OB Scharpf: Von einer „Abschaffung“ des Umweltreferats kann keine Rede sein
In einer ausführlichen, persönlichen Erklärung nimmt Oberbürgermeister Christian Scharpf Stellung zur Diskussion um die künftige Struktur für das Thema Umwelt in der Ingolstädter Stadtverwaltung. Dazu teilt er folgendes mit:
Ich werde dieser Tage gefragt: Warum wird das Umweltreferat „abgeschafft“? Warum soll Referent Dr. Ebner seinen Hut nehmen?
Von einer „Abschaffung“ des Umweltreferats kann keine Rede sein. Das Thema soll im Gegenteil gestärkt werden. Die reguläre Amtszeit des Referenten Dr. Ebner (66), der in der Corona-Krise einen guten Job gemacht hat, endet im August 2020. Wir haben mit Petra Kleine eine neue Umweltbürgermeisterin, die als 3. Bürgermeisterin nicht mehr bloß ehrenamtlich, sondern hauptamtlich tätig ist. Diese Tatsachen und auch das nicht ganz ungetrübte Verhältnis zwischen den beiden – das muss ich an der Stelle ansprechen – haben mir Anlass zu neuen Strukturüberlegungen gegeben. Diese Überlegungen stammen nicht von den Grünen, die ich an der Stelle in Schutz nehme, sondern von mir selbst.
Selbstverständlich haben ich und andere zuvor bei Vertretern anderer Parteien hineingehört und da hat sich für mich ganz überwiegend das deutliche Signal ergeben, die Amtszeit von Herrn Dr. Ebner nicht zu verlängern, was rechtlich möglich wäre, weil er erst Ende des Jahres die gesetzliche Altersgrenze von 67 erreicht. Zitate von Vertretern anderer Parteien, die sich jetzt öffentlich plötzlich – aus taktischen oder welchen Gründen auch immer – in eine andere Richtung äußern als in der Vergangenheit erspare ich uns allen lieber.
- Der Vorschlag:
Umwelt als starke strategische Querschnittseinheit bei der Stadtspitze
Im jetzigen Referat VIII „Gesundheit, Klimaschutz, Umwelt“ befinden sich das Umweltamt, das Forstamt und das Gesundheitsamt. Dazu gibt es für die Referatsspitze einen Referatsbeamten, eine Sachbearbeitung und ein Geschäftszimmer.
Bis auf das Gesundheitsamt soll die komplette Struktur dem Geschäftsbereich der Umweltbürgermeisterin, also Frau Bürgermeisterin Petra Kleine, zugeordnet und unterstellt werden. Es geht keine einzige Stelle im Bereich Umwelt verloren. Im Gegenteil: Bei der Umweltbürgermeisterin soll zusätzlich die neue Stelle eines/r Klimamanagers/in besetzt und angesiedelt werden, die bereits in der alten Amtsperiode beschlossen worden war. Umwelt und Klimaschutz sind Querschnittsthemen, die viele Politikbereiche betreffen. Es geht nicht bloß um Umweltverwaltung, sondern um eine strategische Positionierung der Themen Umwelt und Klimaschutz. Eine verantwortliche Bürgermeisterin hat als Mitglied der Stadtspitze mehr Gewicht, diesen Querschnittsthemen Gehör zu verschaffen, als ein Referent, der nur einer von acht ist. Es macht deshalb Sinn, wenn sich die Bürgermeisterin persönlich um diesen Politikbereich kümmert und selber die Anträge im Stadtrat stellt, was die Bedeutung des Themas deutlich heraushebt. Für den Bereich Umwelt ist das ein Novum. Kein anderes Politikfeld in Ingolstadt hat es aktuell in die direkte Verantwortlichkeit der Stadtspitze geschafft.
Leider hat sich die Diskussion der vergangenen Tage verkürzt auf die Schlagworte „Ebner weg“, „Umweltreferat weg“. Die Chancen, die sich mit einer starken strategischen Umweltquerschnittseinheit bei der Stadtspitze ergeben wurden bislang überhaupt nicht diskutiert. Die Kommunikation mag in der zu Ende gehenden Woche nicht optimal gelaufen sein, aber in der Sache ist es nach meiner Auffassung der richtige Ansatz zur Stärkung des Umweltthemas.
- Neuausschreibung der Referentenstelle
Die Alternative ist: Wir werten die Themen Klimaschutz und Umwelt als strategische Querschnittseinheit in der Stadtspitze nicht auf. Es bleibt ein Thema unter vielen Referaten in der Stadtverwaltung. Wir schreiben die Stelle des Umweltreferenten in der Gehaltsstufe B3 mit monatlich brutto 8.300 Euro neu aus. Daneben haben wir eine hauptamtliche 3. Bürgermeisterin ohne direkt unterstellten Geschäftsbereich, die deutlich mehr Gehalt bezieht als es die ehrenamtlichen 3. Bürgermeister vor ihr erhalten haben. Die Umweltbürgermeisterin kümmert sich zwar um das Thema, kann es aber von der Stadtspitze aus nicht direkt verantworten, da dann ein Referent / eine Referentin im Stadtrat antragsberechtigt ist und nicht die Bürgermeisterin. Wenn die Mehrheit des Stadtrats diesen Weg gehen will kann ich mit dieser Lösung leben, halte sie aber angesichts der neuen Konstellation und der Bedeutung des Themas Umwelt nicht für richtig.
- Kritik an den Kritikern
Einige haben die Hauptamtlichkeit der Position des 3. Bürgermeisters stark kritisiert und gefordert, dass die für Umwelt zuständige neue Bürgermeisterin dann auch mehr Verantwortung tragen müsse. Dieser Forderung wird mit der neuen Struktur Rechnung getragen. Es ist schon bemerkenswert, dass jetzt ausgerechnet diejenigen am lautesten schreien und einen Referentenposten fordern, die die Forderung nach mehr Verantwortung für die 3. BMin zuvor selbst erhoben haben. Jetzt geht scheinbar beides: Hauptamtliche 3. Bürgermeisterin ohne mehr Verantwortung und zusätzlich ein teurer Referent. Diese Haltung ist – vorsichtig ausgedrückt – nicht stringent.
- Vorschlag zum Gesundheitsamt
Das Gesundheitsamt soll ins Rechtsreferat oder ins Sozialreferat überführt werden.
Verwaltungsintern wird gerade geprüft, welche Lösung strukturell mehr Sinn macht und dann dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt.
Unabhängig von der geplanten Konzentration der Umweltthemen bei der 3. Bürgermeisterin müsste das Gesundheitsamt auch bei einem Verbleib Herrn Dr. Ebners im Amt in ein anderes Referat wechseln. Zwischen dem Referenten einerseits und der Amtsleitung sowie Stellvertretenden Amtsleitung des Gesundheitsamts andererseits, bestehen seit Monaten erhebliche persönliche Differenzen, die bis in das letzte Jahr zurückreichen. Mehrfache Konfliktlösungsversuche brachten über einen längeren Zeitraum keinen Erfolg. Diese persönlichen Differenzen möchte ich nicht näher bewerten und es gibt von mir aus keine Schuldzuweisungen in die eine oder andere Richtung, aber Tatsache ist, dass das Gesundheitsamt so oder so nicht dort verbleiben kann.
- Wirtschaftsreferat
Weil von manchen versucht wird, die Themen Umwelt und Wirtschaft gegeneinander auszuspielen nach dem Motto: „Ein Umweltreferat will er ´abschaffen´, eins für Wirtschaft aber gründen“ will ich dazu auch noch etwas sagen:
Bei der IFG sind die Themen Wirtschaftsförderung, Beschäftigung, Tourismus und Kongresse, Wissenschaft, Hochschulen u.a. in der Person des Vorstands Professor Dr. Georg Rosenfeld in den besten Händen. Er ist von seiner Qualifikation her ein Hochkaräter. Deshalb wird mein Vorschlag für den Stadtrat lauten:
Herr Professor Rosenfeld soll neben seiner IFG-Tätigkeit zusätzlich die Funktion eines Wirtschaftsreferenten übernehmen und beide Positionen in Personalunion ausüben. Es entstehen also keine Mehrkosten für die Stelle des Wirtschaftsreferenten!
Kritisch hinterfragt werden müssen vor allem die Strukturen, die alles andere als optimal sind. Die Verwaltung erarbeitet hierzu derzeit ein Konzept. Entscheidend ist, dass neben der IFG keine kostenträchtigen Doppelstrukturen entstehen, sondern die künftigen Arbeitsbereiche sinnvoll verzahnt werden. Sobald das Konzept fertig ist wird es dem Stadtrat vorgestellt. Mein Ziel ist, dass die neue Struktur spätestens zum Ende des Jahres stehen soll.
- Laufende Gespräche und weiteres Verfahren
Am vergangenen Montag habe ich meinen Vorschlag einigen Vertretern aus dem Stadtrat präsentiert und der Vorschlag wurde zur Kenntnis genommen. Das war freilich kein Entscheidungsgremium, denn die Letztentscheidung trifft selbstverständlich der Stadtrat.
Ich möchte betonen, dass ich mit Bürgermeisterin Petra Kleine und den grünen Fraktionsvorsitzenden Barbara Leininger und Christian Höbusch in gutem Kontakt bin. Gestern hatten wir hierzu ein ruhiges, sachliches und professionelles Gespräch, das vom Willen nach einer gemeinsamen Lösung getragen war. Dabei sind von deren Seite noch einige Fragen zur geplanten Struktur und zu möglichen Alternativen vorgetragen worden. Ich habe zugesagt, diese Fragen zu klären, was in einem allerersten Schritt mit dem vorliegenden Papier erfolgt. Darüber hinaus habe ich die Verwaltung gebeten, die neuen Strukturvorschläge (Umwelt bei der Stadtspitze) und mögliche Alternativen (Neuausschreibung Referent/in) als Entscheidungsgrundlage für den Stadtrat noch weiter und näher auszuarbeiten. Des Weiteren habe ich den Bund Naturschutz und den Landesbund für Vogelschutz zu einem Gespräch eingeladen, um auch deren Auffassungen in die kommende Beschlussvorlage mit einfließen zu lassen.
Die Befassung des Stadtrats ist für die Juli-Sitzung geplant.
Foto: Stadt Ingolstadt / Rössle