Wissenschaftler der KU haben neues Corona-Portal mitentwickelt
Die amtliche Statistik zu Corona-Infektionen in Deutschland gehört mittlerweile so selbstverständlich zum Nachrichtenblock wie der Wetterbericht. Im Gegensatz zu dieser täglichen Momentaufnahme bietet nun ein gemeinsames Online-Portal von Wissenschaftlern der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) und der Frankfurter Goethe-Universität einen Einblick in die langfristige Entwicklung bis auf Landkreisebene. Anhand der vom Robert-Koch-Institut veröffentlichten offiziellen Daten können Nutzer dabei den Verlauf für alle 412 Melderegionen in Deutschland seit Ende Februar nachvollziehen.
„Wir berechnen für jede einzelne Region eine Infektionsrate, mit der wir die kumulierte Zahl neuer Fälle im Vergleich zur Vorwoche abbilden. Liegt die Zahl unter 1, sinkt die Infektionsrate bzw. sie steigt sie bei einem Wert über 1“, erklärt Prof. Dr. Joachim Büschken (Inhaber des Lehrstuhls für Absatzwirtschaft und Marketing an der KU), der das Portal www.cov2blog.de gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Dr. Thomas Otter (Professur für Dienstleistungsmanagement an der Goethe Universität Frankfurt) etabliert hat. Da die Meldedaten des RKI oft noch innerhalb der folgenden Tage korrigiert würden, nutzen die Wissenschaftler bewusst nur Daten die mindestens drei Tage alt sind. Zum Team des Projektes gehören außerdem Büschkens Mitarbeiter Max Schulze Dieckhoff sowie die studentische Hilfskraft Chu Tun Thao Nguyen von der Universität Frankfurt.
Die besondere Art der Daten-Aufbereitung zeigt, dass sich die Infektionszahlen in den Regionen sehr unterschiedlich entwickeln: Während einzelne Landkreise noch stark steigende Raten aufweisen, ist die Verbreitung in anderen nahezu zum Erliegen gekommen. „Dies hat dann eine Bedeutung, wenn etwa regional unterschiedliche Faktoren die Ausbreitung beeinflussen oder unterschiedliche Maßnahmen implementiert werden“, erläutert Professor Otter. Das Portal bietet somit auch Entscheidern vor Ort eine zusätzliche Möglichkeit, sich einen Überblick für die eigene Region zu verschaffen.
Bei ihren Untersuchungen haben sie außerdem das Zahlenmaterial rechnerisch ins Verhältnis zur lokalen Bevölkerungszahl gesetzt. Dabei zeigte sich, dass der Anstieg der Fallzahlen in Regionen mit geringer Bevölkerungsdichte ähnlich schnell rückläufig ist wie in solchen mit hoher Bevölkerungsdichte. „Die durchschnittliche geographische Distanz zwischen Personen an sich scheint somit kein Treiber der Veränderung zu sein“, so die Forscher.
Für Ihre Arbeit mit den Zahlen zur Infektionsrate greifen die Marketingexperten auf Grundlagen zurück, die sie sonst für andere Zwecke nutzen: „Auch im empirischen Marketing spielt die Modellierung der Heterogenität von Märkten eine zentrale Rolle. Die Ausbreitung von Krankheiten weist Ähnlichkeiten beispielsweise zur Ausbreitung neuer Technologien oder Innovationen auf, so dass wir lediglich unser Wissen transferieren.“ Professor Büschken und Professor Otter kooperieren seit Jahren bei quantitiv-statistisch ausgerichteten Projekten sowie der Ausbildung von wissenschaftlichem Nachwuchs.
Über die Seite www.cov2blog.de kann man sowohl durch ein Suchfeld als auch durch Anklicken einzelner Datenpunkte die Werte des eigenen Landkreises abrufen und den zeitlichen Verlauf mit einer interaktiven Grafik zeitlich nachzeichnen lassen. (upd)
Foto: KU Eichstätt-Ingolstadt