Gewalt gegenüber Polizisten auch in Ingolstadt angestiegen
Die Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord nahm im vergangenen Jahr deutlich zu und erreichte mit insgesamt 727 gemeldeten Fällen ihren Höchststand in der Jahresstatistik seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2010. Das teilt das Polizeipräsidium Oberbayern mit. Weiter heißt es:
Nachdem im Vorjahr für 2018 ein erkennbarer Rückgang der Delikte zu verzeichnen war, stieg die Anzahl der Gewa-Pol-Delikte für 2019 um 20,4 Prozent (124 Fälle) an. So wurden rund ein Drittel mehr Beamtinnen und Beamte (+30,2 %, 422 Fälle) in Ausübung ihres Dienstes angegriffen. Besorgniserregend ist hierbei auch der Anstieg der Zahl der Verletzten, der mit 95 Beamtinnen und Beamte zu Buche schlug. Verzeichnete das Polizeipräsidium Oberbayern Nord im Jahr 2018 noch 203 verletzte Beamte, so waren es im Jahr 2019 insgesamt 298 Beamte.
Glücklicherweise kam es im vergangenen Jahr zu keinen schweren Körperverletzungen oder gar Tötungsdelikten. Auch die Zahl der gefährlichen Körperverletzungen stieg nur geringfügig um einen Fall. Zugenommen haben allerdings Fälle des tätlichen Angriffs (+12 Fälle), der einfachen Körperverletzung (+24 Fälle) und die des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ohne Körperverletzung (+41 Fälle). Ein Drittel aller registrierten Fälle machten Beleidigungen aus.
Auffällig ist hierbei, dass die Anzahl der angezeigten Beleidigungen gegenteilig zum bayernweiten Trend abgenommen und dafür der Anteil an schwerwiegenden Delikte im vergangenen Jahr zugenommen haben.
21 Angehörige der Dienststellen des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord waren nach Gewa-Pol-Delikten im Jahr 2019 dienstunfähig, fünf mehr als im Vorjahr.
Die Hälfte aller Delikte ereigneten sich im öffentlichen Raum. 18 % der Taten geschahen in Wohnungen und privaten Grundstücken. In 11 Prozent der Fälle erfolgte der Angriff in Polizeidienststellen, nur in zwei Prozent beispielsweise in Diskotheken und Gaststätten.
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 637 Tatverdächtige ermittelt. 86,8 Prozent davon waren Männer. Dabei standen fast zwei Drittel aller Tatverdächtigen (63,1 Prozent) bei ihrer Tatausübung unter Alkohol- oder Drogeneinfluss. Auffallend stark sind Heranwachsende (12,2 %) repräsentiert, hinzu kommt die Zahl der jugendlichen Tatverdächtigen (9,7%), die von 30 auf 48 zunahm.
Einen regionalen Deliktsschwerpunkt bilden weiterhin die Großstädte und damit Ingolstadt für den Norden Oberbayerns. Betrachtet man hier die Häufigkeitszahl, also die Anzahl der Delikte bezogen auf 100.000 Einwohner, zeigt sich eine weit über dem Durchschnitt liegende Deliktsbelastung. Auch wenn in Ingolstadt im vergangenen Jahr die Anzahl der Gesamtdelikte um nur drei Fälle (von 123 auf 126 Fälle) sehr moderat anstieg, so erhöhte sich die Zahl der Körperverletzungsdelikte, der tätlichen Angriffe auf Polizeibeamte und Widerstandshandlungen um 13 Fälle. Damit hat sich die Deliktsqualität signifikant verändert.
Die Häufigkeitszahl in Ingolstadt ist um einen Punkt auf 92 Taten je 100 000 Einwohner gestiegen. Wie im vergangenen Jahr liegt Ingolstadt damit zusammen mit Nürnberg auf dem dritten Platz der bayerischen Großstädte.
Einen neuen statistischen Schwerpunkt mit insgesamt 47 gemeldeten Fällen verzeichnete der Flughafen München. Diese Entwicklung ist größtenteils im Zusammenhang mit der Rückführung von abgelehnten Asylsuchenden begründet.
Eine bislang einmalige Eskalation einer Einsatzlage ergab sich in Starnberg im Zusammenhang mit einer Schulabschlussfeier. Nach der Gewahrsamnahme eines stark alkoholisierten randalierenden Jugendlichen folgten rund 50 Jugendliche den Beamten zur benachbarten Polizeiinspektion. Vor der Wache versuchten sie diese zu stürmen und den Jugendlichen aus dem Gewahrsam zu befreien. Die Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck ermittelte u. a. wegen Landfriedensbruches. Die Staatsanwaltschaft München II erhob inzwischen Anklage.
Aus Sicht des Polizeipräsidenten Günther Gietl belegt das aktuelle Lagebild die zunehmende Gewaltbereitschaft gegen Einsatzkräfte in Uniform. Betroffen von den Angriffen waren fast ausschließlich Beamtinnen und Beamte des Wach- und Streifendienstes. Über 60 Prozent der Angreifer stehen unter Drogen- und Alkoholeinfluss, wodurch die Hemmschwelle zum Übergriff ganz offensichtlich erheblich sinkt.
Foto: Bayerische Polizei