LGS-Landschaftsarchitekt Matthias Därr im Interview
Matthias Därr (61 Jahre, verheiratet, 2 Kinder ) ist Landschaftsarchitekt aus Halle an der Saale. Die Landesgartenschau Ingolstadt basiert auf dem Entwurf seines Büros und seit nunmehr 8 Jahren ist er an der Umsetzung maßgeblich beteiligt.
Herr Därr, hier am Nordufer des Landschaftssees fallen einem die großformatigen Wegeplatten aus hellen Betonfertigteilen auf. Manche Besucher haben schon gemeint, hier an einem kleinen Strand zu sitzen.
Matthias Därr: Sie meinen, uns hat ein altes Volkslied über die Saale bei den Planungen inspiriert? Nein, die Saale weist nur an wenigen Stellen ein paar Sanddünen auf. Aber grundsätzlich mag ich dieses helle Beige sehr, da es tatsächlich ja aus der Natur kommt und es auch hier in der Region sehr viel helles Kalkgestein gibt! Ein reines Weiß wäre uns einfach zu viel gewesen.
Wenn Sie von „wir“ sprechen, wer ist damit alles gemeint?
Natürlich unser ganzes Büro! Ich selbst bin Landschaftsarchitekt in der zweiten Generation und unser Sohn Christoph ist auch schon eingestiegen. Auch meine Frau Sigrun hat diesen Beruf gewählt und ist seit unserem Kennenlernen im Studium und der Bürogründung 1990 mit an Bord.
Was war Ihre Motivation, sich der Aufgabe in Ingolstadt zu stellen?
Meine Frau und ich nehmen bereits seit dem Studium an vielen Wettbewerben teil. Es gibt unterschiedliche Arten von Wettbewerben für Landschaftsarchitekten und hier hat uns nach einer Reihe von Parkanlagen und zoologischen Gärten erstmals eine Landesgartenschau gereizt.
Auf welche Aspekte der Daueranlage haben Sie in Ingolstadt Wert gelegt? Was soll langfristig der Parkcharakter sein?
Der neue Park wird geprägt durch seine Lage im zweiten Grünring einerseits und auf der anderen Seite als neues Zentrum eines wachsenden Stadtteils. Diese beiden Dinge überlagern sich: Also viele Bäume und vegetative Strukturen, aber auch großzügige Aufenthaltsbereiche und ein See mit Zentrumsfunktion und der Chance für Veranstaltungen.
Nun ist die Gartenschau ja im Gegensatz zur künftigen Bebauung und ganz anders als sonst früher fertig geworden. Sehen Sie hier Vorteile?
Wir durften vor einigen Jahren in Halle das Gebiet „Heide-Süd“, eine ehemalige Garnison überplanen. Im Zuge der Vermarktung wurde der Bereich mit Fotos des grünen Bestandes beworben. Das ist mittlerweile ein europaweiter Trend, mit grüner Umgebung und strukturgebenden Elementen zu werben, die an die Baufelder andocken.
Die ersten Pflanzungen und Inhalte sind ja schon ein paar Jahre alt. Gibt es Bereiche wo Sie sagen, das ist uns gut gelungen, aber auch Abschnitte die vielleicht ein bisschen anders aussehen könnten?
Planung ist immer ein Prozess, vor allem wenn es wie hier über vier, fünf Jahre geht. Da gewinnt man im Laufe der Zeit immer neue Blickwinkel, ganz klar! Wir haben uns auch aktuell gefragt, ob wir in Sachen Nachhaltigkeit alles gegeben haben. Da könnte man immer noch ein kleines bisschen feilen. Auf der anderen Seite haben wir im künftigen Stadtteilpark eine hohe Frequentierung, hier ist von der Lage her ein städtischer Bereich. Mit den großzügigen Wiesenflächen und der Menge an Bäumen versuchen wir aber, die Natur in die Stadt hereinzuziehen.
Da muss man auch die Relationen sehen: 10% des Gesamtgeländes von 23 ha sind befestigte Bereiche, dafür über 40% Ausgleichsflächen, Rückzugsbereiche für Rebhühner und extensive Wiesen.
Das kommt ein Stück weit aus unserer Arbeitsweise: Die Eingänge sollten intensiv ausgebildet sein, dazwischen die großen freien Wiesen. Das hat auch ökologische Gründe. Menschen und Tiere müssen sich ja diesen Park hier in friedlicher Koexistenz unter Berücksichtigung von Fluchtdistanzen teilen. Im Südbereich war das deutlich leichter als im nördlichen, der ja sehr schmal ist.
Wenn Sie hier inzwischen ja ohne Zeitdruck durch den Park schlendern, gibt es einen Lieblingsplatz?
Genau den, wo wir grade sitzen! Habe ich eben erst entdeckt! Schön schattig und die Sitzgelegenheiten auf den Mauern. Aber auch im Nordteil mit wenigen eigenen Räumen gibt es die Bank ganz oben, wo man die Weite des Geländes erspüren kann.
Das klingt fast nach Schöpfungsgeschichte: „Und er sah, dass es gut war…“
(lacht) Na ja, gut ist es dann, wenn man in einem Park zufriedene Menschen erlebt. Man macht es ja nicht für sich!
Wo sehen Sie den Park in 20 bis 25 Jahren?
Wir hatten das Glück, mit großen Bäumen arbeiten zu können, die man in normalen Anlagen nicht gleich erwarten kann. Bis dahin wird aber z.B. die Beschattung immens zunehmen, gerade unter Beachtung der sich ändernden klimatischen Situation.
Wenn wir jetzt noch schnell von einer Gartenschau herunterzoomen in den Privatgarten: Ein Tipp für unsere Leser?
Unbedingt den Zeitaspekt beachten, den man für den Garten reservieren kann! Helfen können standortgerechte Pflanzen, die ich auch für uns selbst gerade entdeckt habe: orange blühende Escholtzia (Kalifornischer Mohn), die sehr wüchsig sind, leicht kontrolliert werden und schnell Lücken füllen können.
Unser Fazit: Gartenträume sind wichtig, man muss Sie aber auch umsetzen können! Und Kalifornien ist auch eine Reise wert!
IN-direkt Umfrage: Wie soll das LGS Gelände künftig heißen? Schicken Sie Ihre Vorschläge an presse@in-direkt.de
Übrigens: am Montag, 12.7. findet um 18.30 Uhr ein Treffen zur Zukunft des LGS-Geländes statt. Interessierte sind herzlich Willkommen (Treffpunkt Eingang West – nur mit gültiger Eintrittskarte).
Fotos: Linder