GWG Projekte: Vom Spatzen freundlichen Hochhaus bis zur Kunst im Treppenaufgang
Es mag vielleicht so ausgesehen haben, als hätte sich da ein munteres Grüppchen an Touristen im „Oben-Ohne-Bus“ in Ingolstädter Wohngebiete verirrt. Aber es handelte sich nicht um eine Spazierfahrt, sondern um Informationsbeschaffung. Die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (GWG) hatte ihre alljährliche Besichtigungstour verschiedener Bauprojekte an einem heißen September Dienstag im „Cabrio-Bus“ absolviert.
Aufsichtsratsmitglieder und Mitglieder des Mieterbeirats waren u.a. an Bord und ließen sich von GWG Geschäftsführer Alexander Bendzko an verschiedenen Haltepunkten über aktuelle und abgeschlossene Projekte auf den aktuellen Stand bringen.
Station 1: Von der Flüchtlingsunterkunft zum Kindergarten
In der Gustav-Adolf-Straße sind durch die GWG vor vier Jahren Unterkünfte für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge errichtet worden. „Ganz so schlimm wie es dargestellt wurde, ist es nicht gewesen,“ meinte Alexander Bendzko zum schlagzeilenträchtigen „Aus“ für die Flüchtlingsunterkunft nach zwei Jahren. Anschließend wurden die 24 Wohnungen saniert, um sie z.B. an Auszubildende oder Berufseinsteiger zu vermieten. Nun aber bekommen die sechs Gebäude, die aus Fertiggaragen konstruiert sind, einen ganz neuen (vom Stadtrat 2019 so beschlossenen) Zweck: Es entsteht hier eine städtische Kindertageseinrichtung mit Plätzen für knapp 300 Kinder.
Station 2: Das letzte freie Baugrundstück
In der Prinz-Leopold-Straße in der Nähe der Kreuzung Münchner Straße/Bahnhofstraße befindet sich eine echte Rarität, nämlich ein leer stehendes Grundstück. „Es ist unser letztes freies Grundstück,“ erklärte Alexander Bendzko. Leider. Denn eigentlich wollte sich hier eine Pflegeschule ansiedeln. Aber. „Vor zwei Monaten ist die uns abgesprungen.“ Zwei Jahre Verhandlungen waren damit für die berühmte Katz. Jetzt muss sich die GWG nach einem neuen Projektpartner umsehen.
Station 3: Mit Luft nach oben
Die Wohnanlage in der Hinterangerstraße ist laut Alexander Bendzko in zweierlei Hinsicht etwas besonderes. Zum einen verfügen die 81 freifinanzierten Wohnungen über eine lichte Raumhöhe von 2,70 Metern, wodurch sie besonders großzügig wirken. Zum anderen sind in der Anlage zwei Wohnungen umgenutzt worden: Sie dienen jetzt als Großtagespflegen, in denen Kindergruppen betreut werden.
Station 4: Autofrei, barrierefrei und eigener Strom
„Diese Anlage ist in sich gesehen eine autarke Siedlung,“ erklärte Alexander Bendzko in der öffentlich geförderten Wohnanlage in der Fliederstraße. Hier wurden 14 Mehrfamilienhäuser mit drei bis fünf Geschossen gebaut bzw. werden gerade errichtet. Ein Kindergarten und ein Gemeinschaftsraum ergänzen das Konzept. „Die ersten Gebäude sind schon bezogen, mit dem Bau der KiTa beginnen wir nächstes Jahr.“ Wie fast alle Neubauten der GWG sind auch diese Gebäude barrierefrei. Photovoltaikanlagen auf den Dächern sorgen in der Fliederstraße für Strom und Ruhezonen, Spielflächen und Aufenthaltsbereiche erhöhen die Wohnqualität der Siedlung. Autos bleiben draußen vor der Wohnanlage.
Station 5: Lebensraum für Mensch und Spatz
18 Stockwerke – in solche Höhen hat sich die GWG bislang noch nicht begeben. Aber die Anlage an der Stargarder Straße (gegenüber dem Wonnemar) wird ein unübersehbarer Hingucker. Die künftige Klinker-Verkleidung ist eine Reminiszenz an die Festungsvergangenheit der Stadt. „Es ist eines der ersten Hochhäuser, die wir bauen. Nach einer Verzögerung liegen die Bauarbeiten jetzt wieder im Plan,“ erklärt Alexander Bendzko. 43 Millionen Euro werden dort in fünf Gebäude investiert, darunter zwei Hochhäuser mit 15 und 18 Geschossen: „Wir halten uns natürlich daran, nicht höher als das Münster zu bauen,“ so der GWG Geschäftsführer.
161 öffentlich geförderte Wohnungen, dazu eine Kindertagesstätte und zwei Gewerbeeinheiten – das klingt zunächst nach einem „ganz normalen“ Projekt. Aber die Stargader Straße wird im Rahmen des Modellvorhabens im Programm experimenteller Wohnungsbau „effizient bauen, leistbar wohnen“ realisiert. Dazu gehört auch das „Animal aided Design“, also eine Bauweise, die nicht nur dem Mensch, sondern auch der Tierwelt zugute kommt. Igel, der Admiral-Schmetterling und der Spatz sollten sich hier wohl fühlen. Letzterer braucht dazu beispielsweise „eine blütenreiche Umgebung und auch Dachgartenbepflanzung, Vogeltränken und Möglichkeiten für Staubbäder“, erklärte Rudolf Wittmann vom Landesbund für Vogelschutz, der auch an der Rundfahrt teilnahm.
Station 6: Schnell zu Bayerns Nummer eins
Die Wohnanlage in der Piesserstraße (190 öffentlich geförderte Wohnungen) war bis vor kurzem das größte geförderte Wohnprojekt in Bayern. Der „Titel“ ist aber in Ingolstadt geblieben – jetzt kann sich die bereits beschriebene Anlage in der Stargader Straße dieses Label anheften. Rund 40 Millionen Euro flossen in die vier zueinander versetzten Gebäude in der Peissertraße, die mit Loggien und kleinen Terrassenbereichen ausgestattet sind. Gebaut wurde von 2013 bis 2017: „Das war eine enorm schnelle Zeit.“ so Alexander Bendzko.
Station 7: Kunst im Treppenhaus
Die Tour führte weiter durch das Wohngebiet Nordost vorbei an der „Schwinge“ an der Regensburger Straße, den Wohnanlagen in der Gerhart-Hauptmann-Straße (hier wurde ein kleiner Stopp eingelegt) und der Goethestraße. Schließlich hielt der Bus in einem Wohngebiet, das keine Neubauten vorweisen kann, wohl aber neugestaltete Innenleben.
15 Treppenhäuser in den Wohnanlagen in der Niemeser- und Schillerstraße sind von 15 Künstlern des Berufsverbands Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberbayern Nord und Ingolstadt (BBK) gestaltet worden. „Die Treppenhäuser mussten wir sowieso sanieren,“ erklärte Alexander Bendzko. Warum also nicht etwas Neues wagen, das ein Treppenhaus dazu noch aufwertet? Die Künstler befassten sich vor Ort mit der Situation, traten mit den Mietern in Kontakt und fertigten so individuelle Treppenhauswerke: „Die Bewohner lieben auf einmal ihre Treppenhäuser, denn jedes ist einzigartig,“ freute sich der GWG-Chef.
Station 8: Inklusiver Wohnraum mit Blick auf die Gartenschau
Im kommenden Jahr wird das Wohnhaus in der Sinnesstraße in der Nähe von GVZ und Landesgartenschaugelände im Ingolstädter Nordwesten fertig gestellt. Ursprünglich war die Anlage als Gemeinschaftsprojekt von Hollerhaus und GWG geplant, aber das Hollerhaus trat das Vorhaben komplett an die GWG ab. 44 öffentlich geförderte, rollstuhlgerechte Wohnungen für Menschen mit Behinderung entstehen dort: „Das Ziel ist es aber, das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung zu ermöglichen,“ so Alexander Bendzko. So umfasst das Projekt auch einen Gemeinschaftsraum und zwei Gewerbeeinheiten. Optisch fällt das Gebäude durch eine Fassade aus schmalen, bunten Fliesen im Bereich des Erdgeschosses und des 1. Obergeschosses auf.
Station 9: Hybrid – gibt’s auch beim Bauen
Zum Schluss der Rundfahrt machten die „GWGler“ noch einen Abstecher zur Baustelle in der Gustav-Mahler-Straße. 78 barrierefreie, öffentlich geförderte Wohnungen sind aktuell im Bau. Das Besondere hier ist die Hybridbauweise, die hier zum Einsatz kommt und laut Alexander Bendzko eigentlich nichts Neues ist, aber über Jahrzehnte nicht angewandt wurde: „Das Tragwerk besteht aus Beton und die Fassade aus Holz. Von dem Holz ist allerdings später nichts mehr zu sehen. Es wird anschließend verputzt, um es zu schützen.“
Soweit der kleine Einblick in große Bauprojekte. Die GWG verfolgt derzeit ein ehrgeiziges Bauprogramm: Von aktuell 7300 Wohneinheiten soll der Wohnungsbestand bis 2022 auf rund 8500 Wohneinheiten gesteigert werden. „Die Nachfrage ist groß,“ bestätigt Alexander Bendzko.