Renaturierungsprojekt Treidelweg: Paradies für seltene Käfer
Für den Experten war es eine echte Sensation, die da – nur wenige Millimeter groß – vor ihm unter dem Vergrößerungsglas lag. Dieter Jungwirth, Biologe und Vorsitzender der Entomologischen Gesellschaft Ingolstadt e.V., sah dort einen Barbarakrautrüsselkäfer vor sich liegen. Mitgebracht hatte er ihn von einer „Expedition“ am Ingolstädter Donauufer, dort wo an einem Teil des ehemaligen Treidelwegs nordöstlich der Staustufe eine Renaturierungsfläche entstanden ist. Hier kreucht und fleucht es nun derart, dass dem Käferexperten das Herz aufgeht. Konnte in Bayern bislang nur ein Einzeltier dieses Käfers (Ceutorhynchus barbarae) nachgewiesen werden, gibt es ihn hier an der Donau nun gleich in großer Zahl. Überhaupt ist der Barbarakrautrüsselkäfer nicht das einzige Insekt, dass sich hier „sauwohl“ fühlt: „Etliche neue Arten haben sich angesiedelt, was sicher auch etwas mit den langen, heißen Sommern zu tun hat,“ erklärt Dieter Jungwirth.
Im Jahr 2014 wurde durch das Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt, im Rahmen des Donauufer-Renaturierungsprogramms an diesem Teil des ehemaligen Treidelweges folgende Maßnahmen durchgeführt:
• Entfernung des Uferverbaus und der Vegetation auf einer Länge von etwa 250 Metern
• Abflachung der Uferböschung
• Aufbringen einer groben Kiesschüttung
• Fertigstellung des neuen Rohbodenbiotopes
Nach fünf Jahren sind die ursprünglichen Rohbodenstandorte nun weitestgehend verschwunden und teilweise dicht bewachsen. „Wenn wir Biotope erhalten bzw. neue Biotope entstehen lassen, werden nicht nur die Käfer bleiben, sondern auch andere schützenswerte Arten zuwandern und uns somit erhalten bleiben, ganz im Sinne der Biodiversitätsstrategie der Stadt Ingolstadt, die 2009 vom Stadtrat beschlossen wurde,“ so Umweltreferent Rupert Ebner. Dabei geht es nicht darum, die Natur sich selbst zu überlassen: „Es sollten Bereiche gepflegt werden, die der Ökologie die Möglichkeit geben sollen, sich zu entfalten.“ Ohne Eingriff des Menschen würden z.B. das Gebiet am ehemaligen Treidelweg (der für Pferde angelegt worden war, die Lastkähne stromaufwärts auf der Donau zogen) schlichtweg durch Buchen überwuchert.
Generell könne laut Ebner nicht oft genug darauf hingewiesen werden, wie wertvoll die Lebensräume entlang der Donau sind. Die bayerische Donau spielt noch immer eine hervorragende Rolle als Wanderkorridor für Arten, sowohl von West nach Ost – Beispiel „Schwarzpappel“ – als auch von Ost nach West. „Hier hoffen wir zu Beispiel auf die Wiederansiedlung des Seeadlers, die aus Osteuropa erfolgen könnte. Für viele nicht mobile Arten funktioniert diese grüne Artenautobahn leider längst nicht mehr. Daher sind die verbliebenen Trittsteine – wie hier das kurze Stück Renaturierung entlang des ehemaligen Treidelpfades – immens wertvoll.“
Für Spaziergänger, für Erholungsuchende und für Naturliebhaber ist das Stück Renaturierung der ideale Ort um inne zu halten, um das Wasser der Donau oder die Wasservögel zu beobachten. Diejenigen, die länger verweilen wollen, werden, je nach Jahreszeit, spannende Entdeckungen in der Tier und Pflanzenwelt machen. Es spricht laut Umweltreferat auch nichts dagegen, sich dort hinzusetzen und die wunderbare Natur einfach zu genießen. Nicht geeignet ist diese Stelle als Badestrand und verboten ist es dort Feuerstellen zu errichten.
Fotos: Jungwirth/Stadt Ingolstadt