Digitaler Streik als Alternative zur Piazza demonstranta
„Lasst das Tippen sein, logt euch zum Warnstreik ein“ – nach diesem Motto hat der erste digitale Warnstreik bei Audi stattgefunden. Von 13 bis 15 Uhr wurde die Arbet nieder gelegt. Damit setzte die IG Metall in der aktuellen Tarifverhandlung ein deutliches Zeichen, weiter für ihre Forderungen (u.a. 4 % mehr Entgelt) zu kämpfen. „Seit Dezember verhandeln wir mit den Arbeitgeberverbänden,“ erklärte Jörg Schlagbauer, Vertrauenskörperleiter der IG Metall bei Audi in Ingolstadt, der anstatt einer Ansprache auf der „Piazza demonstranta“ (also der Audi Piazza) nun per Videoschaltung zu den Genossen sprach. Man hätte bislang „nur Provokationen“ von den Arbeitgebern erhalten.
Die Arbeitgeber wollten die Corona Krise ausnutzen und Erreichtes wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld wieder zur Disposition zu stellen. „0,0 ist keine Verhandlungsbasis!“ betonte Schlagbauer. Wenn sich die Arbeitgeber nicht bewegten, dann müssten sich die Mitarbeiter bewegen, um zu kämpfen. Er kritisierte die Haltung der Arbeitgeber: „Wenn Geld für fette Renditezahlungen da ist, muss auch Geld für die da sein, dies diese Rendite erarbeitet haben.“
Johann Horn, Bezirksleiter der IG Metall Bayern, erklärte, dass die Pandemie zu besonderen Formen des Kampfes zwinge. Nach vier Verhandlungsrunden gehe es um Geld und Zukunftsperspektiven, aber auch um den Respekt vor denen, die unter erschwerten Bedingungen ihre Leistung erbracht haben: „Ich ärgere mich fatal, dass die Arbeitgeber diese Leistung überhaupt nicht respektieren,“ so Horn, der diese Tarifverhandlungen im Übrigen für die schwierigsten hält, die er je erlebt hat.
Peter Mosch, Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei Audi, betonte, dass Corona die Kollegen nicht kampfunfähig mache. Man habe verdammt harte eineinhalb Jahre hinter sich. Den „Sonntagsreden“ der Arbeitgeber kann er nichts abgewinnen: „Wir wollen Cash, wir wollen Moneten! Wer hätte nicht mehr Recht auf faire Bezahlung als wir,“ so Mosch. „Ohne uns kein Umsätze beim Bäcker, im Gartencenter oder beim Friseur, wir halten die Wirtschaft am Laufen.“ Die Arbeitgeber sollten sich für ihr Nullrundenangebot in Grund und Boden schämen. Und er betonte: „Wir bleiben in unseren Forderungen hart!“
In einer anschließenden Talkrunde, moderiert von Tamara Hübner (Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Ingolstadt), wurden einzelne Standpunkte erläutert und vertieft. Johann Horn meinte zum aktuellen Verhandlungsstand, dass sich die Arbeitgeber wie immer verhalten würden: „Sie erzählen uns, es geht ihnen schlecht und fühlen sich im Vorteil in der Pandemie.“ Besonders hart treffe es dabei die Kontrakt-Logistiker („Sie stehen mit dem Rücken an der Wand“). Seit Ende der Friedenspflicht waren 80 000 Gewerkschaftsmitglieder im Streik – ein Ende ist nicht in Sicht, außer die Arbeitgeber würden einlenken und ein vernünftiges Verhandlungsergebnis vorlegen.
Peter Mosch betonte die wirtschaftliche Vertretbarkeit der Forderungen und nannte als Argument die steigenden Verkaufszahlen von VW und Audi (hier wurden 31 % mehr Fahrzeuge im Februar 2021 verkauft wie 2020). Es seien dazu wasserdichte Verträge nötig, den mit Handschlag funktioniert das nicht mehr.
Bernhard Stiedl, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ingolstadt, erläuterte die Idee der 4-Tage-Woche als Möglichkeit, Beschäftigung in angeschlagenen Unternehmen zu sichern. Er berichtete, dass sich in Ingolstadt schon 10 000 Kollegen im Warnstreik befunden haben. Das Engagement ist groß: „Es ist eine große Bereitschaft da, um in der Tarifrunde zu einem Ergebnis zu kommen.“
Jörg Schlagbauer erklärte, dass man auch Lösungen für einen 24 Stunden Warnstreik finde, wenn es dazu kommen sollte. Er berichtete von viel Unverständnis für das Verhalten der Arbeitgeber in der Audi Belegschaft und skizzierte einen möglichen Fahrplan für weitere Streikaktionen vor Pfingsten, um nach Pfingsten in die Urabstimmung einzutreten. „Wir werden das aber nur durchziehen
Die neugewählte Vorsitzende der Jugend- und Auszubildendenvertretung, Stefanie Braun, kündigte für den weiteren Verlauf der Tarifbewegung eigene Jugendaktionen an. Für die IG Metall Jugend stehen vor allem die Sicherung der Ausbildungszahlen, eine tarifvertragliche Regelungen für Dual Studierende sowie die unbefristete Übernahmen im Zentrum ihrer Aktionen. Johann Froschmeier, Vertrauensmann der IG Metall bei Audi in Ingolstadt informierte über mobiles, digitales Arbeiten und betonte auch, dass mobiles Arbeiten nicht für alle machbar sei. Schließlich bedankte sich Karola Frank, ehrenamtliches Vorstandsmitglied der IG Metall, für über 3000 Log ins zu diesem Audi Streik: „Es ist die richtige Zeit für unsere Forderungen!“
Titelbild: IG Metall