Vom Gerichtssaal in den Sitzungssaal: Bürgermeisterin Dorothea Deneke-Stoll
„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, verehrte Bürgermeisterinnen…“ Wenn im neuen Stadtrat die Wortmeldungen mit dieser Einleitung beginnen, ist das noch gewöhnungsbedürftig. „Verehrte Bürgermeisterinnen…“ Erstmals in der Stadtgeschichte repräsentieren neben dem Oberbürgermeister zwei Frauen die Stadtspitze: „Der Frauenanteil im Stadtrat ist ja nicht so üppig, das kompensieren wir mit zwei Bürgermeisterinnen,“ erklärt Dorothea Deneke-Stoll mit einem Lächeln. Sie ist die erste Frau auf dem Posten des zweiten Bürgermeisters – also jetzt der Bürgermeisterin – in Ingolstadt.
Die Anfrage an sie, ob sie denn für das Amt bereit stehe, kam für die Mutter von vier Kindern durchaus überraschend: „Ich habe ein, zwei Tage überlegt und dann entschieden.“ Mit OB Christian Scharpf (SPD), Dorothea Deneke-Stoll (CSU) und der dritten Bürgermeisterin Petra Kleine (Bündnis 90/Die Grünen) steht ein buntes „Trio“ an der politischen Spitze Ingolstadts: „Wir sind drei Personen mit unterschiedlichem Background und werden nicht immer einer Meinung sein“, meint Dorothea-Deneke Stoll. Aber gerade eine faire Diskussion und unterschiedliche Standpunkte würden ein produktives Miteinander ergeben. Und als promovierte Juristin und (jetzt ehemalige) Direktorin des Ingolstädter Amtsgerichts (zuvor leitete sie das Amtsgericht in Neuburg) ist sie es gewohnt, zu vermitteln: „Es ist wichtig, unterschiedliche Stadtpunkte wahrzunehmen. Oft liegt die Wahrheit zwischen den Extremen.“ Und auch als Kuratoriumsvorsitzende des Frauenwerk Stein und ehemalige Präsidentin der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern war und ist ihr das Abwägen, Vermitteln und das sich gegenseitige Respektieren ein Anliegen. In dieser Funktion hatte sie auch ihre letzte Landessynode 2013 nach Ingolstadt geholt. Kein Wunder auch, dass sie sich angesichts der ersten Lockerungen der „Corona-Beschränkungen“ über offene Kirchen gefreut hat: „Ich habe es genossen, dass es wieder Gottesdienste gibt und war gleich in St. Matthäus.“
2013 wurde Dorothea-Deneke Stoll mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet, 2014 wurde sie in den Stadtrat gewählt und ist im selben Jahr auch in die CSU eingetreten. Sie attestiert den Anfangstagen der neuen Legislaturperiode mit der ersten Stadtratssitzung (die zum Teil von ihr geleitet wurde) eine „harmonische Grundstimmung“ und meint: „So könnte es weiter gehen.“ Die Zuständigkeitsbereiche der Bürgermeister/innen sind inzwischen fest gelegt. Dorothea Deneke-Stoll wird die Bereiche III (Recht, Sicherheit und Ordnung), IV (Kultur und Bildung), Wirtschaft und Sport abdecken. Das Büro im Alten Rathaus ist gleich nach ihrer Wahl zur Bürgermeisterin bezogen worden – große Umbauarbeiten gibt es nicht, lediglich ein etwas ergonomischerer Schreibtisch soll das antike Möbelstück ersetzen.
Die Themen, die die 60-Jährige voran treiben möchte, seien die Bereiche Schulen, Nachhaltigkeit und Umwelt. Und angesichts der Corona Krise ginge es auch darum, die Wirtschaft wieder anzukurbeln und hier die richtige Balance zu finden. Man müsse die Menschen, die sich abgehängt fühlen, wieder mit nehmen. Dass dabei das ein oder andere Vorhaben erneut auf den Prüfstand komme, hält sie für wahrscheinlich. Schließlich müsse der städtische Haushalt das alles auch verkraften. Außerdem sei ihr Eindruck, dass trotz der Corona-Krise die großen Bauprojekte voran gingen. „Es ist ganz wi9chtig, die Erfolge auch sehen und spüren zu können“, meint sie. Eine baldige Öffnung der Roßmühlstraße wäre außerdem ihr Wunsch und: „Ich freue mich auf das neue MKKD!“ betont Dorothea Deneke-Stoll, die auch Mitglied im Freundeskreis des Museums ist. Sie freue sich in ihrem neuen Amt nun auf die Begegnungen mit den Menschen in der Stadt und in der Verwaltung („wir haben hier sehr gute Leute an allen Ecken“) und als „Privatmensch“ auf den Sommer und die Rückkehr des Lebens in die Stadt mit gut besuchten Straßencafés und allem, was dazu gehöre.