Die Angel Wings von Ingolstadt
Am Anfang war… eine unansehnliche Gartenmauer. Die „schrie“ geradezu nach einem Anstrich. Und so machte sich die 15-jährige Victoria Block daran, dem grauen Etwas einen frischen Look zu verleihen. Und Flügel. Und das kam so.
Ursprünglich sollte die Tochter von Hotelbesitzerin Carolin Block die triste Mauer hinter dem Hotel nur neu streichen. Aber wer aufs Gnadenthal Gymasium geht, der ist mit der Kunst vertraut und kann – zumindest in Victorias Fall – nicht anders, als einer schnöden Wand ein Kunstwerk zu verpassen. Es fing allerdings klein an: Inspiriert vom weltbekannten (und doch unbekannten) Street Art Künstler Banksy zeichnete Victoria Block zunächst eine Katze an die Ecke des Grundstücks, die dann auch noch von einer Maus mit Hackebeil „bedroht“ wird.
Dieser erste Streich machte nicht nur Spaß und verursachte auch bei Passanten und Nachbarn viele Schmunzler. Er machte auch Lust auf mehr. Und so nahm sich die junge Künstlerin einen Instragram Hot Spot zum Vorbild, an dem sich Menschen aus aller Welt fotografieren lassen: die Angel Wings in Los Angeles. Das Werk der Künstlerin Colette Miller zählt zu den meist fotografierten Motiven in L.A. Warum also keine Angel Wings in Ingolstadt?
Vier Tage Arbeit steckte Victoria in das Werk, das in diesen außergewöhnlichen Zeiten vor allem ein Zeichen der Hoffnung sein soll. „Es geht darum, trotz all der Beschränkungen, das beste aus jedem Tag zu machen.“ Passend dazu hat sie dem Projekt den Titel „Ukiyo“ gegeben, was auf Japanisch so viel wie „die fließende Welt“ bedeutet und ähnlich dem Carpe diem eine Botschaft vom „genieße die Welt im Hier und Heute“ transportiert. „Es ist toll, etwas zu erschaffen!“ freut sich die Schülerin. Dass man als junger Mensch im 21. Jahrhundert dazu gleich einen Instagramauftritt www.instagram.com/ukiyo_now/ und einen Hashtag #ukiyonow einrichtet, ist selbstverständlich. Schließlich geht es jetzt auch darum, das andere Fotos vor der Flügeln machen und posten. Das darf natürlich jeder, der möchte.
Aufmerksamkeit hat das bunte Flügel-Design jedenfalls schon erregt. Und es hat trotz Corona – oder gerade deswegen – auch dazu geführt, dass Leute aus der Umgebung laut Victoria Block immer wieder vorbei schauten und so auch ins Gespräch kamen. Vielleicht hätte man sich sonst nie kennen gelernt. Außerdem hat Kunst offenbar ansteckende Wirkung, denn auch der Rest der Familie ist auf den Geschmack gekommen. Es kann also sein, dass auch an anderen Wänden, Garagentoren oder Häuserecken neuen „Gemälde“ entstehen. Und wer weiß, vielleicht setzt sich der Trend ja im ganzen Nordosten der Stadt fort. Nachmachen erwünscht.