20 Jahre Straßenambulanz St. Franziskus in Ingolstadt – ein Sommerfest mit Herz und Geschichte
Bei seiner Führung sprudelte Bruder Martin nur so über. Er erzählte von Anfangsgeschichten, von Erfahrungen, von Gefühlen und vom Miteinander, das die Straßenambulanz St. Franziskus seit zwei Jahrzehnten prägt.
Mal nachdenklich, mal mit einem Schmunzeln, berichtete er, wie alles begann:
Vor 35 Jahren gründete er in Nürnberg die zweite Straßenambulanz Deutschlands. Bruder Martin ist ausgebildeter Krankenpfleger mit Zusatzausbildungen im medizinischen Bereich sowie in der Psychiatrie – eine Qualifikation, die für seine Arbeit bis heute unverzichtbar ist.
Vor 20 Jahren brachte er die Idee nach Ingolstadt. Damals hieß es von vielen Seiten: „Wir haben hier keine Probleme mit Alkohol- oder Drogen“. Doch Bruder Martin sah den Bedarf – und kämpfte unbeirrt weiter.
Heute umfasst die Straßenambulanz mehrere Stockwerke mit Küchen und Zimmern. Sie ist eine wichtige Anlaufstelle für bis zu 80 Menschen täglich – darunter rund 30 % Frauen, überwiegend im Alter von 18 bis 35 Jahren. Viele Besucher kämpfen mit psychischen Problemen, Sucht, Wohnungslosigkeit oder Altersarmut.
Im Tagestreff gibt es morgens ein gesundes Frühstück, die Gäste können duschen, ihre Wäsche waschen lassen und erhalten medizinische Versorgung. Ein besonderer Ort ist der Meditationsraum, in dem Abendgebete stattfinden und ein Lebensbaum steht. An ihm hängen grüne Herzen mit den Namen verstorbener Besucher – ein stilles Zeichen des Erinnerns, dass niemand vergessen wird.
Bruder Martin leitet die Ambulanz gemeinsam mit Oli, einem Ergotherapeuten. Zusammen „schmeißen sie den ganzen Laden“ – unterstützt von Praktikanten, Ehrenamtlichen, Ärzten und dem Klinikum.
Klare Regeln gelten von Anfang an: kein Alkohol, keine Drogen, Respekt und ein „Bitte“ und „Danke“. „Es spielt keine Rolle, aus welchem Land jemand kommt oder welche Religion er hat“, betont Bruder Martin.
Auch Lebensfreude hat hier ihren festen Platz: Fernseher sind längst nebensächlich, stattdessen werden Brettspiele gespielt. Die Barber Angels schneiden vier- bis fünfmal im Jahr kostenlos Haare, eine Optikerin macht Sehtests, ein Schuldnerberater kommt wöchentlich, und die Studentenbewegung aus der Dollstraße kocht einmal pro Woche ehrenamtlich.
Sogar eine Notunterkunft (365 Tage im Jahr geöffnet) gehört inzwischen dazu, ebenso wie ein Arbeitsprojekt, das Menschen schrittweise zurück in den Job führt.
Und auch die Villa Chiara in Offenbau bei Thalmässing ist eng mit der Straßenambulanz verbunden. Sie bietet Menschen einen Ort, um wieder Fuß zu fassen – und wer sie besucht, spürt sofort, wie viel Herzblut darin steckt. Ebenso wichtig ist das offene Café, das jeden letzten Sonntag im Monat stattfindet, gut besucht ist und jedem offensteht.
Durch den Jubiläumstag führte souverän die Jubiläumspolizei. Mit Charme, guter Laune und einer Portion Humor begleiteten sie die Gäste vom ersten bis zum letzten Programmpunkt. Für musikalische Stimmung sorgte die Band „Die Haberer“, die den ganzen Tag über für gute Laune sorgte. Und auch das leibliche Wohl kam nicht zu kurz – selbstgebackene Kuchen und frischer Kaffee machten das Fest zu einem Ort, an dem man sich einfach wohlfühlen musste. Und für den größeren Hunger gab es knusprige, frisch gegrillte Hähnchen.


Mit einem Augenzwinkern erzählt Bruder Martin: „Irgendwann habe ich angefangen, Tiramisu zu machen – und jetzt muss ich das ständig machen.“
Und wenn man ihn fragt, was er sich für die Zukunft wünscht, antwortet er ohne Zögern:
„Mehr Akzeptanz in der Gesellschaft. Denn Obdachlose sind immer noch eine Randgruppe. Und ich wünsche mir dringend einen ausgebildeten Krankenpfleger an meiner Seite – dann könnten wir hier noch so viel mehr stemmen.“
Sein Leitsatz aber bleibt immer derselbe:
„Alle sind eingeladen, am Tisch des Herrn“.
Mein Fazit:
Hut ab vor so viel Engagement! Wer die Straßenambulanz betritt, spürt in jedem Raum, wie viel Liebe im Detail steckt. Und jedes Mal, wenn ich Bruder Martin treffe, erlebe ich ihn als humorvollen Menschen, der den Menschen stets mit einem Lächeln begegnet. Jeder sollte bedenken: Das Leben kann jeden treffen – und dann ist man froh, dass es Menschen wie Bruder Martin gibt. Danke für alles – und hoffentlich bleibt er uns noch lange erhalten.
Mehr Infos: https://strassenambulanz-ingolstadt.de/hp1/Startseite.htm