Die Probleme der großen Vereine
Der Vorstand des TSV Ingolstadt Nord Christian De Lapuente berichtet, wie die Pandemie seinem Verein zu schaffen macht:
Als wir mit Christian De Lapuente verabredet sind, ist ihm die Sorge, um seinen Verein dem TSV Ingolstadt Nord anzusehen. Immerhin führt er einen der größten Ingolstädter Sportvereine. Gerade jetzt in Zeiten von Ausgehverbot und der Untersagung von gemeinsamer Sportausübung sind nicht nur Fitnessstudios besonders betroffen. Eben auch die Vereine, zu denen auch der TSV Ingolstadt Nord gehört, leiden unter den Folgen und Beschränkungen der Pandemie.
IN-direkt: Hallo Herr De Lapuente, zuerst einmal natürlich Glückwunsch zu ihrem Einzug in den Stadtrat. Da kann sich der TSV Ingolstadt Nord jetzt freuen, dass sein Vereinsvorsitzender nun auch im Stadtrat sitzt.
Christian De Lapuente: Danke für die Glückwünsche. Ja, es gibt auch in der Corona Krise noch Zeiten sich ein wenig zu freuen. Für meinen Verein selbst sieht das ein bisschen anders aus.
Wie ist denn die derzeitige Situation im Verein?
Nicht einfach! Es ist ja alles zu. Angefangen vom Vereinsheim, über die verschiedenen Hallensportarten, bis hin zu den Tennisplätzen. Vom Fußball usw. möchte ich gar nicht sprechen. Es ist eine extrem schwierige Situation für alle. Es gibt auch Bereiche an die man so gar nicht denkt. So etwa das Geräteturnen. Hier haben wir sehr viele Kinder und Jugendliche, die jetzt nicht trainieren können. Ein direkter Körperkontakt ist bei diesen Sportarten immer gegeben und daher streng untersagt. Es ist eine wirklich schwierige Situation für alle in unserem Verein.
Wen trifft es denn besonders hart?
Ich möchte hier niemand hervorheben, denn es trifft wirklich alle. Viele können die Verbote nicht verstehen. Zum Beispiel meine Gewichtheber. Wir haben eine eigene Abteilung im Verein und hier fragen mich schon einige Mitglieder, warum sie denn auch vom Verbot betroffen sind. Sie sind allein in der Halle und trainieren allein. Sie gefährden also keine anderen Sportler. Dadurch, dass sie allein sind und trainieren ist auch der Mindestabstand eingehalten. Hier wird oft nicht verstanden, warum alle über denselben Kamm geschert werden.
Was sollte hier ihrer Meinung nach geschehen?
Naja, sie hören ja schon bei meinen Ausführungen durch, dass meine Vereinsmitglieder solche Sachen oft nicht verstehen. Vielleicht wäre es möglich im Rahmen der Wiedereröffnung von Geschäften auch die eine oder andere Sportart wieder zuzulassen. Wie gesagt die Gewichtheber wären so ein Beispiel.
Kommen denn oft Anfragen dieser Art?
Naja, oft nicht, aber es sind schon etwa 15 bis 20 Personen, die sich immer wieder an mich wenden und fragen, wann es denn jetzt so weit ist. Dürfen wir jetzt schon rein. Das ist ein Satz, den ich immer wieder höre. Aber wir haben ja auch eine besondere Stellung in Ingolstadt. Beim TSV Ingolstadt Nord gibt es auch eine Bezirkssportanlage und da spricht natürlich die Stadt mit. Und die Nicht-Ansteckung geht eben vor. Für mich ist das auch ein zweischneidiges Schwert. Denn einerseits bin ich Politiker und jetzt auch Stadtrat und andererseits eben Vereinsvorstand. Ich kann jeden meiner Mitglieder verstehen, die einfach wieder trainieren wollen. Das ist auch Sinn und Zweck eines Vereins.
Was ist denn das derzeit allergrößte Problem?
Gott sei Dank halten sich die Austritte im Verein in Grenzen. Aber, und das ist wirklich ein Problem, haben wir natürlich keine Neuaufnahmen. Dazu kommt aber, dass es Personen gibt, die auch versterben oder wegziehen. Und so werden wir am Jahresende etwa 50 Mitglieder weniger haben. Das ist schon ein finanzielles Problem, das sich hier schön langsam auftut. Wenn es nämlich so weitergeht, wird auch die Zahl der neuen Vereinsmitglieder mit Sicherheit nicht zunehmen. Warum soll jemand in einen Verein gehen und einen Mitgliedsbeitrag zahlen, wenn er letztlich nichts davon hat, nicht trainieren und keine Wettkämpfe bestreiten kann.
Ist nicht auch das geschlossene Vereinsheim ein Problem?
Natürlich, für die Wirte-Familie ist es nicht leicht. Sie müssen am Ende jedes Monats ihre Pacht zahlen. Wir sind hier zwar ein wenig entgegengekommen, aber trotzdem sind auch das Einnahmen des Vereins. Momentan haben wir eine ganz gute Vereinbarung geschlossen denke ich. Aber irgendwann muss auch das Vereinsheim wieder laufen. Es gibt hier ja auch den sogenannten Bierpfennig, also die Zahlung der Brauerei an den Verein für jedes verkaufte Getränk. Diese Einnahmen fallen uns natürlich auch weg. Für einen Verein unserer Größe ist das eine wichtige Finanzierungsquelle.
Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der Krise, wie geht es weiter?
Eine gute und berechtigte Frage. Ehrlich gesagt ich müsste da genauso im Nebel stochern wie alle anderen. Aber ich denke auf jeden Fall, dass bis Herbst des Jahres große Veranstaltungen wegfallen. Und hier haben wir noch ein Finanzierungsproblem. Wir vermieten nämlich auch die Räume im Verein und das technische Equipment. Finden keine Großveranstaltungen statt, mietet natürlich auch niemand Räume oder Geräte. Dies sind oft runde Geburtstage, Taufen oder Beerdigungen. Aber natürlich werden auch keine Großveranstaltungen im Sport stattfinden und auch das sehe ich als großes Problem.
Wie lange halten sie da noch durch?
Ich denke schon, dass wir noch ein bisschen durchhalten können, aber irgendwann wird auch das vorbei sein und irgendwann werden auch die finanziellen Reserven aufgebraucht sein. Und wenn wir, wie gesagt, am Jahresende 50 zahlende Mitglieder weniger haben, werden wir das merken. Momentan will keiner seinen Vereinsbeitrag zurück und wir müssen auch keine Übungsleiter bezahlen, aber die Entwicklung wird natürlich von Tag zu Tag, von Woche zu Woche immer schwieriger. Aber momentan hält die große „TSV Ingolstadt Nord-Familie“ zusammen und das ist gut so.
Schwierige Zeiten für sie und ihren Verein, wir wünschen Ihnen dafür alles Gute und bedanken uns für das Gespräch.
Gerne hoffen wir für uns alle, dass die Krise bald vorbei ist. Besonders hoffe ich das für die großartigen Ehrenamtlichen, ohne die unser Verein diese Krise auch nicht so bewältigen könnte.
Der TSV Ingolstadt Nord ist nur ein Verein von vielen im Stadtgebiet. Dennoch ist er aufgrund seiner Größe aufgrund seiner Strukturen und Abteilungen ein gutes Beispiel, dass auch Vereine durch die Krise große Probleme haben können. Aber vielleicht gibt es auch hier in Zukunft Lichtblicke. Zu wünschen wäre es dem TSV Ingolstadt Nord.
Foto: Stefan Bösl/sb-presse