Titelthema: Mit Heiterkeit, Jubel und Humor
Auch wenn Ingolstadt weit davon entfernt ist, eine Faschingshochburg zu sein, wird am 11. November auch in Ingolstadt die fünfte Jahreszeit aufgerufen. Aus der Chronik geht hervor, dass bereits 1935 die ersten Faschingsveranstaltungen unter der Regie der damaligen Faschingsgesellschaft „Narr-Ingoldia“ gefeiert wurden. Eine weitere Erwähnung findet sich erst im Jahre 1948. Es dauerte dann sieben Jahre, bis am 27. Oktober 1955 die aktuelle Ingolstädter Faschingsgesellschaft feierlich gegründet wurde. Ein passender Name war schnell gefunden. Ingolstädter leben in einer ehemaligen Garnisonstadt, die es verstand, sich gegen feindliche Übergriffe sehr gut zu verschanzen. Daher werden sie auch Schanzer genannt. Das lateinische Wort für Schanz ist Wallum, setzt man Narren davor, kommt man auf Narrwalla.
In der Faschingssaison 1956 hatte das erste Faschingsprinzenpaar Traudl Dietmar und Hans Riebel ihr Debüt. Die damalige Faschingsprinzessin, die ihren Faschingsprinzen geheiratet hat, Traudl Riebel, kann man noch heute manchmal beim jährlichen Krönungsball der Narrwalla antreffen. Im Laufe der Zeit gaben sich einige prominente Persönlichkeiten Ingolstadts die Ehre, das Faschingsprinzenpaar zu stellen. Eine davon war zum Beispiel die Unternehmerin Veronika Peters. Bemerkenswert ist auch die enge Beziehung der Ingolstädter Faschingsgesellschaft zu der ansässigen Lebenshilfe, zu der sie seit Jahren gute Kontakte pflegt. Die jährlichen Auftritte der Narrwalla in der Lebenshilfe sind inzwischen als fester Bestandteil im Veranstaltungskalender verzeichnet, was für beide Seiten ein absolutes Highlight darstellt.
Am 11. November um 11.11 Uhr wird die närrische Jahreszeit eingeläutet. Dieser exakte Zeitpunkt geht auf das 19. Jahrhundert zurück: man bezeichnete jeden als Narr, der die Zehn Gebote übertrat. Daher der Auftakt zur närrischen Zeit.
Den Vorläufer des fröhlichen Mummenschanzes findet man bereits vor 5.000 Jahren in Mesopotamien. Eine altbabylonische Schrift bekundet, dass unter dem Priesterkönig Gudea ein siebentägiges Fest gefeiert wurde. An diesen Tagen war die Sklavin der Herrin gleichgestellt und die Niederen wurden wie die Mächtigen geachtet. Das Gleichheitsprinzip ist bis heute ein wesentliches Merkmal der närrischen Tage.
Fasching und Kirche
Die kunterbunte fünfte Jahreszeit zwischen Winter und Frühling hat je nach Region verschiedene Bräuche und viele unterschiedliche Namen wie Karneval, Fasching, Fastnacht.
Fastnacht ist eine der ältestes Bezeichnungen und deutet darauf hin, dass es ursprünglich eigentlich um einen einzigen Abend/Nacht ging. Währende der 40 Tage dauernden Fastenzeit vor Ostern waren Lebensmittel wie Fleisch, Eier, Milch, Zucker und Fett streng verboten. Damit diese nicht verdarben, sollten sie noch bei einem Schmaus verbraucht werden. Daher auch der Ursprung von Krapfen, die es seinerzeit traditionell nur im Fasching gab.
Auch das Wort „Karneval“ deutet auf den Ursprung der Fastenzeit hin: carne vale, was so viel wie „Fleisch – lebe wohl!“ heißt.
Der Kirche war das ungezügelte Treiben ein Dorn im Auge. Sie sah in der sexuellen Ausschweifung und den Besäufnissen eine „civitas diaboli“ (Herrschaft des Teufels). Allerdings erkannte sie in der widergöttlichen Zeit auch die Ventilfunktion und nahm daher die närrischen Tage hin, nicht zuletzt weil sie davon ausging, dass dadurch der anschließende Verzicht und Fastenzeit leichter fiel. Anders Martin Luther, der überzeugt war, dass die Menschen das ganze Jahr über Gott gefällig leben sollten, so dass in den evangelischen Gegenden das bunte Treiben zeitweise gänzlich erlosch.
Verkehrte Welt
Der Weiberfasching am Donnerstag stellt den Auftakt der närrischen Hoch-Zeit dar. Der Ursprung findet sich in Köln im 18. Jahrhundert. An diesem Tag rissen sich die Frauen mittags ihre Hauben vom Kopf, so dass sie nicht mehr „unter der Haube“ waren und sich daher einige Freiheiten erlaubten. Da die Frauen ansonsten den Männern das ganze Jahr über untergeordnet waren und sie sich quasi an diesem Tag die Macht an sich rissen, wurde der Tag auch „verkehrte Welt“ genannt. Noch heute findet sich in dem Brauch, dass den Männern an Weiberfasching die Krawatte abgeschnitten wird, ein Relikt der Entmachtung. (HaGa)
Kommentar
Freude an Faschingsfesten kommt in Ingolstadt zu kurz
Kommentar von Lydia Halbhuber-Gassner
In Ingolstadt gab es zahlreiche bunte Faschingsfeste wie den „Karneval in Rio“, „Fechterball“ oder „Stadt und Künstlerball“, um nur einige zu nennen. Egal ob im Stadttheater, Schlosskeller oder im Hotel Rappensberger – von diesen vielen legendären Festen schwärmt noch heute manch Einer. Trotzdem wurden sie von eleganten Schwarz-Weiß-Bällen verdrängt. In Februar 2018 wagte die Bürgergemeinschaft Ingolstadt einen Vorstoß und lud zu einem Maskenball ins Kolpinghaus ein. Die ausverkaufte Veranstaltung mit vielen Maskierten zeigte ganz klar: Die Menschen haben nach wie vor Freude am ausgelassenen Feiern in fröhlicher Verkleidung. Daher wäre es toll, wenn wieder jemand den Mut aufbringen und zu einem Maskenball einladen würde.
Bereits in den Höhlenmalereien konnte man erkennen, dass es wohl in der Natur der Menschen liegt, sich zwischendurch hinter einer Maske zu verstecken und mit seinem Alter Ego zu spielen.
Bildinformationen
- lustige-clowns-im-urlaub-zeigen-ihre-guten-gefuehle: elinapopova/Freepik