Weishaupt und die Gespenster„Vielleicht ist die Zeit der Helden einfach vorbei“
Am 17. Mai feierte Björn SC Deigners Uraufführung über den Ingolstädter Professor Adam Weishaupt Premiere. Dabei geht es weniger um den Gründer des Illuminatenordens selbst, sondern vielmehr um die Suche des Chors nach Wahrheit. Der Chor versteht sich als Stimme der Gesellschaft, aus deren Mitte er spricht. Allerdings tappt er im Stück im Dunkeln und vermag das Licht nicht zu finden – obwohl auf der Bühne gut sichtbare Lichtschalter angebracht sind. Getrieben von dem Wunsch nach Orientierung sehnt er sich nach einem Helden wie Ödipus oder Antigone, dem er folgen kann.
Ein wenig Helligkeit bringt das „Vogeltier“, von Renate Knollmann in einem fantasievollen pinken Kostüm hinreißend verkörpert. Dieses Wesen ist eine Mischung aus einer Eule und Mozarts Papageno; die Eule der Minerva wurde vom Orden als Symbol der Weisheit gewählt.
Mit dem Schlag einer Kuckucksuhr erscheint plötzlich ein etwas verwirrter Adam Weishaupt. Möglicherweise der gesuchte Held? Das Publikum erfährt einige Eckdaten seiner Biografie und, anhand von Originalzitaten, mehr über seine Gründungsideen. Ansonsten wirkt Weishaupt in der Gegenwart verloren und deplatziert – originell und mit großem Körpereinsatz von Matthias Ziehgier dargestellt.
Der großartige Chor besteht aus Mira Fajfer, Matthias Gärtner, Jan Gebauer und Peter Rahmani. Die vier suchen nach dem sozialen Zusammenhalt, der in unserer Zeit scheinbar verloren gegangen ist, und zeigen sich dabei uneins. Einige von ihnen hängen Verschwörungstheorien an. In vielen Verschwörungstheorien werden noch heute unterschiedlichste Ereignisse mit den Illuminaten in Verbindung gebracht, obwohl der Geheimbund nur kurzlebig war: Adam Weishaupt gründete ihn am 1. Mai 1776; bereits 1784/1785 wurde er verboten. Gleichwohl gelten die Illuminaten auch Jahrhunderte später noch als vermeintliche Drahtzieher – etwa hinter der Französischen Revolution oder den Anschlägen vom 11. September 2001.
Die Aufführung überzeugt nicht nur durch die große Spielfreude der Darstellerinnen und Darsteller, sondern auch durch ein stimmiges Bühnenbild und eine fantasievolle Inszenierung. Zurecht wurde sie von den Zuschauenden mit stürmischen Applaus quittiert. (HaGa)
Foto: Pressestelle-Stadttheater Ingolstadt