Diese Gartenschau braucht eine Pflegeversicherung!
Diesmal nimmt sich IN-direkt die technische Seite der Landesgartenschau vor. Gerade in den Wasserspielplatz und die anschließenden Wassergärten sind nicht nur erhebliche Finanzmittel geflossen, es wurde dort auch kiloweise Hirnschmalz verbaut. Nicht wenig davon stammt von Roland Großberger (58 Jahre) aus München, der als Bauleiter nicht nur dort viele Tage und Wochen beim Bau verbracht hat. Für ein sehr persönliches Interview hat er sich bei den Wassergärten kurz Zeit genommen:
Herr Großberger, hier an den Gestaden der Wassergärten und im übrigen Gelände der Gartenschau haben Sie in den letzten Jahren viele Stunden Ihres Lebens verbracht. Bevor wir zur technischen Seite Ihres Berufs vordringen, würden Sie unseren Lesern ein bisschen Ihren Werdegang erläutern?
Roland Großberger: Gerne! Als gelernter Gärtner hatte ich verschiedenste Stationen in meinem beruflichen Werdegang: Ein Studium in Berlin von 1989 bis 1995 und nebenher schon diverse Tätigkeiten in der grünen Branche. Parallel in Schwaben ein Praktikum beim Landschaftsarchitekturbüro Lutz und dann Diplomabschluss in der Gartendenkmalpflege.
Dann kam auch schon meine erste Gartenschau 1999 in Oberhausen, anschließend die Projektleitung für die BUGA 2005 in München. Mit Thomas Beyhl gründeten wir gemeinsam nun 2008 unser Büro, heute mit 14 Mitarbeitern. Dabei bearbeiten wir ausschließlich die Themen Ausschreibung, Vergabe und Bauleitung zusammen mit den jeweiligen Landschaftsarchitekten.
Das klingt schon sehr nach Überzeugungstäter. Was treibt Sie konkret an, diesen doch recht stressigen und termingebundenen Job bei vielen Gartenschauen zu übernehmen?
Mich hat immer die Beteiligung und vor allem die Umsetzung von Großprojekten mit den unterschiedlichsten Materialien interessiert. Hier in Ingolstadt z.B. die großen Betonfertigteile rund um den See, viele Holz- und Metallarbeiten. Am Foshan Garten konnten wir viele Details aus Fernost neu entdecken, mussten uns mit der Seespundung auseinandersetzen und auch mit den verschiedenen Pflanzenzusammenstellungen. Das macht es so vielfältig und spannend!
Kommt ein kreativer und gelernten Gärtner da nicht manchmal zu spät auf die Baustelle wenn alles schon festgezurrt ist?
Nein! Auch in der Ausschreibung und Abstimmung ist viel Kreativität gefragt. Außerdem müssen bereits im Planungsprozess so viel Zeit und Ideen einfließen, das wäre in unserer Konstellation nicht zu schaffen. Aus unserer Sicht ist eine solche Trennung nur gut.
Wie vereinbart der Bauleiter Großberger mit seinem hohen Termindruck die Ansprüche an den Familienvater Großberger?
Das geht nur mit einer verständnisvollen Familie, die Ihren Vater gerade in den Monaten vor der Eröffnung nur sehr selten sieht.
Was macht die Gartenschau in Ingolstadt für Sie besonders? Haben Sie eine persönliche Rangfolge bei Ihren vielen Gartenschauen?
Ich finde, jedes Gelände hat seinen eigenen Charakter. Die Grünverbindung hier zwischen GVZ und Westpark ist schon sehr wichtig und deshalb braucht es für die Beurteilung einer Gartenschau unbedingt die Kenntnis und Einordnung der Randbedingungen. Das gilt auch für Ingolstadt selbst, wo der altstadtnahe Klenzepark eine ganz andere Formensprache aber auch Bedeutung hat. Das gilt zudem für die Besucherzahlen, die nur eine ganz begrenzte Aussagekraft über die Qualität der neuen Grünanlage haben.
Wie sehen Sie den neuen Park in zwanzig Jahren?
Wir hatten teilweise eine intensive Diskussion über die Erdmengen die bewegt wurden und die Größe der versiegelten Fläche (10% Wege und Plätze sowie 40% Blüh- und Wiesenflächen von insg. 23 ha., Anm. der Redaktion). Wenn die vielen neugepflanzten Bäume dann ihre endgültige Größe erreicht haben, dann wird hier ein ganz anderer Eindruck entstehen als heute. Gerade für alle, die mit ihren Kindern oder Enkeln im Westpark einkaufen und anschließend noch zum Toben in den Park gehen. Das ist den Planern gut gelungen.
Eine Herausforderung wird die künftige Pflege sein?
Wir haben einerseits eine extrem naturnahe Ausprägung, in der sich sogar viele Rebhühner wohlfühlen. Andererseits viele Bereiche, die intensiver Pflege bedürfen. Eigentlich bräuchten wir für das Gelände eine Pflegeversicherung! Nach über 60 Jahren sind die Stauden am Stuttgarter Killesberg noch immer eine Schau. Das würde ich mir auch für Ingolstadt wünschen!
Da Sie jede Ecke hier bestimmt schon zehnmal besichtigt haben, gibt’s einen Lieblingsplatz?
Als leidenschaftlicher Gärtner natürlich die Blumenhalle mit Ihren ganz unterschiedlichen und wechselnden Beiträgen sowie die vielen Gartenbeiträge, z.B. der private Irisgarten in den Krautgärten, sensationell!. Eigentlich habe ich hier tausend Lieblingsplätze.
Unser Fazit: Urlaubsfeeling kommt nicht nur in den Liegestühlen an den Wassergärten auf! (Fotos: Linder)