SPD Neujahrsempfang: Scharpf als Vorbild für Scholz?
Alles anders, alles online: Die Ingolstädter SPD hat ihren Neujahrsempfang ins Netz verlegt. Gesendet wurde aus der Ingolstädter Parteizentrale und anderen Orten: Hans Jürgen Huber (Trompete) und Dr. Franz Hauk (Orgel) meldeten sich zu Beginn musikalisch aus dem Liebfrauenmünster mit der „Fernseh Eurovisions Hymne“ (Prélude aus „Te Deum“ von Marc-Antoine Charpentier). So war der Zuschauer festlich eingestimmt auf eine weltweite Übertragung, der knapp über 100 Zuschauer live folgten. Eine Gebärdendolmetscherin übersetzte die Ansprachen für Gehörlose.
Den Auftakt der Redner machte Christian De Lapuente, Vorsitzender des SPD-Kreisverbands und Fraktionsvorsitzender im Stadtrat: „Gerne hätten wir alle persönlich getroffen und beim Imbiss Gespräche geführt,“ meinte er. Nun aber war Livestream angesagt – mit künstlerischen Komponenten, denn „gerade Kunst- und Kulturschaffende sind derzeit besonders betroffen, daher ist es uns ein Herzensanliegen, diese Branche zu unterstützen.“ Ohne Musik und ohne Unterhaltung wären schließlich auch politische Veranstaltungen nur halb so schön.
Neben Corona war das Ereignis des Jahres 2020 die Oberbürgermeisterwahl in Ingolstadt: „Vor einem Jahr im Orbansaal wollten viele den OB Kandidaten hören und viele politische Mitbewerber haben da noch gewitzelt: da kannt ja jeder kommen,“ so De Lapuente. Durch den Sieg von Christian Scharpf zähle der Satz „das war schon immer so“ nicht mehr, die Bürger wollten ein Miteinander. Und auch die schlimmsten Prognosen, was das Wahlergebnis der Partei anbelangte, seien ausgeblieben. Dennoch sei Luft nach oben, meinte De Lapuente. Er zählte die Themen auf, die von der SPD angepackt und auch umgesetzt worden sind wie etwa der Pflegestützpunkt oder die Wiedereingliederung der Klinikumservicekräfte in den Tarif. Als ein großes Ziel,für 2021 nannte er die Einführung eines Mietspiegels in Ingolstadt und die Mobilitätswende. Außerdem stünden die Neuwahln im Kreisverband an und die SPD wolle eine Straße in Ingolstadt nach Bürgerhilfe-Gründerin Genovefa Miedel benennen. Mit Blick auf Corona und die weg brechenden Steuern lobte er die Maßnahmen, die von den SPD Ministern Olaf Scholz und Hubertus Heil angestoßen wurden und stimmte damit auch auf die Bundestagswahl ein: „Die SPD Ingolstadt wird einen aktiven Bundestagswahlkampf führen,“ versprach er.
In einem Grußwort wurde denn auch Finanzminister und Kanzlerkandidat Olaf Scholz zugeschaltet. „Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass Deutschland einen sozialdemokratischen Kanzler hat,“ meinte der und ergänzte: „Christian Scharpf hat´s vorgemacht. Das zeigt: wir Sozialdemokraten können gewinnen.“
In den Bundestag einziehen möchte Jessica Meier aus Denkendorf. Sie ist die designierte SPD Kandidatin für den Bundestagswahlkreis Ingolstadt und stellte sich den virtuellen Gästen des Veranstaltung vor: „ Ich mache das ehrenamtlich und freiwillig. Ich bin keine Berufspolitikerin,“ erklärte die studierte Architektin, die auch eine Ausbildung als Sozialbetreuerin abgeschlossen hat. Vergangenes Jahr kandidierte sie in Denkendorf für das Bürgermeisteramt: „Das hat meine Begeisterung für Politik geweckt.“ Sie möchte im Bundestag für die Anliegen der Bürger aus der Region kämpfen und skizzierte ihre Schwerpunkte: mehr Geld für die Bildung. Ausbau des ÖPNV, ein würdiges Leben im Alter, ein europäisches Konzept für Einwanderung und ein gutes Miteinander von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften seien ihr wichtig. „Diese Themen sind nichts Neues“, so Meier, “aber mir geht es darum, dass es jemanden gibt, der sich um die Anliegen der Menschen kümmert. Und das möchte ich sein.“
Für eine Kunst-Pause sorgten danach die Stadttheater-Künstler Tobi Hofmann mit einem Bob Marley Song und Sascha Römisch mit dem „Westküsten-Gedicht“ von Christian Morgenstern, bevor Christian Scharpf ans Rednerpult trat.
Der Oberbürgermeister ließ das außergewöhnliche Jahr 2020 Revue passieren, das mit der heißen Wahlkampfphase begonnen hatte und mit seinem Sieg bei der OB-Wahl für Schlagzeilen sorgte. Die SPD in Ingolstadt habe dabei dem negativen Landestrend getrotzt, so Scharpf. Am 16. März sei schließlich durch Markus Söder der Katastrophenfall in Bayern ausgerufen worden – aber wegen Corona und nicht wegen des Wahlergebnisses. Und mit dem 29. März und der gewonnenen Stichwal war die Sensation perfekt. An die sechs Parteien, die ihn unterstützten, richtete er seinen Dank, ebenso an sein Wahlkampfteam: „Dieser historische Erfolg war eine Mutterschaftsleistung, die Wahlkampfstrategie wie aus dem Lehrbuch, Organisation war perfekt.“Sein Vorschlag, die Stadtspitze nach Stärkeverhältnis zu besetzten, war richtig und zu einer Stadtspitze, in der Rot-Grün vertreten ist, meinte er: „Wer hätte das vor einem Jahr gedacht.“ Insgesamt habe sich mit 11 Parteien die politische Arithmetik total verändert.
Er sei stolz auf darauf, was die Menschen in Ingolstadt insbesondere im Gesundheitswesen während der Pandemie geleistet haben und er betonte, dass es trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen keinen Grund zu Panik gebe. Ingolstadt gehöre zu den Städten, die mit am besten aus der Krise kommen werden. Scharpf ging auf die Themen Haushaltskonsolidierung und Investitionen ein und plädierte für eine weitere Steigerung der Attraktivität Ingolstadts, denn die weichen Standortfaktoren würden letztendlich zu harten. Als Erfolg verbuchte der OB die
Einsetzung eines Wirtschaftsreferenten, die Verankerung von Klimaschutz und Umwelt in der Stadtspitze, die intensivere Zusammenarbeit mit den Landräten, den ersten Sportentwicklungsplan, die Rückführung des Veranstaltungsbereichs in das Rathaus, die Schaffung des Pflegestützpunkts und die Tariflösung für die Servicemitarbeiter am Klinikum. Um das Ehrenamt zu stärken, werde er dem Stadtrat die Einrichtung eines staatlich geförderten Zentrums für bürgerschaftliches Engagement vorschlagen. „Schwere Zeiten durchlebt momentan das Heilig-Geist-Spital“, meinte Christian Scharpf. Dem Personal gelte höchste Anerkennung für das schier Unmenschliche, was dort geleistet wird.
Der Oberbürgermeister skizzierte die künftigen Planungen angesichts einer wachsenden Bevölkerung und sprach dazu Themen wie Gewerbeflächenausweisung, Kita- und Schulausbau, Klimaschutz, ÖPNV-Ausbau und die Idee eines regionalen S-Bahn-Systems an. „Es geht viel voran, aber wir haben auch noch viel vor!“ Die Schließung des kaufhof in der Innenstadt habe dazu gezeigt, wie wichtig es sei, das Thema verstärkt anzugehen. Hier verwies er auf die Bürgerbeteiligung und den Runden Tisch.
Eine wichtiges Anliegen von ihm habe sich bereits erfüllt: „Das Klima im Stadtrat sehr gut und kollegial. Man muss dem jeweils anderen zugute halten, dass auch er oder sie das Beste für die Stadt will. Ich hoffe, dass das 2021 so bleibt.“
Abschließend richtete auch er den Blick auf die Bundestagswahl. Ingolstadt habe gezeigt, dass nichts unmöglich sei. „Mein Bauchgefühl sagt mir, die SPD wird mit Olaf Scholz ein gutes Ergebnis erzielen. Er kann der nächste Bundeskanzler werden.“ Und er wünsche sich eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP: „Das werden gute Jahre für Deutschland.“ Persönlich wünscht er sich für 2021 persönliche Begegnungen und dass das soziale Leben wieder zurückkehrt: „Ich bin zuversichtlich, dass wir das durch die Impfungen spätestens in der zweiten Jahreshälfte bekommen werden.“
Die abschließenden Worte des Neujahrsempfangs gehörten der stellvertretenden Kreisvorsitzenden Karoline Schwärzler-Bühli, die allen Mitwirkenden und Organisatoren dankte und die Kraft der Kunst als Nahrung für die Seele hervor hob. Für den musikalischen Ausklang sorgten anschließend Hans Jürgen Huber und Dr. Franz Hauk.
Den Neujahrsempfang der SPD können Sie online auch im Nachhinein unter www.spd-ingolstadt.de verfolgen.