Sieht die Staatsregierung die Notlage in Ingolstadt nicht?

Stadträte Dr. Böhm und Witty schreiben erneut an Gesundheitsministerin Gerlach und OB Kern

Nachdem die Stadträte Witty und Dr. Böhm (SPD) eine Antwort vonseiten des Bayerischen Gesundheitsministeriums erhielten, sehen sie sich gezwungen, erneut an Staatsministerin Gerlach (CSU) zu schreiben. „Zum einen ist das Gesundheitsministerium nicht auf unsere Anliegen eingegangen, zum anderen redet sich die Staatsregierung die Situation der Ingolstädter Krankenhauslandschaft schön“, fasst Anton Böhm zusammen. Das Gesundheitsministerium stellte beispielsweise fest, dass die medizinische Versorgung im Stadtgebiet Ingolstadt nicht zu beanstanden sei. „Ob das Patientinnen und Patienten, die in der Notaufnahme des Ingolstädter Klinikums teilweise stundenlange Wartezeiten auf sich nehmen müssen, und Beschäftigte, die z.T. bereits jetzt an ihre Leistungsgrenzen stoßen, genauso sehen, bezweifle ich“, erklärt Quirin Witty.

Die Stadträte führen aus, dass im Ingolstädter Klinikum aktuell ca. 75.000 Notfallpatienten jährlich versorgt werden. Bereits jetzt stößt das Krankenhaus offensichtlich an Grenzen, da sich die Klinik alleine im Juli 2025 gezwungen sah, sich 42 Mal bei der Integrierten Leitstelle „abzumelden“. Gleichzeitig betreut die Klinik Dr. Maul jährlich ca. 15.000 Notfälle. 

Fest steht auch, dass nahezu alle in einer Notaufnahme betreuten Notfälle für das Krankenhaus defizitär sind. Sollte die Notaufnahme der Klinik Dr. Maul im Zuge des Insolvenzverfahrens konsolidiert werden, müsste das Ingolstädter Klinikum aller Wahrscheinlichkeit nach diese zusätzlichen 15.000 Notfälle auffangen, was ad hoc einen Anstieg der Zahl der Notfälle um 20% bedeuten würde; mit stark steigender Tendenz, da kleinere Häuser im Ingolstädter Umkreis wie z.B. die Klinik Kösching ebenfalls unter Druck stehen. Die Leitung der Klinik Kösching hat angekündigt, die Notaufnahme und stationäre Versorgung so zu reduzieren, dass zumindest die 24 h-Notfallversorgung in dieser Form nicht mehr möglich sein wird.

Wie dies kurzfristig nicht nur personell und räumlich – evtl. notgedrungen in Containerbauweise, sondern auch finanziell durch das Ingolstädter Klinikum darstellbar ist, wird der Ingolstädter Stadtrat in den nächsten Monaten dringlich diskutieren müssen. „Keineswegs nachvollziehbar ist für uns, dass das Gesundheitsministerium als Krankenhausplanungsbehörde diese Entwicklungen, die eine immer größere Last für Ingolstadt darstellen, in der ausgeführten Form hinnimmt“, so Quirin Witty.

Ingolstadt ist nicht mehr die mittelgroße Stadt aus den 80er-Jahren, als der aktuelle Klinikumsbau für mehrere 10.000 Ingolstädterinnen und Ingolstädter eröffnet wurde. „Mittlerweile hat Ingolstadt über 140.000 Einwohner und soll zusätzlich Verantwortung für umliegende Landkreise übernehmen, die z.T. Kapazitäten reduzieren, was wiederum vonseiten der Staatsregierung offensichtlich ohne Rücksicht auf die Auswirkungen hingenommen wird“, so Dr. Böhm. 

Die Stadträte Dr. Böhm und Witty verweisen erneut auf ihr Hauptanliegen: Die klinische Versorgung von Stadt und Region Ingolstadt muss hinsichtlich Leistungsumfang und Resilienz mit ähnlich einwohnerstarken bayerischen Großstädten insbesondere in Franken verglichen werden. Dabei ist auch die (finanzielle) Unterstützung, bzw. Trägerschaft durch den Freistaat (Uni-, bzw. Hochschulkliniken) zu hinterfragen. Immerhin ist der Freistaat Bayern gemäß Art. 22 des Bayerischen Krankenhausgesetzes für die Krankenhausförderung zuständig. Da das Gesundheitsministerium auf diesen zentralen Aspekt nicht eingeht, folgern Anton Böhm und Quirin Witty, dass der Staatsregierung diese Diskrepanz und damit die deutliche Benachteiligung der Region Ingolstadt mit ihren ca. 500.000 Einwohnern bewusst ist, jedoch keinen Anlass für eine landespolitische Initiative und Korrektur sieht. „Das bedauern nicht nur wir, sondern gewiss auch unzählige Ingolstädterinnen und Ingolstädter“, so Quirin Witty und Anton Böhm. „Wir hoffen aber immer noch auf ein Umdenken der Staatsregierung.“

Dass die Bayerische Staatsregierung durchaus in der Lage ist, deutliche Unterstützung zu leisten, beweist das Beispiel der Uniklinik Augsburg, die vor wenigen Jahren von der Trägerschaft der Kommune in die des Freistaats übergegangen ist.


Pressestelle/SPD Stadtratsfraktion