans Stachel und ergänzt, dass auch die Grünfläche verloren ginge. Die FW-Fraktion hält den Standort jedenfalls für falsch, nicht zuletzt wegen des Verlusts von ca. 100 innenstadtrelevanten Tiefgaragenplätzen.
Der IFG würden dadurch jährlich rund 250 000 Euro an Einnahmen verloren gehen, auf der anderen Seite würde das Theaterdefizit (laut Planung) wegen zusätzlicher Mietkosten um 350 000 Euro jährlich steigen. Außerdem wäre ein adäquater Ersatz für die
Tiefgaragenplätze sehr teuer oder überhaupt nicht machbar. Hinzukommen die großen Risiken auf der Kostenseite und bei der bautechnischen Realisierung (Tiefgarage).
Aus Sicht der FW-Stadtratsfraktion sprechen so viele Gründe gegen den Bau der Kammerspiele am geplanten Standort, dass das Vorhaben so nicht realisiert werden kann. Hans Stachel: „Nach Abwägung aller Gesichtspunkte wird die FW-Fraktion geschlossen gegen die Weiterführung des Projekts Kammerspiele stimmen.“
Hans Stachel
Fraktionsvorsitzender Stadtratsfraktion FREIE WÄHLER
Foto: Archiv/Entwurf Kammerspiele/Blauraum Architekten