Luftschloss ?

Ein Kommentar von Hermann Käbisch

Im März 2019 sollte die Welt nach Ingolstadt blicken – und sie blickte tatsächlich auf den Ingolstädter Rathausplatz. Fernsehteams und Journalisten aus ganz Deutschland standen vor einer großen, nur für diesen Anlass errichteten Tribüne. Auf der Tribüne stand er, der den Luftverkehr revolutionieren sollte: der CityAirbus – eine elektrobetriebene, drohnenähnliche Maschine mit vier Sitzplätzen und acht Rotoren. Der Senkrechtstarter sollte fähig sein, auf kleinem Raum abzuheben und zu landen. Ein Pilot sollte für das Lufttaxi nicht erforderlich sein.

Einige der Anwesenden waren allerdings schon damals etwas enttäuscht. Insbesondere Fernsehteams lieben bewegte Bilder. Doch der sogenannte Demonstrator-Airbus rührte sich nicht; nicht einmal ein kleiner Rotor drehte sich. Er war mehr oder weniger eine Attrappe, und das Ganze nichts anderes als eine reine PR-Veranstaltung. Natürlich war Andreas Scheuer anwesend, der damalige Bundesverkehrsminister, der sich in seinem Amt nicht mit Ruhm bekleckerte und für den dies eine Gelegenheit war, einmal mit positiven Nachrichten von sich reden zu machen.

Der Bundesminister lobte das Ausstellungsobjekt in den höchsten Tönen und verbat sich vor laufenden Fernsehkameras, doch schon wieder alles mieszureden. Mit dem CityAirbus wollte sich Bayern – und hier Ingolstadt – als Standort für neueste Zukunftstechnologie präsentieren.

Inzwischen ist Andreas Scheuer nicht mehr Minister, und Airbus hat die Entwicklung des auch als „Lufttaxi“ bezeichneten Projekts eingestellt. Der Bayerische Rundfunk meldete als Airbus-Begründung für das (vorläufige) Ende des Projekts, die erforderlichen Batterien seien nicht leistungsfähig genug. Hinter den Kulissen würde, so der BR, allerdings gemunkelt, dass man das Projekt nicht weiterverfolge, weil Airbus bei der Entwicklung von Lufttaxis weltweit hinterherhinke. In anderen Ländern, insbesondere China oder den USA, sind derartige Geräte bereits im Einsatz.

Es ist also nichts mit der propagierten Vorreiterrolle Bayerns. Doch vielleicht gibt es auch für Ingolstadt und die Region ein positives Ergebnis: Es wurde ein Netzwerk mit dem Namen „Urban Air Mobility Ingolstadt Initiative“ gegründet. Die Vertreter der Mitglieder dieses Netzwerks trafen sich erst kürzlich wieder in den Räumen der Technischen Hochschule Ingolstadt. Das Netzwerk ist inzwischen auf 93 Mitglieder angewachsen, und ihm gehören die namhaftesten Unternehmen aus Deutschland und Europa an.

Obgleich mit Lilium und Volocopter bereits zwei deutsche Lufttaxi-Unternehmen in die Insolvenz gegangen sind, verbreitete Ingolstadts jetziger Oberbürgermeister Dr. Michael Kern Zuversicht: Das unbemannte elektrische Fliegen sei weiterhin eine zukunftsrelevante Technologie. Wenn man die Bedeutung des Drohnen-Einsatzes beim Krieg in der Ukraine betrachtet, so dürfte er recht haben. Ob aber Lufttaxis, die Menschen befördern, sich durchsetzen werden, wird allerdings von vielen bezweifelt. Unbemannte Lufttaxis könnten sich als Luftschlösser erweisen.

Foto: Freepic_Flugtaxi