Eine ganze Region druckt Schutzschilde aus
Aus dem brigk Makerspace wird eine "Corona-3D-Druckoffensive" koordiniert
Es zischt und rattert. Nicht sehr laut, aber andauernd. In etlichen Büros, Werkstätten oder Eigenheimen der Region laufen die 3D Drucker auf Hochtouren. Und das nicht zum Spaß. Diese regionale „Druck-Offensive“ zur Erstellung von Gesichtsschilden ist durch die Corona-Krise ausgelöst worden und wird zentral im brigk Makerspace in Ingolstadt koordiniert.
Maximilian Schmidt beim "Checken" der Lage am 3D Drucker
Auch hier laufen die 3D-Drucker nahezu im Dauerbetrieb, aber das übliche „Gewusel,“ das sich vor allem abends und am Wochenende in der Tüftler-Werkstatt einstellt, ist derzeit Corona bedingt auf Eis gelegt. Einzig Maximilian Schmidt (Leiter brigk Makerspace) ist vor Ort, um beispielsweise den Nachschub an thermoplastischem Kunststoff (Filament) in Empfang zu nehmen, der für den 3D Druck nötig ist: „Gerade ist sind 20 Kilogramm Filament angekommen,“ erklärt er. Dieser gesundheitlich unbedenkliche Kunststoff kann dann von denjenigen, die sich an der Aktion beteiligen, abgeholt werden.
Und so druckt er und druckt und druckt (1/2 bis 1 Stunde für den Schild Halter)
Es sind überwiegend Privatpersonen, die bei der Schild-Produktion mitmachen, aber auch Firmen wie z.B. EFS (die auch Material bereit stellen). Insgesamt 70 Beteiligte in der gesamten Region Ingolstadt werden über den brigk Makerspace als „Hub“ koordiniert: „Ich finde es erstaunlich, wie sich die Leute einbringen!“, schwärmt Maximilian Schmidt. Die Koordination falle daher auch leicht, denn die Motivation bei allen sei extrem hoch. „Vom 16-Jährigen, der sogar selbst zu einer Risikogruppe gehört bis zum Senior ist alles mit dabei“, erklärt Schmidt. „Alle verbindet, dass es Tüftler sind.“ Und diese Tüftler sind nun „aus ihrem eigenen Kosmos ausgebrochen“, um etwas für die Gemeinschaft zu tun. Positiver Nebeneffekt: Das brigk Netzwerk wird erweitert, neue Könner und Tüftler vernetzen sich mit der offenen High-Tech-Werkstatt – und das ist genau im Sinne dieser Einrichtung, die einen Bereich des Digitalen Gründerzentrums bildet und im August 2018 eröffnet wurde (mehr: www.brigk.digital/makerspace).
Nach 15 Tagen sind bereits rund 2000 Schilde (nicht als Schutzausrüstung zertifiziert) produziert worden. Der Großteil der Community stellt sie kostenlos her, die Schutzschilde aus dem brigk werden zum Selbstkostenpreis abgegeben. Was hier nämlich auf keinen Fall passieren soll, ist, dass jemand aus der Notlage anderer ein dickes Geschäft macht. Und so ist die Vorlage für die Drucke auch eine „Open Source Datei“, also ein frei verwendbares Design, für dessen Verwendung keine Markenrechte oder ähnliches anfallen würden. Überhaupt: Das gesamte Projekt geht auf eine offene und bundesweite Initiative mit dem Namen „Maker vs. Virus“ zurück. Unter www.makervsvirus.org ruft die Aktion Besitzer von 3D-Druckern zur Herstellung von Schutz-Equipment auf. Über 6000 Leute sind deutschlandweit bereits daran beteiligt.
Abnehmer der Schutzschilde in der Region Ingolstadt sind sowohl große als auch kleine Unternehmen und Einrichtungen, wie das Klinikum, die Diakonie (hier wurden gerade 200 an Altenheime ausgeliefert), Arztpraxen, Physiotherapeuten und andere. Der Bedarf wird von Mitarbeitern des Projekts erfragt, die Schilde dann entsprechend geliefert. „Wir prodzuzieren, so lange Nachfrage besteht“, sagt Maximilian Schmidt. Und wenn sich die Nachfrage ändert, ist man flexibel und kann sich auch auf neue Produkte – sofern sie für die 3D Drucker produzierbar sind – einstellen.
Übrigens: Im brigk Makerspace werden nicht nur Schutzschilde, sondern auch Halbmasken angefertigt. Die aus zwei Kunststoffteilen (eine Maske und ein Filtergitter) bestehen. Beide Stücke zusammen ergeben mit einem Vlieseinsatz einen funktionierenden Mund-Nasen-Schutz, der durch Desinfektion und den Austausch des Vlieseinsatzes mehrfach verwendbar ist. Die passende Druckdatei kann unter www.makethemasks.com für private und gemeinnützige Verwendungen kostenfrei heruntergeladen werden. Und sieben Ingolstädter Mittelschulen stellen in den schuleigenen 3D-Druckern Halbmasken her, die sie an die Kommunalbetriebe liefern.