Feministin und Christin: Grünen Stadträtin Steffi Kürten
Sie bekommt jetzt noch Gänsehaut, wenn sie an diesen Moment denkt. Den Moment, in dem die neuen Ingolstädter Stadträte ihren Amtseid im Festsaal des Stadttheaters abgelegt haben. „Der Eid hat etwas mit mir gemacht. Das war wow!“ erklärt Steffi Kürten, die für die Grünen in das Stadtparlament eingezogen ist. Insgesamt acht Abgeordnete – doppelt so viele wie in der zurück liegenden Legislaturperiode – plus eine Bürgermeisterin kann die Partei verbuchen. Die Situation ist neu: „Was sind wir jetzt? Nicht mehr Opposition, aber auch nicht Regierung?“ Diese Frage müsse man sich nun stellen und dieser Findungsprozess wird nach Einschätzung Kürtens auch noch eine Weile dauern. Sehr glücklich ist sie dabei über die Fraktions-Doppelspitze Barbara Leininger und Christian Höbusch: „Das ist ein kleines Dreamteam!“ meint sie. Mit ihrer Erfahrung und konzentrierten Arbeit würden sie auch für eine Entlastung der „Neulinge“ sorgen, denn die haben reichlich zu tun. Auf etwa 20 Stunden pro Woche schätzt Steffi Kürten den Zeitaufwand für die Arbeit als Stadträtin („Es ist viel mehr als ich dachte“), die ja auch die Ausschussarbeit und die Mitgliedschaft in verschiedenen Beiräten und Kommissionen umfasst. Die ersten Monate verbrachte sie also auch damit, pro Woche 150 Seiten an Sitzungsunterlagen und mehr durchzuarbeiten. Die derzeitige Sommerpause ist für die Grünen Kreisvorsitzende eine willkommene Gelegenheit, um durchzuschnaufen und den Input der Bürger zu verarbeiten, etwa, wenn sie wie zuletzt auf den Zustand von Spielplätzen oder fehlende Sitzmöglichkeiten beim Donauwurm angesprochen wird. Die Nähe am Bürger, das macht Kommunalpolitik aus. Steffi Kürten begrüßt es daher sehr, dass ihre Partei den „Draht“ zu den Bezirksausschüssen weiter intensivieren wird („Die BZAs sind die Königsdisziplin!“) und sich künftig jeder Grünen-Stadtrat um zwei Bezirksausschüsse „kümmert“ – wie, das wird noch ausgetüftelt.
Die von den Grünen angestrebte „Klimaänderung“ in der Stadtpolitik ist dabei bereits vollzogen worden. Die Stimmung in den Ausschüssen sei laut Steffi Kürten konstruktiv („Es gibt kein Gebrülle“), die Bio-Städte-Entscheidung im Stadtrat symbolisiert für sie den Aufbruch in eine neue Zeit und auch Anfragen an die Verwaltung würden stets zuvorkommend, freundlich und mit viel Hilfsbereitschaft bearbeitet. „Christian Scharpf ist einer meiner Lieblingsmenschen,“ gibt Steffi Kürten dazu offen zu. Er höre zu, vertrete aber auch klar und deutlich seine Meinung, die nicht immer mit ihrer übereinstimmen müsse. Und die parteiübergreifenden Gespräche in den Sitzungspausen empfindet sie als sehr angenehm: „Insbesondere bei der CSU sind die Scheuklappen runter gefallen, das finde ich schön.“ Auf der anderen Seite ist sie von „der ein oder anderen Gruppierung“ im Stadtrat ein wenig enttäuscht. Hier und da habe man Parteifeindschaften neu entdeckt und: „Manchmal ist es erschreckend, wie viel Testosteron oder alter weißer Mann noch im Raum ist.“ Überhaupt gebe es in Sachen Gleichberechtigung von Mann und Frau, aber auch bei der Gleichstellung der verschiedenen sexuellen Orientierungen, noch Luft nach oben. Aber es tut sich auch etwas. „Wir haben eine sehr engagierte Gleichstellungsbeauftragte und mit Veronika Peters und Petra Kleine zwei Frauen, die sich sehr für das Thema einsetzen.“ Als man den Christopher Street Day in Ingolstadt eingeführt habe, sei dafür auch beim damaligen OB Christian Lösel eine sehr positive Stimmung vorhanden gewesen.
Die Chefredakteurin des Lifestyle Magazins Citicon ist die einzige geoutete Stadträtin. Seit 2014 ist sie mit Steffi Kürten-Ringelhann verheiratet: „Es war Liebe auf den ersten Blick. Wir wussten nach zwei Tagen, dass wir heiraten werden!“ Söhnchen Fritz wird demnächst fünf Jahre alt. „Ich bin keine Lobbyistin, ich bin Feministin und Christin!“ betont Steffi Kürten, die in Karlshuld im Kirchenvorstand und im Ingolstädter Dekanatsausschuss engagiert ist. „Vor Gott sind alle Menschen gleich.“ Das gilt auch für Stadträte.