Scharpf: Mit mir keine Deals über Posten
Der künftige Oberbürgermeister der Stadt Ingolstadt, Christian Scharpf, hatte vor der Wahl deutlich gemacht, dass es mit ihm kein „Postengeschachere“ und auch keine Rathauskoalition geben werde. Und das setzt er jetzt auch konsequent um. Anscheinend zum Unmut derer, die sich nach der Wahl in einem bestimmten Posten wähnten oder gar auf „Rache“ gegenüber dem politischen Mitbewerber sinnen. Christian Scharpf findet in einem Schreiben an die Vertreter von Grünen, CSU, FW, FDP, ÖDP, JU, UDI, BGI und Linkspartei, mit denen er vergangene Woche Gespräche geführt hatte, deutliche Worte.
Er habe auf das Interview mit dem DK (https://www.donaukurier.de/lokales/ingolstadt/Zusammenarbeit-steht-an-erster-Stelle;art599,4542621) und seine Ergänzung (https://www.in-direkt.de/beitrag/1291/Scharpf:_Stadtrat_ist_kein_Bundestag/) überwältigend positive Reaktionen erhalten, aber „weniger aus den Reihen aktiver Kommunalpolitiker, sondern vielmehr von ganz normalen Bürgern, die mich angeschrieben oder darauf direkt angesprochen oder sich auf Facebook geäußert haben.“
Dazu würde er mit „Ratschlägen“ eingedeckt, die so bunt seien wie der neue Stadtrat. Christian Scharpf schreibt dazu: „Fast alle beziehen sich auf „Posten“ und „Machtoptionen“. Die einen sagen: "Bloß nicht ein 2. Bürgermeister von der CSU“. Andere sagen: "Bilde einen bürgerlichen Block aus SPD, CSU, FW“. Wieder andere sagen: „Das ehemalige Stichwahlbündnis sollte der neue Machtblock sein“. Am besten hat es ein ehemaliger Stadtrat auf den Punkt gebracht: Bei einem Stadtrat mit 11 Parteien sei ich der „Direktor eines Flohzirkus“. Angesichts der Kakophonie an völlig diametralen Vorschlägen kommt eine Woche nach der Stichwahl wenig „Freude“ auf, aber ich nehme die Herausforderung an. Außer den Ratschlägen, die darauf hinauslaufen, im neuen Stadtrat wieder neue Lager und Fronten aufzubauen, habe ich in der jetzigen Situation bislang leider keinen einzigen brauchbaren und realistischen Vorschlag erhalten. Ich werde deshalb weiter meinen eigenen Weg weiter gehen.“
Er betont dazu noch einmal, dass der Zweite und Dritte Bürgermeister vom Stadtrat gewählt werden: „Die SPD hat zusammen mit mir als OB 10 von 51 Stimmen im Stadtrat. Wir sind also weit davon entfernt, in diesem bunten Stadtrat aus eigener Machtfülle irgendwelche Posten vergeben oder versprechen zu können.“
Einzig die Grünen als drittstärkste Kraft und im Hinblick auf die starke Unterstützung bei der Stichwahl sollten nach Meinung Scharpfs in der Stadtspitze vertreten sein. Alle anderen „Posten“ sind offen: „Anfragen über Abmachungen für irgendwelche Postenbesetzungen zum jetzigen Zeitpunkt sind bei mir zwecklos. Ich werde niemanden irgend einen Posten zusagen.“
Sicher scheint auch die Ablösung des Personalreferenten Christian Siebendritt (CSU) zu sein, wenn sich dafür eine Stadtratsmehrheit findet. Ein leitender Beamter aus dem Ingolstädter Rathaus ohne Parteibuch wäre für Scharpf die Idealbesetzung auf diesen Posten, denn es käme nicht auf das Parteibuch, sondern die Kompetenz an.
Der politische Neuanfang sei bereits geschafft, so Scharpf. Nach 48 Jahren gibt es einen Wechsel auf dem OB-Sessel. „Die CSU ist abgewählt und hat keine eigene „Machtoption“, wenn man unbedingt in diesen alten und überholten Kategorien denken möchte. Die CSU stellt zwar noch die größte Fraktion mit 13 Sitzen, aber sie ist nicht mehr in der Lage, anderen ihren Willen aufzuzwingen wie sie es ein halbes Jahrhundert lang getan hat.“
Der Stadtrat müsse sich jetzt „auf Gedeih und Verderb zusammen raufen und mit wechselnden Mehrheiten die besten Entscheidungen für Ingolstadt treffen. Nur darum geht es: Um die Menschen in unserer Stadt und nicht um politische Machtspiele.“ Das Beruhigende am Wahlergebnis sei, dass keine Partei den anderen mehr ihren Willen aufzwingen könne. Der politische Neuanfang sei bereits Realität.
Abschließend erklärt der künftige Oberbürgermeister: „Ich verstehe die immense Frustration bei vielen aus dem ehemaligen Oppositionslager. Es bringt die Stadt aber nicht weiter, wenn jetzt damit angefangen wird, alte Rechnungen zu begleichen. Ich bitte alle Parteien eindringlich: Schauen wir jetzt nach vorne, schütten wir alte Gräben zu und raufen wir uns zusammen zum Wohle unserer Stadt. „Der OB für ALLE“ war nicht bloß ein Wahlkampfslogan; es ist mir ernst. Ich bitte Sie und Euch dafür um Unterstützung in den kommenden Jahren. Machen wir das Beste daraus für die Menschen in unserer Stadt.“
Im Lauf der Woche werden weitere Gespräche mit den Vertretern der Parteien geführt, damit Christian Scharpf sich auch ein intensiveres Bild davon machen könne, wer „wie tickt“. Am 4. Mai findet die konstituierende Sitzung des neu gewählten Stadtrats statt.