Besuch bei Karl Ettinger: Wie Hasen das Demokratieverständnis fördern
Sie waren „wohl diskutierte Weihnachtsgeschenke“, die drei flauschigen Mitbewohner der Familie Ettinger. Otto wurde aus dem Ingolstädter Tierheim geholt, Betty kam vom Tierschutzverein Eichstätt und Fips war ein Fundhase draußen auf freiem Feld. Papa Karl, Vorstandsvorsitzender des Ingolstädter Tierschutzvereins, hat nicht sofort Ja gesagt, als die Kinder sich einen Hasen wünschten. „Die Gefahr ist groß, sich ein Tier anzuschaffen, dass man dann gar nicht betreuen kann oder mag.“ Und so diskutierte man das Thema in der Familie und legte vorher fest, dass sich auch der Nachwuchs um die Tiere kümmern sollte. Täglich. Allen voran Tochter Lilly. „Man muss regelmäßig den Stall sauber machen, wenigstens jede Woche. Die Hasen brauchen Zuneigung und natürlich auch Futter,“ erklärt Lilly Ettinger. Für die Fütterung ist auch Papa Karl zuständig. Und was knabbern sie denn so, Otto, Fips und Betty?
„Der Faktor Zeit ist bei so einer Entscheidung ganz wichtig. Man sollte die Ernsthaftigkeit des Wunsches prüfen und nach 14 Tagen nachfragen. Und dann nochmal nach 14 Tagen. Ich würde mir wenigstens zwei Monate Zeit geben,“ meint Karl Ettinger. Tiere machen schließlich nicht nur Freude, sie machen vor allem auch Arbeit. Und die bleibt nach der anfänglichen Juhu-wir-haben-ein-Haustier-Euphorie meistens an den Eltern hängen. Diese Erfahrung hat auch der Vorstandsvorsitzende des Tierschutzvereins gemacht. Und immer wieder werden Tiere zurück gegeben, weil man die Arbeit unterschätzt hat. „Im ersten Corona-Lockdown wurde das Tierheim leer gefegt,“ erklärt Ettinger. Die Menschen holten sich reihenweise tierische Begleiter ins Haus. Und kaum waren die Corona-Regeln gelockert, füllte sich das Tierheim wieder – auch mit zurück gegebenen Tieren (ein weiteres Problem waren und sind Katzen, die sich gerade im ländlichen Bereich unkontrolliert vermehren). Nach Weihnachten ist eine weitere „Rückgabe-Welle“ zu befürchten.
Ein neuer, tierischer Mitbewohner kann als Chance für die Familie betrachtet werden: „Ein Tier anzuschaffen ist eine wahnsinnig gute Gelegenheit, den Kindern Kompetenz zu vermitteln,“ meint Karl Ettinger. Es ginge darum, Verantwortung übernehmen, auch wenn das Wetter schlecht ist und man eigentlich Lust auf etwas ganz anderes habe. Selbst die Namensfindung für die Hasen hat im Hause Ettinger fast schon „erzieherischen Wert“ gehabt, denn die Bezeichnungen Otto, Fips und Betty mussten jeweils 100 Prozent Zustimmung im Familienrat erzielen. Da waren Kompromisse, Diskussionen und der geschickte Einsatz des Veto-Rechts gefragt. Demokratietraining mit Stadtrat Ettinger – das funktioniert eben auch mit Haustieren.
Wenn, dann aus dem Tierheim
Für manchen Zeitgenossen sind Haustiere eher Dekoartikel oder Accessoires, die perfekt zum „Nutzer“ passen müssen. Die Leidtragenden sind nicht selten die Tiere, die durch Überzüchtung zu einem Leben mit gesundheitlichen Problemen verdammt sind. „Tiere sind keine Haushaltsgegenstände,“ betont Karl Ettinger. Wenn man nicht ausschließlich sich selbst, sondern auch dem Tier etwas Gutes tun mochte, dann sollte es ein Tier aus dem Tierheim sein. „Es braucht die Bereitschaft, sich auf ein Tier mit all seinen Eigenschaften einzulassen. Wenn Anfragen an uns kommen, weisen immer darauf hin, sich Zeit mit der Entscheidung zu lassen.“ Und jedes Tier verändert sich auch mit der Umgebung, in der es sich befindet. Die Hasen Otto, Fips und Betty waren anfangs sehr scheu und es brauchte Zeit für Mensch und Tier, sich gegenseitig zu vertrauen. Heute sind die drei fester Familienbestandteil, tummeln sich auf der Terrasse, beobachten den Hausherrn beim Holzhacken oder versuchen sich (glücklicherweise vergeblich) aus dem Garten zu graben. Außerdem sie übernehmen gleich mehrere „Jobs“: „Sie sind Laubsauger, Mähroboter und Dünger in einem,“ schmunzelt Karl Ettinger. Dass sie dabei ausschließlich mit Bio-Kraftstoff angetrieben werden, versteht sich von selbst.
Informationen zum Tierschutzverein Ingolstadt finden Sie unter www.tierschutzverein-ingolstadt.de