DGB: Niedriglohnsektor austrocknen – Stadt bei Auftragsvergaben in der Pflicht
Der DGB Stadtverband in Ingolstadt prangert den Niedriglohnsektor in der Stadt an. Mit 11,6 Prozent ist das Niedriglohnrisiko deutlich niedriger als im Durchschnitt im Freistaat, trotzdem ist die Situation für den örtlichen DGB nicht zufriedenstellend. Die Daten stammen aus dem neuen Report „Tatort Niedriglohn in Bayern“ 1, den der DGB Bayern in Zusammenarbeit mit der Forschungsabteilung Flexibilität und Sicherheit am Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) erstellt hat.
Bernhard Stiedl, Stadtverbandsvorsitzender des DGB Ingolstadt hierzu: „Niedriglöhne sind kein Randphänomen mehr. Sie sind auch im reichen Bayern Alltag für rund eine Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Als Gewerkschaften wollen wir uns mit diesem Zustand nicht arrangieren. Wir wollen es nicht hinnehmen, dass große Teile unserer Kolleginnen und Kollegen vom wachsenden Wohlstand abgekoppelt sind und mit Armutslöhnen abgespeist werden.“
Gemäß einer Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit sind alleine in Ingolstadt mehr als 8.900 Vollzeitarbeitsplätze dem Niedriglohnsektor zuzurechnen. Besonders hoch ist das Niedriglohnrisiko für Beschäftigte im Wirtschaftszweig Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit (28,3 %). Aber auch in den Wirtschaftszweigen Kaufmännische Dienstleistungen, Handel, Vertrieb, Tourismus (23 %) sowie Gesundheit, Soziales, Lehre u. Erziehung (17,2 %) erhalten viele Beschäftigte einen Lohn unterhalb der bundesweiten Niedriglohnschwelle von 11,21 Euro pro Stunde.
„8.900 Niedriglöhner in Vollzeit sind aber leider nur die Spitze des Eisbergs in Ingolstadt. Hinzu kommen noch Teilzeitkräfte und Beschäftigte in Minijobs. Alleine bei den Minijobs in Bayern sind sieben von zehn dem Niedriglohn zuzurechnen“, so Bernhard Stiedl weiter. Für den DGB Ingolstadt ist klar: Es ist dringend geboten, den im europäischen Vergleich hohen Niedriglohnsektor endlich auszutrocknen. Auch die kommunale Ebene muss ihrer Verantwortung gerecht werden. Öffentliche Aufträge müssen daher an die Tarifbindung und damit an ordentliche Löhne gekoppelt werden.
Stiedl hierzu: „Wir sehen ganz klar den Zusammenhang zwischen Tarifbindung und guten Löhnen. Während das Niedriglohnrisiko der Beschäftigten ohne Tarifbindung 2018 in Bayern bei 21,1 % lag, galt dies für nur 8,1 % der Beschäftigten mit Tarifbindung. Es muss im Interesse der öffentlichen Hand liegen, dass die Menschen von ihrer Arbeit leben können und im Alter gut versorgt sind. Auch in der Stadt Ingolstadt brauchen wir daher als Anfang eine Auftragsvergabe ohne Lohndumping.“
Darüber hinaus müssen atypische Erwerbsformen wieder in Normalarbeit transformiert und die Tarifflucht der Arbeitgeber gestoppt werden.
„Der Report ‚Tatort Niedriglohn in Bayern‘ verdeutlicht: Hier ist ein Tatort entstanden, der den betroffenen Menschen Perspektiven auf ein gutes Leben raubt. Ein Tatort, der durch niedrige Löhne, die kaum zum Leben und erst recht nicht für das Alter reichen, die Luft zum Atmen nimmt. Hier ist ein Tatort, der zur Spaltung unserer Gesellschaft beiträgt. Dies gilt es umzukehren. Wir brauchen wieder ein Mehr an Guter Arbeit“, so der Stadtverbandsvorsitzende abschließend.
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