Kuscheliger Protest gegen eine Kettensägenbebauung
Nanu? Eine kunterbunte Kunstaktion? Eine Einladung zum Baumkuscheln? Ja. Und nein. Die bunt bestrickten Bäume im Park zwischen Schutterstraße, Schloßlände und Tränktorstraße sind ein Statement. Die Freien Wähler Ingolstadts möchten damit ein sichtbares Zeichen setzen: Dieser Naturraum sollte erhalten bleiben und nicht für den Bau der Kammerspiele geopfert werden. „An anderer Stelle diskutieren wir über jeden Ast, wenn es zum Beispiel um eine Discgolfanlage geht,“ erklärt Hans Stachel, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, „und hier machen wir eine Kettensägenbebauung.“ Für ihn und seine Parteifreunde ist dieser Standort nicht der richtige, um dort die Kammerspiele zu platzieren. Und es sei überhaupt fraglich, ob man sie brauche. Viel dringlicher sei die Sanierung des Stadttheaters: „Die Mitarbeiter und Besucher verdienen ein ordentliches Theater, das einer Stadt wie Ingolstadt gerecht wird.“ Planungssicherheit für den Festsaal, alternative Spielstätten für das Stadttheater während der Sanierung („So kreativ wie Knut Weber ist, kann er das“) und ein Gesamtkonzept für Bühne, Festsaal und Restaurant – das wäre dringlicher als der Bau der Kammerspiele.
Die Idee zur „Baum-Bestrickung“ hatte FW Stadtrat Klaus Böttcher, nachdem er einen Fernsehbericht über die Anti-WAA Aktivistin Irmgard Gietl gesehen hatte. Er nahm sogar mit der inzwischen 91-Jährigen Kontakt auf, um sich zum Beispiel über die Lebensdauer von Strickkunstwerken im Freien zu informieren. Klaus Böttcher fungierte dazu als Logistiker, der die Wolle (gesponsert von Peter Gründl) an die jeweilige Frau brachte (Männer haben nicht mit gestrickt). „Es gab in Ingolstadt Bedenken, ob das den Bäumen schaden könnte,“ erklärt Klaus Böttcher. Das selbe bekamen auch die Aktivisten in Wackersdorf zu hören – aber dort bleib der „Strick-Mantel“ drei Jahren an den Bäumen. Ob er in Ingolstadt so lange hält, ist zu bezweifeln, denn eines Tages könnten ja die Bagger anrücken. Das möchten die Freien Wähler freilich friedlich verhindern und so griffen ca. 30 Personen zur Stricknadel („nicht nur FWler und sogar Theaterliebhaber“), um 12 Bäume im Park neu einzukleiden. Seit Juli wurde gearbeitet – alles streng geheim – bis die bunten Baumbekleidungen nun platziert wurden. Den Passanten hats sichtlich gefallen: „Spontan hat auch schon jemand seine Unterstützung beim Stricken zugesagt,“ freute sich Hans Stachel. Mitstricker dürfen sich gerne bei den Freien Wählern melden.