Die Kammerspiele in der Endlosschleife?
„Wir wären doch völlig vom Affen gebissen, nach einem neuen Standort zu suchen!“ So äußerte sich Grünen Stadträtin Agnes Krumwiede im Kulturausschuss. Es ging – mal wieder – um die Kammerspiele. Die Standortsuche war eigentlich bereits erledigt, der Stadtrat hatte vor einem Jahr mehrheitlich den Planungsauftrag für den Bau auf dem Gelände hinter dem Museum für Konkrete Kunst erteilt. Aber – wohl auch angesichts der Kostensteigerung beim MKKD und der nicht mehr ganz so rosigen Finanzlage der Stadt – sind die Diskussionen um einen geeigneten Standort erneut entbrannt.
Kulturreferent Gabriel Engert erläuterte im Kulturausschuss, warum es aus Sicht der Verwaltung keinen Spielraum für Übergangslösungen oder einen alternativen Standort gibt. Eine temporäre Ausweichspielstätte würde Millionen kosten, ohne Bleibendes zu hinterlassen. Das gelte besonders für eine Zeltlösung. Und die in den Kosten für die Kammerspiele enthaltenen Kosten für die Werkstätten des Stadttheaters fielen trotzdem an, weil diese auf jeden Fall gebaut werden müssen.
Den Theaterbetrieb still zu legen, sei rechtlich nicht möglich, außerdem müsste das Personal weiter bezahlt werden – ohne Zuschüsse. Außerdem würde das ein Abwandern der Abonnenten bedeuten.
Der Standort Klenzepark sei aus mehreren Gründen problematisch: Die Flächen, die aktuell als Depot für das Armeemuseum genutzt werden, müssten ersetzt werden. Sprich: Die Stadt müsste für den Freistaat ein Depot errichten (Engert schätzte die Kosten auf 6 Mio. Euro). Außerdem stünde die Fläche nicht uneingeschränkt zur Verfügung, weil z.B. Reithalle dem Freistaat gehöre. Hier wäre eine neue Planung notwendig: „Wir haben im Übrigen überall in Ingolstadt Bodenprobleme,“ so Engert. Gerade im Klenzepark müsse man auch damit rechnen, ebenso mit archäologischen Funden. Er sprach sich dafür aus, Planungen im Klenzepark nicht weiter zu verfolgen. Für die Planungen der Kammerspiele sind laut Engert bis jetzt bereits 3 Millionen Euro ausgegeben worden – und das immer mit der Option, über jeden weiteren Planungsabschnitt neu zu entscheiden.
Nicolai Fall, Geschäftsführer der städtischen INKoBau GmbH, erläuterte den derzeit stattfindenden Planungsprozess. Dabei verfüge man über sehr umfangreiche Unterlagen aus der Bauzeit der Theatertiefgarage West, statische Unterlagen, Prüfberichte, Gutachten und Baugrund- und Bauteiluntersuchungen. Dazu kämen aktuelle Untersuchungen und digitale Bestandsaufnahmen, es sei ein Bodengutachten beauftragt worden und man werde Bauteil- und Baugrunduntersuchungen durchführen, so Fall. Zusätzlich würden auch Grundwassermesstellen auswertet und aus all den Daten ein Baugrundmodell erstellt, das der Statiker bekomme. Anschließend werden ergänzende Untersuchungen fest gelegt, deren Ergebnisse wiederum in das Baugrundgutachten einfließen. Er schlägt vor, den Prüfstatiker früh mit einzubeziehen: „Dann haben wir eine Sicherheit und können das Risiko bewerten.“ Mit Blick auf das MKKD meinte er außerdem, man sei, was die Unterlagen betrifft, auf einem ganz andere Niveau.
Im Übrigen habe es schon während des Baus der Tiefgarage die Notwendigkeit gegeben, die Fundamente zu ertüchtigen. Dementsprechend wäre der Bau der Kammerspiele möglich, „sonst wäre es damals auch nicht möglich gewesen.“ Was die Tiefgarage betrifft, würde nur das erste Untergeschoss komplett zurück gebaut: „Wir gehen nur in einen kleinen Bereich des UG 2. Der Bestandsschlitzwand tun wir nichts.“ Es sei aber auch klar, dass eine Ertüchtigung der bestehenden Stützen beachtet werden müsse. Nikolai Fall betonte: „Wir werden bis zum ende des Jahres mit einem Projekt, das baubar ist, in den Stadtrat gehen.“
Manfred Schuhmann (SPD) befürchtete in der anschießenden Diskussion, man manche sich mit einer erneuten Standortdiskussion fast schon lächerlich. Er bat darum, zur Sache zurück zu kehren: „Hören wir auf, jede Woche eine andere Sau durchs Dorf zu treiben.“ Hans Achhammer (CSU) wollte sich vom Thema Klenzepark nicht verabschieden, nannte den aktuellen Standort „unglücklich“ und erklärte, dass die Kostensteigerung beim MKKD hellhörig mache.
„Wenn wir nicht irgendwann ohne Spielstätte da stehen wollen, brauchen wir die Kammersiele,“ betonte Agnes Krumwiede (Grüne). Sie sei sehr dafür, den Prüfingenieur zu einem früheren Zeitpunkt zu bestellen: „Anders als beim MKKD kennen wir den Untergrund. Wir sollten die zugesagten 75 Prozent Zuschuss (auf die förderberechtigten Kosten Anm.d.Red) nutzen. Wir wären doch völlig vom Affen gebissen, nach einem neuen Standort zu suchen.“ Und Parteikollegin Barbara Leiniger meinet: „Wir haben keinen besseren Standort in der Stadt.“
Fred Over (ÖDP) erklärte, er habe das Gefühl, der öffentliche Druck steige von Woche zu Woche: „Die Menschen unterscheiden nicht zwischen MKKD und Kammerspielen. Mir fehlt die klare Kommunikation nach außen.“ Veronika Hagn stellte für die Ausschussgeneinschaft JU/FDP klar, dass man voll hinter dem Projekt und dem Standort stehe: „Bitte beenden wir die Planungen!“ Dagegen meinte Oskar Lipp (AfD), man müsse sich überlegen, ob man sich das leisten könne. Er plädierte für eine Übergangslösung z.B. im Turm Baur (was von Kulturreferent Engert abgelehnt wurde, weil das Gebäude für einen ganzjährig betriebenen Theaterbau ungeeignet sei). Schließlich erklärte Raimund Reibenspieß (FW), die Freien Wähler seien von Anfang an gegen den Standort gewesen.
Im anschließenden Abstimmungsergebnis spiegelten sich die Bedenken nicht wider: Einstimmig wurde dem Vorschlag der Verwaltung zugestimmt, eine Wiederaufnahme von Planungen zum Bau der Kammerspiele im Klenzepark zunächst nicht weiter zu verfolgen. Die Standortüberlegungen der Bezirksausschüsse Südost und Nordwest zur Situierung der Kammerspiele sollen ebenfalls nicht weiterverfolgt werden. Eine endgültige Entscheidung fällt aber erst am 29. Juli im Stadtrat.
Grafik: blauraum Architekten