Es ist in Ordnung, wie du trauerst

Sterbebegleitung bei Kindern

Eines der schlimmsten Dinge, die einem passieren können, ist es, am Grab des eigenen Kindes zu stehen. Wenn der Tod jedoch nicht plötzlich eintritt, sondern sich über einen oft langen Weg aus Krankheit, Hoffnung und Verzweiflung ankündigt, braucht es viel Kraft, Liebe und häufig auch Unterstützung. Zum Glück gibt es in solchen Fällen Angebote wie das von ELISA, die den Betroffenen eine professionelle und zugleich niedrigschwellige Begleitung in dieser schweren Zeit ermöglichen.

Ziel ist es, den Familien nicht nur empathisch, sondern auch fachlich fundiert zur Seite zu stehen und ihnen den Rücken freizuhalten. Sei es bei sozialrechtlichen Fragen, Behördengängen oder Anträgen: Wie läuft es mit der Elternzeit? Welche Hilfsmittel können den Alltag erleichtern? Darüber hinaus bieten die Fachkräfte Raum zum Reden und zur Auseinandersetzung mit den vielen Fragen, die das erkrankte Kind und jedes einzelne Familienmitglied betreffen: Was brauchen die Geschwisterkinder? Was braucht jeder Einzelne, um diese belastende Lebensphase mit einem Kind, dessen Lebenszeit begrenzt ist, zu überstehen, ohne daran zu zerbrechen?

Dieser schwierige Weg kann nur wenige Wochen, manchmal aber auch Jahre dauern. Ziel der Begleitung ist es, die gesamte Familie im Blick zu behalten, sie zu stabilisieren – sich dabei jedoch so entbehrlich zu machen, dass sich die Fachkräfte zeitweise aus dem Familienleben zurückziehen können. Es ist wichtig, dass die Familie auch für sich selbst da sein kann. Wenn die Unterstützung wieder gebraucht wird, beispielsweise weil sich der Gesundheitszustand des Kindes verschlechtert, steht das Team erneut zur Verfügung. So kann sich die Begleitung über Jahre erstrecken.

Auch wenn es sich manchmal so anfühlt, als ob die Welt stillsteht, geht der Alltag weiter: Man muss Dinge erledigen oder das Geschwisterkind zur Schulaufführung begleiten. Für die Eltern ist es eine große Herausforderung, ihr krankes Kind allein zu lassen. Wenn es jedoch unvermeidbar ist, bieten ein Pflegedienst oder ein ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst stundenweise Entlastung. Manchmal braucht die Familie auch eine gemeinsame Auszeit, um Kraft zu tanken und vielleicht noch einmal schöne Erlebnisse mit dem erkrankten Kind zu teilen. Je nach Wunsch oder Bedarf kann die Familie einen ein- oder zweiwöchigen Entlastungsaufenthalt in einem Kinderhospiz verbringen. Dort sind gemeinsame Ausflüge möglich – mit dem erkrankten Kind oder auch einmal nur mit den Geschwisterkindern.

Normale Reaktion auf eine unnormale Situation

Wenn das Kind schließlich stirbt, verändert sich für die Familie alles. Es entsteht eine große Lücke – nicht nur, weil ein geliebter Mensch fehlt, sondern auch, weil die tägliche Pflege und Fürsorge plötzlich wegfallen.

Wie begleitet man Menschen durch diese Trauer?

Die Fachkräfte stellen aus ihrer langjährigen Erfahrung fest: Jeder Mensch hat eine Grundkompetenz zu trauern. Viele Betroffenen nutzen ihre eigenen Ressourcen, Freundschaften und sozialen Netzwerke. Diese Netzwerke sind entscheidend – sie bleiben, wenn die Fachkräfte sich aus der Familie zurückziehen.

Die Trauerbegleiterinnen können im Bedarfsfall dabei unterstützen, sich der eigenen Ressourcen bewusst zu werden und bieten in Trauergruppen Raum für Austausch an, was viele als hilfreich empfinden.

Viele Trauernde schätzen Erklärungen zu Fragen wie „Warum fühle ich mich so?“ oder „Werde ich verrückt?“ Hier beginnt die professionelle Begleitung, indem sie den Menschen Sicherheit gibt: Es ist in Ordnung, wie du trauerst. Die Frauen von ELISA arbeiten nach dem Grundsatz: Trauer ist die Lösung, nicht das Problem.

Mit dem Tod des geliebten Kindes entfällt nicht nur die enorme körperliche Anstrengung, sondern auch die große psychische Belastung. Darf man darüber erleichtert sein? Diese Frage taucht immer wieder auf. Es ist wichtig, den Eltern klarzumachen: Auch diese Erleichterung ist okay. Sie bedeutet nicht, dass man sein Kind nicht geliebt hat. Trauer hat viele Facetten und löst unterschiedliche Gefühle aus – dazu gehört auch Erleichterung.

Trauerbegleitung nach Chris Paul


In den professionellen Trauergruppen, die ELISA anbietet, wird nach dem Trauermodell von Chris Paul gearbeitet. Chris Paul vergleicht Trauer mit einem Kaleidoskop aus verschiedenen Facetten, die immer da sind und sich je nach Blickwinkel unterschiedlich zeigen:

  • Überleben: Wie überlebe ich? Man muss keine Erwartungen erfüllen. Es reicht, zu atmen, ein bisschen zu essen, zu trinken, zu schlafen. Mehr nicht. Das kann entlastend sein.
  • Gefühle: Selbsterklärend.
  • Wirklichkeit: Die gesamte Realität sofort zu erfassen, wäre nicht auszuhalten. Sie holt einen nach und nach ein – etwa an Weihnachten oder an Geburtstagen, wenn das geliebte Kind nicht mehr da ist.
  • Verbundenheit: Es geht nicht darum, loszulassen – was ja Verrat wäre – sondern darum, den Verstorbenen auf eine neue Art in das eigene Leben zu integrieren – an einem besonderen Ort im Herzen.
  • Einordnen: Wenn der Partner stirbt, ist man verwitwet. Doch was ist, wenn ein Kind stirbt? Es gibt keinen Begriff dafür. Ist man Elternteil eines oder zweier Kinder? Zählt das verstorbene Kind?

Ziel der Auseinandersetzungen mit diesen Themen ist es, den Menschen zu zeigen, wie viel Kraft in ihnen steckt. (HaGa)

TitelFoto: Freepic