Ein Aufstieg des eigenen Vereins ist immer etwas Besonderes
Der FC Ingolstadt 04 ist mit dem Sieg in der Relegation gegen Osnabrück zurück in der 2. Bundesliga. Um auch Aspekte neben dem Sportlichen zu beleuchten haben wir uns mit Fanvorstand Martin Bergmaier (28) über seine Funktion, den Aufstieg, die nicht immer einfachen sportliche Zeiten und die Belange und Sicht der Fans beim FC Ingolstadt 04 unterhalten.
Du bist Fanvorstand beim FC Ingolstadt 04. Was machst Du da genau? Wie kann man sich Deine Position und Deine Aufgaben genau vorstellen und wie bist Du Fanvorstand geworden?
Ich sehe mich in erster Linie als unabhängiger Fan-Vertreter, der Interessen der FCI-Fans und -Mitglieder gegenüber dem Verein sowie seinen Organen, Gremien und Mitarbeitern vertritt. Grundsätzlich ist die Rolle relativ frei, was jedem Fanvorstand auch den Raum gibt, eigene Schwerpunkte zu setzen. Für mich ist das vor allem die Möglichkeiten der Mitgestaltung für Fans und Mitglieder weiterzuentwickeln und Projekte der aktiven Fanszene als Schnittstelle zwischen Fans und Verein voranzutreiben.
Hat sich Deine Arbeit durch die Corona Pandemie in irgendeiner Weise verändert? Gab es besondere Herausforderungen?
Fanmeinungen zu vertreten lebt extrem vom Austausch mit möglichst vielen unterschiedlichen Fans. Ein solcher breiter Austausch fällt ohne Zusammenkommen im und ums Stadion leider weg und erschwert oft die Frage nach einem vollumfänglichen Stimmungsbild. Darüber hinaus gehen uns als Fans natürlich ohne Kurvenleben auch Möglichkeiten verloren, Meinungen oder Kritik – beispielsweise am DFB oder der „Super League“ – zu äußern. Und letztlich leidet natürlich auch die Aufmerksamkeit für Fan-Themen innerhalb des Vereins darunter wenn es seit fast anderthalb Jahren keinen echten Stadion-Support gegeben hat. Insofern hat sich für Basti (hauptamtlicher Fanbeauftragter des FC Ingolstadt 04) und mich mit Sicherheit vor allem die Art der Kommunikation mit den Fans sowie die Argumentationsgrundlage für Fan-Themen innerhalb des Vereins geändert.
In der vergangenen Saison konnten aufgrund von Corona nur selten Zuschauer in die Stadien. Welchen Einfluss hatte dies auf die Fans des FCI und wie hat sich das Fan-Sein dadurch geändert? Denkst Du, dass es auch Effekte geben wird, die dauerhaft nachwirken werden?
Konkrete Auswirkungen der Pandemie auf die Fan-Landschaft werden wir – nicht nur in Ingolstadt – erst sehen, wenn der Stadionbesuch wieder ohne Einschränkungen möglich ist. Wir haben es in Ingolstadt zumindest geschafft eine gute Vernetzung über die Fanclubs hinweg aufrechtzuhalten, was sich insbesondere in einem überwältigenden Support im Saisonendspurt mit mehreren gemeinsamen Aktionen widergespiegelt hat. Darüber hinaus konnte die Fanszene die Zeit nutzen und die Arbeiten am Fan-Container hinter der Südtribüne als Anlaufpunkt bei Heimspielen voranzutreiben. Insofern ist natürlich das Ziel dieses gute „virtuelle“ Miteinander aus der Corona-Zeit mitzunehmen und darauf mit dieser neuen Möglichkeit des „realen“ Austauschs zwischen verschiedenen Fans aufzubauen.
In der Geschichte des FC Ingolstadt 04 ging es ja sportlich immer mal wieder auf und ab und neben den zwei Jahren in der 1. Bundesliga gab es nun auch wieder die Zeit in der 3. Liga. Wie hat sich die Fanszene über all die Jahre entwickelt und vielleicht auch verändert?
Sichtbar ist die Liga-Zugehörigkeit natürlich unmittelbar über den Zuschauerschnitt. Die Auswirkungen auf die aktive Fanszene sind hingegen eher träge und weniger extrem. Natürlich war ein gewisser Zulauf durch die Bundesliga-Saisons nicht zu leugnen, prägender würde ich aber in den letzten zwei bis drei Jahren einen ersten Generationenwechsel innerhalb der Fanszene sehen, mit dem sich auch die Aktivität einiger Gruppen verändert hat.
Kommen wir zum Sportlichen: Der Aufstieg des FC Ingolstadt 04 in die 2. Liga ist nun schon wieder ein paar Tage her, bist Du noch in Feierlaune oder ist der normale Alltag zwischen den Spielzeiten inzwischen wieder eingekehrt?
Ein Aufstieg des eigenen Vereins ist immer etwas Besonderes, gerade nach den unglücklichen Verläufen der letzten Jahre. Umso schöner wäre es gewesen, wäre dieser Erfolg in vollen Stadien ohne Pandemie-Sorgen für alle zu begleiten gewesen. Nichtsdestotrotz hält die gute Laune definitiv noch an, denn auch wenn der Aufstieg das erklärte Ziel war, ist es keine Selbstverständlichkeit sondern ein großer Erfolg, dass der FC Ingolstadt in der zweiten Bundesliga – gerade mit dieser Besetzung – spielen darf.
Danach wurde natürlich ausgiebig gefeiert. Leider nicht immer unter Einhaltung der aktuellen Corona Vorgaben, was besonders bei Außenstehenden teilweise nicht so gut ankam. Kannst die Stimmung und den Gefühlszustand beschreiben, nach dem der Aufstieg klar war bei Dir und auch den anderen Fans, die Du erlebt hast, erzählen und erklären was in einem Fan in solchen Momenten wie diesem Aufstieg vorgeht?
Ich bin mir nicht sicher, ob man in diesem Thema eine wirklich zufriedenstellende Antwort geben kann. Zunächst einmal möchte ich betonen, dass über die gesamte Pandemie hinweg das Verhalten der Fans sehr vorbildlich war und sogar in der ersten Welle Hilfen für Risikogruppen organisiert wurden. Dass es nach einer solch emotionalen Relegation zu einzelnen Nachlässigkeiten im Umgang mit den Corona-Vorschriften gekommen ist, kann man nicht leugnen und ich kann jeden Außenstehenden verstehen, der dadurch verärgert wurde.
Nun steht also die „Beste 2. Liga“ aller Zeiten vor der Tür und Ingolstadt ist dabei. Wie sieht Dein Ausblick auf die neue Saison aus: An welche Aspekte besonders für Dich und die Ingolstädter Fans denkst Du schon jetzt?
Die neue Saison wird hoffentlich im Zeichen der Fan-Rückkehr in die Stadien stehen. Wie lange es dauert bis wir von Übergangsszenarien mit reduzierten Kontingenten und Abständen zu vollen Kurven, Gästefans und ohne personalisierte Tickets zurückkehren können, lässt sich leider noch immer schwer sagen. Die große Hoffnung ist aber in jedem Fall wieder mehr Spiele gemeinsam im Stadion zu sehen und den schon erwähnten Fan-Container endlich einweihen zu können.
Ist schon bekannt wie viele Dauerkarten es geben wird und ob Zuschauer die Spiele wieder im Stadion verfolgen werden können?
Noch steht nicht fest, wie viele Zuschauer beim Saisonstart im Stadion dabei sein können. Dennoch wird sowohl jede*r bestehende Dauerkarteninhaber*in als auch solche die es werden wollen, auch eine Dauerkarte bekommen. Entsprechende Neuanmeldungen werden vom Ticketing bereits über eine Warteliste entgegengenommen.
In den letzten Tagen kam auch die Nachricht, dass der Deutsche Fußball Bund (DFB) nun nach längerem Hin- und Her das Fanprojekt für Ingolstadt genehmigt hat und es damit im September losgehen wird. Was genau hat es damit auf sich und welche Bedeutung hat das Fanprojekt für die Fanszene des FC Ingolstadt?
Bei Fanprojekten handelt es sich um eine von Stadt, Bundesland und Verband geförderte Einrichtung die sozialpädagogische Jugendarbeit im Fußball-Umfeld leistet. Durch die Unabhängigkeit des Trägers wird die Arbeit des vom Verein angestellten Fanbeauftragten perfekt ergänzt. Wir erhoffen uns durch das Ingolstädter Fanprojekt vor allem eine Stärkung der Fan- und Jugendkultur, die Förderung demokratischer Strukturen, vielschichtige Präventionsarbeit und individuelle Hilfestellungen für junge Fans.
Foto: FC Ingolstadt 04