Falsches Demokratieverständnis und unerklärliche Euphorie
Zum Interview mit dem Geschäftsführer der INKoBau GmbH & Co. KG, Nicolai Fall, und den Architekten der blauraum Architekten GmbH, nehmen der Fraktionsvorsitzende der UWG-Fraktion, Christian Lange und Altbürgermeister und UWG-Stadtrat, Sepp Mißlbeck Stellung.
Christian Lange: „Ein sehr seltsames Demokratieverständnis zeigen INKoBau-Geschäftsführer Nicolai Fall und der Geschäftsführer der Blauraum Architekten GmbH: Sie werfen uns vor, dass wir keine Expertise haben. Unsere Argumente tuen sie als unzeitgemäß und laienhaft ab.
Richtig ist: Wir sind keine Ingenieure und keine Architekten und deswegen fragen wir die Ingenieure, die die Tiefgaragen seinerzeit errichtet haben. Fall und die Architekten von Blauraum setzen sich mit unseren Fragen und den Anträgen überhaupt nicht auseinander. Stattdessen üben sie sich in einer inakzeptablen Pauschalkritik an Politikern.
Von Anfang an war ich ein Anhänger des Entwurfs von Blauraum. Aber wer so arrogant und überheblich mit den Argumenten von Stadträten umgeht, wird von mir keine weitere Unterstützung im Stadtrat bekommen. Uns mit besserwisserischen Fußballfans zu vergleichen disqualifiziert einen Architekten aus meiner Sicht.
Wir werden auf jeden Fall dafür sorgen, dass die Architekten und Planer in die Haftung genommen werden: Jeder Euro, den die Kammerspiele mehr als 35 Mio. Euro kosten, werden die Architekten von Blauraum der Stadt als Schadensersatz ersetzen müssen.“
Sepp Mißlbeck: „Der große Artikel im Donaukurier in dieser Woche dokumentiert sehr euphorisch die Überzeugung und das Selbstbewusstsein der Architekten für ihre Kammerspiele. Das Team stellt jedoch die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf den festgelegten Standort und ihre Zweifel am genannten Budget als Meinung von Nichtfachleuten und politisch Andersdenkenden dar.
Ich war von Anfang an gegen diesen Standort an der Tränktorkaserne, nachdem mich alle befreundeten Architekten und Ingenieure auf die großen Risiken dieses Standorts hingewiesen haben. Im Stadtrat stand ich noch vor zwei Jahren allein mit meiner Ablehnung da. Das Abstimmungsergebnis von 1:49 Stimmen machte mich nachdenklich. Auch die FW-Fraktion stimmte damals gegen mich, heute stellen sie sich gerne als einzige Gegner der Kammerspiele an diesem Standort dar.
Wenn uns ein Architekt mit höchster Praxiserfahrung wie Dietmar Knebel, der damals verantwortlicher Projektleiter für die Tiefgarage-Theaterplatz-West war (1976), vor erheblichen Risiken warnt, ist es unsere Pflicht, diese Risiken im Stadtrat zu thematisieren. Dietmar Knebel war nach dieser Tätigkeit für ein Ingolstädter Bauunternehmen auch als Bauleiter bei Audi verantwortlich für Großbauten.
Ihm vertrauen wir aufgrund seiner Erfahrung und er warnt uns davor, dass diese Planung technisch überhaupt nicht oder zumindest nur mit erheblichem Kostenaufwand umsetzbar ist und belegt die Risiken mit einer Schnittzeichnung der Tiefgarage.
Wir legen nach so einem nicht überzeugenden Interview erst Recht Wert auf ein neutrales Urteil und werden darauf bestehen, dass unser Antrag auf ein Gutachten eines Bausachverständigen, in diesem Fall der unabhängigen LGA Bautechnik GmbH, umgesetzt wird.
Die Stimmung in der Stadt ist so, dass viele Bürgerinnern und Bürger einen anderen Standort für die Kammerspiele wollen. Auch die SPD-Fraktion, also die Fraktion unseres Oberbürgermeisters, ist offensichtlich für andere Standorte offen.
Unabhängig von meiner Präferenz für den Entwurf des Architekten Peter Bachschuster, der einen wirklich spektakulären Entwurf in diese Diskussion eingebracht hat, sei auch an die Pläne für die Kammerspiele im Klenzepark erinnert. Diese Pläne schlummern in irgendeiner Schublade des Alt-Oberbürgermeisters Lösel und warten auch darauf, wieder ausgegraben zu werden.
Der Wille der Bürger die Donau in die Innenstadt zu integrieren ist am Standort Klenzepark gewährleistet und bietet ein besonders Ambiente für die Kammerspiele.
Es besteht aus meiner Sicht die Gefahr, dass nicht nur der Standort, sondern auch das Projekt Kammerspiele insgesamt zerredet wird.“
Bild: Archiv/Kammerspiele Modell