Wenn der Stadtrat zum Waldrat wird
„Stabilität ist das A und O!“ erklärte Forstamtsleiter Hubert Krenzler seinen „Gästen“ im Neuhau, dem städtischen Waldgebiet, das nicht im Stadtgebiet liegt, sondern 13 Kilometer nördlich von Ingolstadt. Dorthin begaben sich u.a. 17 Stadträte und Vertreter des Bund Naturschutz, um im Rahmen der alljährlichen Waldbegehung (dieses Jahr ohne Bürgermeister Beteiligung) einen Einblick in die Herausforderungen zu bekommen, denen sich das Forstamt zu stellen hat. Anlass war die aktuelle Forstinventur im Neuhau, nachdem zuletzt vor 20 Jahren eine solche vorgenommen worden war.
Die Stabilität des Waldes – sie ist angesichts des Klimawandels mit all seinen Folgen für die Flora wichtiger denn je. Und erreicht wird sie durch Vielfalt. „Wir kommen vom Fichtenreinbestand,“ erklärte Forstamtsleiter Krenzler. Im Jahr 2000 waren es noch 80 Prozent Fichtenbestand, aktuell sind es 62 Prozent. Nach und nach wird der Wald nun mit stabileren Nadelbäumen und Laubbäumen durchmischt, etwa der Elsbeere, um den Wald für die Zukunft fit und widerstandsfähig zu machen. Dass dieser Widerstand dringend nötig ist, zeigen die vergangenen 20 Jahre: „Es war keine reguläre Bewirtschaftung möglich,“ so Krenzler. Dazu zählte er die Naturereignisse auf, die dem Neuhau zugesetzt hatten: 2003 ein Jahrhundertsommer mit Dürre und Borkenkäferbefall, 2004 ein schwerer Gewittersturm, der in den Folgejahren einen Borkenkäferbefall verursachte, 2007 Sturm Kyrill, 2011 ein weiterer Gewittersturm und 2015 der Orkan Niklas, ein Gewittersturm im Sommer und ab August erneut Probleme mit dem Borkenkäfer. Der war dann auch in den vergangenen zwei Jahren sehr aktiv, weil es außerordentlich trocken war. Und selbst Baumsorten, die man für widerstandsfähig gehalten hat, seien aktuell gefährdet: „Eigentlich dachten wir, dass die Esche der ideale Baum für den Klimawandel wäre,“ so Krenzler. Aber auch hier hätten Schädlinge seit 2008 zunehmend Bäume angegriffen und zu Fall gebracht. Gerade für den Auwald sieht er hier kaum Perspektiven: „Dort haben wir 20 Prozent Eschen, die wir unter Umständen verlieren werden.“
Und so lauschten Christian De Lapuente, Manfred Schuhmann, Veronika Peters und Quirin Witty (SPD), Hans Stachel, Angela Mayr, Klaus Böttcher und Raimund Reibenspieß (FW), Raimund Köstler und Fred Over (ÖDP), Jürgen Köhler (UDI), Jochen Semle (Grüne), Christian Lange und Georg Niedermeier (BGI), Jakob Schäuble und Karl Ettinger (FDP) sowie Baureferent Alexander Ring (berufsmäßiger Stadtrat) den Ausführungen Krenzlers, der den Neuhau wohl wie kein anderer kennt.
Der Neuhau – ein einzigartiges Stück Natur
„Es ist ein absoluter Flickenteppich,“ so beschreibt Hubert Krenzler den Neuhau. Das hat jetzt nichts mit der Flora zu tun, sondern mit den Besitzverhältnissen. Historisch bedingt gibt es dort über 1000 Grundstücke. Ursprünglich hatte Herzog Ludwig der Brandenburger der Stadt Ingolstadt im Jahr 1357 den Wald (1142 ha) überlassen – und zwar „zum ewigen und unbeschränkten Eigentum“. 1802 war die Stadt allerdings in schwersten finanziellen Nöten und so wurde der Neuhau in 1882 Parzellen eingeteilt und an Bürger verlost. Allerdings wurde der Wald durch die Bürger in kürzester Zeit ruiniert, so Krenzler. Und so kaufte die Stadt ab 1821 nach und nach Parzellen zurück. Bis heute hat sie 986 Neuhauteile (ehem. Losteile) mit 632,1 ha Fläche erworben. Dazu kommen weitere Flächen in benachbarten Gemeinden.