Argusaugen am Beckenrand
Schwimm-Meister Marcel Omasreither sorgt im Ingolstädter Freibad für Sicherheit
Am Beckenrand stehen und alles, was im Wasser passiert, mit Argusaugen beobachten. Ab und an mahnend einschreiten, Erste Hilfe leisten und Technik sowie Infrastruktur (Becken, Gebäude und Geräte) warten – manchmal hängt auch das Leben anderer von einem ab. So sieht der typische Tag eines Schwimm-Meisters aus. Marcel Omasreither arbeitet seit 2011 im Ingolstädter Freibad. Im Interview verrät er, wie sein Arbeitsalltag aussieht, was er im Freibad alles erlebt und warum Schwimm-Meister ein toller Beruf ist.
Wie sieht der typische Arbeitsablauf eines Schwimm-Meisters im Freibad aus?
Man steht sehr früh auf und fängt in der Frühschicht um 5:30 Uhr an zu arbeiten. Als erstes dreht man seine Beckenrunde, macht mögliche Gefahrenquellen aus, misst Chlor- und pH-Wert im Wasser, prüft sämtliche Attraktionen (z.B. Rutschen und Sprungtürme), beseitigt bei Bedarf noch Müll vom Vortag und wartet die technischen Gerätschaften (z.B. Pumpen).
Erst ab 8 Uhr beginnt dann die Badeaufsicht. Da betreut man dann die Badegäste, nimmt Beschwerden entgegen, leistet Erste Hilfe, tröstet oder führt Familien wieder zusammen. Ganz nach Bedarf.
Vier Mal täglich muss die Wasserqualität überprüft werden. Die Spätschicht räumt abends nach der Badeaufsicht auf und schickt die Roboter zum Säubern ins Wasser. Nach einem Technikrundgang und der Kontrolle, ob alle Badegäste das Bad verlassen haben, ist gegen 20 Uhr Feierabend.
Was passiert im Laufe des Tages?
Man hat immer mal wieder Schrammen oder Schürfwunden, wenn jemand auf den Steinen hinfällt. Größere Sachen, bei denen der Rettungswagen dazu kommen muss, hat man im Schnitt so ein bis zwei Mal am Tag. Da hat sich dann meistens jemand eine Platzwunde oder Prellung zugezogen.
Als Schwimm-Meister erlebt man sicher oft Kurioses, oder?
Ja, jeden Tag. Erst kürzlich kam ein Badegast mit einem Entenküken in der Hand zu mir. Ich habe dann das zuständige Amt angerufen. Ein anderer Badegast hatte seinen Ehering verloren, der glücklicherweise am Abend bei den Beckensaugern wiederaufgetaucht ist. Als ich ihn darüber informiert habe, war die Freude natürlich groß.
Apropos Fundsachen: Was bleibt denn im Freibad so alles liegen?
Alles, was zum Inventar eines Badegastes gehört. Handtücher, Schmuck, Badehosen, Schwimmbrillen, Flossen, Bälle und und und…
Mussten Sie schon mal jemanden aus dem Wasser ziehen?
Ja, ein kleines Kind war ohne Schwimmflügel ins Wasser gefallen. Ich kam zufällig in dem Moment um die Ecke und bin hinterher gesprungen.
Worauf achten Sie besonders?
Kleine Kinder ohne Schwimmflügel, ob die Badegäste beim Rutschen Abstand halten, ob Sie nach dem Springen direkt den Gefahrenbereich verlassen, Anzeichen von Hitzschlag und Sonnenstich, gefährliche Gegenstände im Wasser, hektische Eltern ohne Kind und so weiter. Der Anspruch ist, dass man alles sehen muss – das ist aber gar nicht möglich. Deshalb ist es wichtig, dass jeder auch auf seine Mitmenschen achtet.
Geht man als Schwimm-Meister zwischendrin auch mal selbst schwimmen?
Wir gehen jeden Tag kurz ins Wasser, um zu kehren oder um etwas aus dem Becken zu holen. Da sind wir, um ehrlich zu sein, gar nicht traurig drüber. Vor oder nach der Schicht kühlen wir uns auch ganz gerne mal ab.
Was tun Sie gegen die sommerliche Hitze?
Viel trinken, mich mit Sonnenmilch eincremen, auf Sonnenschutz (z.B. Sonnenschirme) achten und immer einen kühlen Kopf bewahren.
Macht Ihnen der Lärmpegel etwas aus?
Der ist mindestens genauso schlimm wie die Sonne.
Wie viele Menschen kommen denn täglich ins Freibad?
An heißen Tagen haben wir 4.000-5.000 Besucher. Wenn das Wetter schlechter ist, 1.000-2.000.
Wie viele Schwimm-Meister sind an heißen Tagen im Bad?
Morgens zwei bis drei, nachmittags vier und abends drei.
Zeigen die Badegäste den Schwimm-Meistern gegenüber Respekt?
Da gibt es schon öfter Probleme, weil bis vor 20 oder 30 Jahren das Image „der böse Bademeister“ war. Das hat sich mittlerweile gewandelt. Wir wollen einen positiven Draht zu unseren Badegästen aufbauen. Wenn das nicht funktioniert, müssen wir auch mal jemanden in die Schranken weisen. Aber die Leute sollen ja, wenn etwas ist auf uns zukommen und sich wohl fühlen.
Fehlen auch in Ingolstadt Bademeister?
Bei uns sind aktuell alle Stellen besetzt. Aber die Azubisuche gestaltet sich sehr schwierig. Und wir suchen immer engagierte Rettungsschwimmer ab 18 Jahren, die sich ein paar Euro dazu verdienen wollen. Voraussetzung ist ein Führungszeugnis, das entsprechende Auftreten und das Rettungsschwimmabzeichen Silber, das aber jederzeit auch bei uns gemacht werden kann.
Woran glauben Sie liegt es, dass immer weniger junge Leute Schwimm-Meister werden wollen?
Das Gerücht, dass man schlecht bezahlt wird, hält sich hartnäckig. Fachangestellter für Bäderbetriebe ist aber durchaus ein Beruf, von dem man leben kann. Größere Städte bezahlen sogar nach Tarifvertrag. Auch die Arbeitszeiten mit Wochenenddiensten wirken abschreckend – dafür hat man aber ja auch an anderen Tagen frei.
Der Beruf wird in den Medien oft schlecht gemacht. Wenn es so wäre, hätten wir in Ingolstadt sicher nicht alle Stellen besetzt. Jeder Beruf ist anstrengend, aber das negative Bild vom Schwimm-Meister entspricht nicht der Wahrheit.
Wie sieht die Ausbildung denn aus?
Man lernt sehr vieles: Bädertechnik (z.B. Becken und Geräte warten), Medizinisches (z.B. Erste Hilfe und Unterstützung der Sanitäter), Animation (z.B. Aqua Fitness oder Schwimmkurse) und Marketing. Als Meister lernt man dann außerdem wie man einen Betrieb organisiert und ein Team leitet.