IN-direkt fragt die Direktkandidaten: Joachim Siebler Bündnis 90 / Die Grünen
Elf Kandidaten kämpfen um das Direktmandat für den Wahlkreis 216 im nächsten Bundestag. Wir haben ihnen jeweils sechs Fragen gestellt – vom Thema Automobilindustrie bis zur Impfung. So können Sie, werte IN-direkt Leser, ganz direkt vergleichen.
Folge 2 – Joachim Siebler (Bündnis 90 / Die Grünen)
1. Inwieweit würden die Menschen in Ingolstadt davon profitieren, dass Sie sie im Bundestag vertreten?
Im aktuellen Bundestag sitzen aus den 46 bayerischen Wahlkreisen 108 Abgeordnete aus Bayern. Der Wahlkreis Ingolstadt hat derzeit nur einen Abgeordneten und damit nur eine Stimme in Berlin. Wenn ich den Einzug in den Bundestag schaffe, dann ist Ingolstadt thematisch breiter und mit mehr Stimmen im Bundestag vertreten.
Durch mein aktuelles Mandat im Bezirkstag, durch meinen beruflichen Hintergrund und durch meine politischen Aktivitäten bringe ich ein breites Themenfeld mit, dem ich Ingolstadt in den Bundestag einbringen kann.
Als gelernter Stahlformenbauer und studierter Berufsschullehrer setze ich mich auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel dafür ein, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass mehr Betriebe mehr ausbilden können und mehr junge Menschen eine Ausbildung ergreifen. Aufgrund meiner eigenen positiven Erfahrungen im beruflichen Bildungsweg ist es mir besonders wichtig, die Bildungsgerechtigkeit zu erhalten und auszubauen.
Der Bezirk Oberbayern ist unter anderem für die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung und für die klinische Versorgung im Bereich der psychischen Gesundheit zuständig. Durch meine Tätigkeit als Bezirksrat ist es mir besonders wichtig, die Inklusion voranzubringen und insbesondere die Inklusion an Schulen. Im Bereich der Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie müssen dringend die Rahmenbedingungen verbessert werden und hinsichtlich der Abrechnungssystematik setze ich mich in Berlin dafür ein, dass wir uns wieder hin zu einer Vertrauenskultur entwickeln.
Der Kampf gegen ein Straßenbauprojekt hat mich in die aktive Politik gebracht. Im Bundestag setze ich mich dafür ein, dass insbesondere der geplante überdimensionierte Ausbau der B16 bei Ingolstadt auf den Prüfstand gestellt und auf ein für die Anwohner und die Landschaft verträgliches Maß reduziert wird.
2. In Ingolstadt ist ein Großteil der Menschen in der Automobilindustrie oder davon abhängigen Unternehmen beschäftigt. Hat diese Industrie eine Zukunft und wie sollte die Ihrer Ansicht nach aussehen?
Die massive Verbrennung fossiler Brennstoffe in den vergangenen beiden Jahrhunderten und die damit verbundene Anreicherung von CO2 in unserer Atmosphäre beschert uns aktuell und in Zukunft einen Klimawandel, dessen Folgen unser zukünftiges Leben auf unserem Planeten enorm beeinträchtigt. Nur wenn wir aufhören, fossile Brennstoffe zu verfeuern, können wir die Auswirkungen des Klimawandels auf ein Ausmaß beschränken, das wir möglicherweise noch bewältigen können.
Der Verkehrssektor hat einen erheblichen Anteil am gesamten CO2-Ausstoß, somit ist es erforderlich, den Verkehr zu minimieren und den verbleibenden Verkehr auf emissionsfreie Antriebe umzustellen. Nach einer zögerlichen Herangehensweise in den 2010er Jahren zählt nun der VW-Konzern mit seiner Tochter AUDI zu einem der Unternehmen der Automobilbranche, das den Transformationsprozess hin zu emissionsfreien Fahrzeugen am konsequentesten umsetzt. Derzeit ist von AUDI und den Zulieferfirmen noch erhebliche Entwicklungsarbeit zu leisten. Wenn in wenigen Jahren die Produktions- und auch die Absatzzahlen der emissionsfreien Fahrzeuge die der Verbrennerfahrzeuge erreicht haben, werden sich die Preise angleichen und auf lange Sicht entsteht durch die heutige Strategie in Zukunft ein Wettbewerbsvorteil, der die Autoproduktion und die damit verbundenen Arbeitsplätze bei AUDI und bei den Zulieferfirmen sichert.
3. Die Mieten sind in Ingolstadt – wie auch anderswo – in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Wie kann oder sollte da auf bundespolitischer Ebene einegriffen werden?
Eine Unterkunft zu haben, zählt zu den Grundbedürfnissen der Menschen. Darum ist es konsequent, ein recht auf Wohnen im Grundgesetz zu verankern.
Um die Mieten im Besonderen und die Kosten für das Wohnen zu begrenzen, ist es auch auf Bundesebene erforderlich, die Mittel für den sozialen Wohnungsbau zu erhöhen und Kommunen darin zu unterstützen, bestehende Wohnungsgesellschaften und gemeinwohlorientierte Wohnungsbaugenossenschaften zu stärken und neu zu gründen und Kommunen soll ermöglicht werden, mehr sozialen Wohnraum in den Bebauungsplänen festzusetzen.
Auf Bundesebene werden die Rahmenbedingungen für qualifizierte Mietspiegel gesetzt, die helfen, ausufernde Mieterhöhungen zu begrenzen. Eine Absenkung und Begrenzung der Modernisierungsumlage ermöglichen warmmietenneutrale energetische Sanierungen. Durch niedrige Verbrauchskosten kann die Gesamtmiete auf ein niedrigeres Niveau gebracht werden.
Für Regionen mit einem angespannten Wohnungsmarkt müssen landesgesetzliche Regelungen getroffen werden, die über gesetzliche Änderungen auf Bundesebene ermöglicht werden. Ein kommunales Vorkaufsrecht auf Basis eines Ertragswertes sichert bezahlbare Mieten und unterbindet spekulative Wertsteigerungen, denn der Wohnungsmarkt darf kein Ort für Spekulationen sein.
4. Wer sollte Ihrer Meinung nach der nächste Bundeskanzler, die nächste Kanzlerin werden?
Im Bundestag stellt üblicherweise die größte Fraktion innerhalb einer Koalition die Kanzlerin oder den Kanzler. Mit meinem Wahlkampf möchte ich dazu beitragen, dass die GRÜNEN die Fraktion mit den meisten Abgeordnete einer künftigen Regierungskoalition stellen und somit die Spitzenkandidatin der GRÜNEN, Annalena Baerbock, die nächste Bundeskanzlerin wird.
5. Sind Sie gegen Covid-19 geimpft? Wenn ja, warum und wenn nein, warum nicht?
Im Hinblick auf die Wirkungen und Nebenwirkungen einer Erkrankung an Covid-19 schätze ich das Risiko von Nebenwirkungen einer Impfung sehr viel geringer ein, darum gab es für mich nach Erhalt der Impfangebots kein Zögern. Zudem komme ich als Lehrer täglich mit vielen Menschen in Kontakt. Auch wenn nach einer Impfung eine Ansteckung mit der Krankheit nicht ausgeschlossen ist, so minimiert die Impfung die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung und damit auch die Verbreitung des Virus.
6. Der Zahl der Abgeordneten im neuen Bundestag könnte auf 900 oder mehr ansteigen. Finden Sie das in Ordnung? Und wenn nicht, was sollte man dagegen tun?
Die Rechnung mit über 900 Abgeordneten ist erstmal eine nur rein theoretische Betrachtung, die sich ergibt, wenn die Zahl der über die Erststimme direkt gewonnenen Sitze einer Partei sehr stark von der Sitzverteilung durch die Zweitstimme abweicht und das Missverhältnis über Ausgleichs- und Überhangmandate ausgeglichen wird. Insbesondere die GRÜNEN haben bei dieser Bundestagswahl die Chance, eine Reihe von Direktmandaten zu gewinnen. Damit sinkt auch die Notwendigkeit von Ausgleichs- und Überhangmandaten.
Trotzdem ist es notwendig, das Wahlrecht zu reformieren. Unfair ist allerdings der Reformversuch der noch aktuellen Regierung, der vorsieht, dass die ersten drei Überhangmandate einer Partei nicht durch Ausgleichsmandate ausgeglichen werden. Die Zusammensetzung entspricht dann nicht mehr dem Stimmenanteil nach dem Zweitstimmenergebnis.
Eine wirksame Reduzierung der Sitze im Bundestag erreicht man durch eine Verringerung der Direktmandate und eine der damit verbundenen Vergrößerung der Wahlkreise. Gerade an unserem „geteilten“ Landkreis Neuburg-Schrobenhausen kann man sehen, dass eine Vergrößerung des Wahlkreises durchaus verträglich sein kann. Statt einen Teil des Landkreises dem Wahlkreis 214 zuzuordnen, wäre es sinnvoll, den ganzen Landkreis wieder dem Wahlkreis Ingolstadt zuzuordnen.