Der Baumversteher: Peter Kienberger kontrolliert im Auftrag der Stadt die Bäume in Ingolstadt
Er spricht nicht mit ihnen, aber zuhören, ja das muss Peter Kienberger bei seinen Kontrollgängen der Ingolstädter Bäume schon des Öfteren. Knacksen manche Äste (dann ist oft schon unmittelbare Gefahr im Verzug) oder raschelt nur das Laub? Wie klingt der Stamm bei der Klopfprobe? Hohl, dumpf oder lässt sich auf eine gesunde Stammstruktur ohne Hohlräume schließen? Kienberger hat diverse Fortbildungen und Zertifizierungen als Gärtnermeister und Baumkontrolleur. Als Mitarbeiter der Firma TreeConsult ist er im Auftrag der Stadt Ingolstadt unterwegs, um die Gesundheit und das mögliche Gefahrenpotential der Stadtbäume einzuschätzen und zu dokumentieren. Und wenn eine Klopfprobe mit dem Schonhammer „erfolgreich“ ist oder wenn der Sondierstab weit in Asthöhlen hineinreicht, dokumentiert er dies alles in seinem I-Pad, dessen Daten dann in das städtische Baumkataster einfließen. Dort werden alle Informationen gesammelt und zusammen mit speziellen Pflegehinweisen nach Prioritäten aufgelistet. Kontrolliert werden dabei die Bäume jährlich abwechselnd im belaubten und auch im unbelaubten Zustand, was die jeweiligen Nachteile des anderen Untersuchungszeitraums aufheben soll: Im Winter sieht sein geschultes Auge halt die ganze Krone und eventuelle Risse oder Brüche, im Sommer ist nur der untere Teil der Baumkrone sichtbar, dafür kann er aber anhand der Laubfärbung einschätzen, ob der Baum von einer Krankheit befallen ist oder nicht. Dies gilt auch für die Fruchtkörper verschiedener Pilze, die ab und zu und auch nicht zu jeder Jahreszeit am Stamm von Bäumen zu sehen sind. Manche sind sehr schnell holzzersetzend und gefährlich, andere sind eher harmlos und sollten nur auf Dauer beobachtet werden.
„Ich liebe Bäume und deshalb auch diese Arbeit“, meint Kienberger, den wir bei seiner Arbeit am Baggersee begleiten, wo er über 1.000 Einzelbäume und Baumgruppen in Augenschein nimmt. Und dem bekennenden Frischluftfanatiker sieht man seine auch die Zufriedenheit im Job an. Ganz so stressfrei wie man meinen könnte, ist die Arbeit allerdings nicht. Sein Chef, Erk Brudi ist zwar ein alter Hase im Geschäft, aber auch er muss, gerade wenn es sich um Schadensfälle handelt, bei denen Sachwerte beschädigt oder im schlimmsten Fall Menschen verletzt oder sogar getötet wurden, vor Gericht erscheinen und als vereidigter Sachverständiger zum jeweiligen Sachverhalt Stellung nehmen. Dabei hat er zum Prüfungsaufwand eine klare Meinung. „Für eine ausreichende Kontrolle genügt es in aller Regel, wenn der entsprechende Baum vom Boden und nicht mit Hilfe eines Hubsteigers begutachtet wurde“, sagt Brudi. „Einen solchen Aufwand z.B. für alle kommunalen Bäume zu leisten, das ist völlig unmöglich, nicht finanzierbar und in eigentlich allen Fällen auch nicht nötig! Da muss ich dann schon Überzeugungsarbeit leisten!“.
Viel Arbeit steht jetzt nach den Abbrüchen durch Nassschnee in ganz Ingolstadt an. Welcher Baum ist noch standsicher, welche Maßnahmen sind für einen Erhalt notwendig? „Bei so einem Nassschnee-Ereignis kommt es erst ca. zehn bis zwölf Stunden nach Beginn des Schneefalls zum Bruch, dann wird gerade bei dem in der Winterruhe eher trockenen Gehölz diese Dauerlast ein Problem.“ Für Brudi und sein Team stehen in Ingolstadt auch künftig noch eine Menge an Kontrollen an.