Eine Brücke mit Sitzbanküberbrückung – Highline über die Römerstraße eröffnet
Ihre „berufliche Laufbahn“ – oder sollte man Fahrbahn sagen – dauerte nur zehn Jahre. So lange sind auf der Brücke, die über die Römerstraße führt, Züge gerollt. 1975 wurde die Strecke still gelegt und es wurde ebenso still um die Brücke. Und das wäre womöglich auch so geblieben, wenn nicht der Bezirksausschuss Nordost die Initiative ergriffen hätte. 2016 fassten dessen Mitglieder unter dem Vorsitz von Eckehard Gebauer den Entschluss, die Brücke zu einem Aufenthaltsort zu machen. Dabei stand auch fest: „Dafür opfern wir auch unseren Bürgerhaushalt,“ erklärte der BZA-Vorsitzende bei der offiziellen Brücken Eröffnung. Die Hartnäckigkeit des Bezirkausschusses zahlte sich schließlich aus: „Dank gilt den BZAlern, die Gas gegeben haben!“
Der Bürgerhaushalt musste nicht geopfert werden. Das Gartenamt Ingolstadt war mit einem zukunftsweisenden Konzept samt Flachdach-Begrünungserfahrung zu Stelle und übernahm die Federführung für die „blühende Brücke“. Geplant durch das Landschaftsarchitekturbüro studio B aus München wurde das Bauwerk über die Römerstraße in enger Abstimmung mit dem Tiefbauamt nun in eine außergewöhnliche städtische Grünanlage verwandelt. „Jetzt habt´s auch eine Highline!“ erklärte Elke Berger, Landschaftsarchitektin und Geschäftsführerin des studio B. Sie erläuterte den Gästen der Eröffnung, was hinter der Planung steckt. Zum Beispiel, dass man sehr restriktive Rahmenbedingungen zu beachten hatte. So war und ist es nicht erlaubt, die Brücke anzubohren. Auch mussten etliche Sicherheitskriterien beachtet werden und die Brücke ist für Wartungsarbeiten sogar hoch klappbar. Allerdings mussten auch keine „Programmpunkte abgearbeitet“ werden, so Berger, so dass man trotzdem frei gestalten konnte.
Am Ende entstand eine „überbrückte Brücke“, denn eigentlich handelt es sich um zwei Brücken, nämlich die Rad- und Bahnbrücke. Zwischen diese beiden – also als Brückenüberbrückung – hat man die Sitzgelegenheiten gesetzt, die für alle Menschengrößen und Sitzgeometrien geeignet sind. Kein Wunder, dass sich hier man einer schon regelrecht fest gesessen hat. Bepflanzt ist das Bauwerk mit robusten „Hungerkünstler-Gewächsen“, die auch extreme Trockenheit vertragen und als Reminiszenz an ihre ursprüngliche Aufgabe hat man die metallenen Eisenbahnschwellen vor Ort belassen. Eine Brücke zum Park zu machen – auch für die Landschaftsarchitektin war das eine besondere Aufgabe: „Es ist ein Lieblingsprojekt in unserem Büro, zeitgleich mit dem Donauwurm!“ erklärte Elke Berger. Und sie wünschte sich, dass es auch für die Ingolstädter so ein Herzensprojekt wird.
Dass die Ingolstädter Highline (Vorbild für solche High Lines ist eine ehemalige Güterzugtrasse im Westen von Manhattan, die in einen Park umgewandelt wurde) finanziell keinen Durchhänger erleiden musste, dafür sorgte ein Zuschuss von 117 000 Euro durch die Städtebauförderung des Bezirks. Prof. Christian Schiebel (Sachgebietsleiter Städtebai bei der Regierung von Oberbayern) freute sich, für so ein schönes Projekt, das durchaus als Vorbild für andere Kommunen gelte, Finanzmittel zur Verfügung gestellt zu haben.
Oberbürgermeister Christian Scharpf, der die Gäste zur Highline-Eröffnung begrüßte, bezeichnete die Brücke als eine „Oase, die blendend gelungen ist“ und bedankte sich bei allen, die an diesem Projekt mit gewirkt haben – allen voran dem BZA Nordost. Er selbst war ja gerade erst bei der Baustellentour des Stadtrats über die Brücke geradelt, der er bislang zugegebenermaßen kaum Beachtung geschenkt hatte: „Das sind ganz neue Perpektiven,“ meinte der OB, der im Anschluss an die Wortbeiträge zusammen mit den Projekt-Beteiligten das obligatorische Eröffnungsband durch schnitt.