Senkung des Bürgerhaushalts
Die von der Verwaltung vorgeschlagene Senkung des Bürgerhaushalts steht im November wieder im Fokus, nachdem dazu noch keine Entscheidung gefallen ist. Welche Lösung halten Sie für angebracht?
Mit dem sogenannten Bürgerhaushalt konnten in den letzten Jahren eine Vielzahl von Projekten umgesetzt werden, die unmittelbar den Einwohnern eines Stadtbezirks zu Gute gekommen sind. Die Mitglieder der Bezirksausschüsse (BZA) sind mit den zur Verfügung gestellten Mitteln stets verantwortungsvoll umgegangen. Ich bin überzeugt, dass sich die BZA Mitglieder auch zukünftig dieser Verantwortung bewusst sein werden.
Grundsätzlich halte ich eine Reduzierung des Bürgerhaushalts um 250.000 Euro auf 750.000 Euro für vertretbar. Zusätzlich sollte ein „Sonderhaushalt“ in Höhe von 50.000 Euro bereitgestellt werden. Dieser soll für dringende Projekte der BZA zur Verfügung stehen, die sonst aufgrund der Kürzung nicht realisiert werden könnten.
Im Sinne einer nachhaltigen Mittelverwendung schlage ich außerdem vor, die in einem Haushaltsjahr eingesparten Mittel den BZA´s im folgenden Jahr zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Sollten diese „Restmittel“ im Folgejahr ebenfalls nicht benötigt werden, würden die Mittel verfallen. Dies würde den BZA Mitgliedern auch die Möglichkeit eröffnen, für größere Projekte Mittel in einem Jahr anzusparen, um die Finanzierung im Folgejahr zu ermöglichen.
Jürgen Köhler, Vorsitzender UDI
Ist es richtig, den Bürgerhaushalt zu kürzen u. a. mit der Begründung, dass der bisherige Etat selten von den Bezirksausschüssen ausgeschöpft worden ist?
In der Sitzung des Finanz- und Personalausschusses wurde darüber bereits kontrovers diskutiert. Die CSU-Fraktion hat ihren Standpunkt klar vertreten: Keine Kürzung des Bürgerhaushalts ohne die Einbindung der Bezirksausschüsse. Die Vorsitzenden der BZA sollten in jedem Fall in die Entscheidung eingebunden werden, ob und in welcher Höhe sie sich eine Kürzung vorstellen können. Der Bürgerhaushalt ist ein Etat, der den Stadtbezirken zur freien Planung zur Verfügung steht. Selbstverständlich gibt es Richtlinien, wofür das Geld ausgegeben werden darf und jede Ausgabe wird von der Verwaltung geprüft. Wird das Budget nicht ausgeschöpft, werden die Reste in den städtischen Haushalt zurückgeführt. Die Kürzung des Bürgerhaushalts zeigt demnach kein großes Sparpotenzial, sondern erweckt lediglich den Eindruck einer scheinbar sparsamen Haushaltspolitik.
Alfred Grob, MdL, Fraktionsvorsitzender
Bürgerhaushalt senken?
Es ist in Ingolstadt leichter, einen 6- oder 7-stelligen Betrag genehmigt zu bekommen als einen 4- oder 5-stelligen für einen Stadtteil – solcherlei Klagen konnte man in vergangenen Zeiten immer wieder mal hören. Durch den Bürgerhaushalt hat sich dies geändert, ja es stand oft sogar mehr an Geld zur Verfügung als von den Bezirksausschüssen letztlich abgerufen wurde.
Seine Berechtigung hat der Bürgerhaushalt also – aber sein Volumen hinterfragen muss man in Zeiten, in denen wie Vieles auch der städtische Haushalt von Virenbefall beeinträchtigt ist. Ob es allerdings gleich zu einer angestrebten Halbierung der Mittel kommen muss? Hiermit besteht die Gefahr, dass man bei der Kürzung überzieht und ein ungutes Signal an die erst neu konstituierten Bezirksausschüsse aussendet.
Insofern erscheint der von Finanzreferent Fleckinger ins Spiel gebrachte Kompromiss mit einer Absenkung von einer Million auf 700.000 Euro für 2021 sinnvoll. Und in einem Jahr kann man ja dann als Stadtrat in sich gehen und anhand der dann vorherrschenden finanziellen Perspektive und unter Einbeziehung der Bezirksausschüsse über das Volumen für künftige Bürgerhaushalte neu nachdenken.
Franz Hofmaier, ÖDP-Kreisvorsitzender und Ex-Stadtrat
Der Bürgerhaushalt ist zweifelsohne eine wichtige Form der Bürgerbeteiligung in Ingolstadt. Mit den Mittel, die den Bezirksausschüssen zur Verfügung stehen, werden viele wichtige Projekte finanziert. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die kommunale Haushaltslage angespannt ist. Deswegen ist es richtig Seitens der Verwaltung zu prüfen, wo es Einsparungspotenziale gibt. Hier muss auch gesagt werden, dass nicht alle Mittel der Bürgerhaushalte ausgeschöpft werden. Die Gründe, wieso die Mittel nicht aufgebraucht werden, sind allerdings vielfältig. An Ideen mangelt es den Ingolstädterinnen und Ingolstädtern jedoch nicht. Sie wollen ihre Stadt aktiv mitgestalten.
Der aktuelle Entwurf der Verwaltung sieht eine Kürzung der Mittel für ein Jahr vor. Denn wie bereits so häufig erwähnt, müssen wir „auf Sicht“ planen. So könnte dieses Jahr genutzt werden, um in einem gemeinsamen Prozess mit den Bezirksausschussmitgliedern das Konzept des Bürgerhaushaltes grundsätzlich zu überarbeiten. Eine starke Stadtgesellschaft lebt von einem offenen Dialog mit ihren Bürgern*Innen. Daher ist es besonders wichtig die Mitglieder der BZAs mit in die Planung einzubinden.
Christian De Lapuente, Fraktionsvorsitzender
Gegen Reduzierung des Bürgerhaushalts
Die von der Stadtverwaltung ins Auge gefasste Reduzierung des Bürgerhaushalts, der den Bezirksausschüssen zur Verfügung steht, um pauschal 50 Prozent, lehnen wir ab. Wir finden, das wäre kein gutes Signal an die Bezirksausschüsse, deren Mitglieder sich ehrenamtlich engagieren und gute Arbeit für ihre Ortsteile leisten. Die angedachte Senkung von einer Million Euro auf 500 000 Euro jährlich bringt dem städtischen Haushalt nur wenig Entlastung, bestraft aber gleichzeitig die Bezirksausschüsse, die in der Vergangenheit mit dem zur Verfügung gestellten Geld sparsam und verantwortungsbewusst umgegangen sind. Außerdem fängt der Bürgerhaushalt manche Ausgaben ab, die sonst direkt aus dem städtischen Etat bezahlt werden müssten. Mit der geplanten Senkung würden also die Bezirksausschüsse geradezu bestraft, und es würde ihnen der Spielraum für größere Projekte genommen. Die FW-Fraktion stellt dazu fest, dass diejenigen, die beim Bürgerhaushalt so kräftig sparen wollen, erst einmal andere Ausgabenposten durchforsten sollten, zum Beispiel den Stellenplan. Dort nämlich ist vom Sparen überhaupt keine Rede, dort soll vielmehr kräftig aufgestockt werden., was wir wiederum ablehnen.
Hans Stachel, Fraktionsvorsitzender
Bürgerhaushalt wichtig, aber bitte realistisch
In den laufenden Haushaltsberatungen wird derzeit – beschlossen ist noch nichts – die Kürzung des Budgets für die Bürgerhaushalte der Bezirksausschüsse in Ingolstadt von 1 Mio. EUR auf 500.000 EUR, so die Vorlage der Verwaltung, diskutiert. Hintergrund ist einerseits die angespannte Haushaltslage der Stadt und andererseits die reale Ausschöpfung des Bürgerhaushaltstopfes in den vergangenen Jahren, die über alle Bezirksausschüsse im Schnitt immer nur die Hälfte betrug. Das ist realistisch und rechnerisch nachvollziehbar. Die GRÜNEN sehen die Arbeit der Bezirksausschüsse vor Ort in den Stadtteilen als wichtiges Element der Beteiligung unserer Mitbürger*innen an und wollen diesen auch in einer angespannten Finanzsituation einen Handlungsspielraum erhalten. Gleichzeitig müssen sich die Bezirksausschüsse aber auch an der Konsolidierung des Gesamthaushaltes beteiligen. Wir haben daher den Kompromissvorschlag eingebracht, dass das Budget 2021 nur auf den Betrag von 750.000 EUR reduziert werden soll. Entschieden ist, wie gesagt, noch nichts, denn das Thema wurde zur weiteren Beratung in die Fraktionen und Gruppen zurückgenommen. Die Position der GRÜNEN bleibt: Kürzung ja, aber bitte nur auf 750.000 EUR.
Christian Höbusch, Fraktionsvorsitzender