Sucht das Wohl der Stadt – Scharpf vereidigt
Denkanstöße. Die gabs gleich zu Beginn der konstituierenden Sitzung des neuen Ingolstädter Stadtrats. Die Enttäuschungen sind womöglich verdaut, die Wunden verpflastert meinte Dekanin Gabriele Schwarz und „Vergeltet nicht Böses mit Bösem und Schmähung mit Schmähung,“ zitierte Stadtdekan Bernhard Oswald aus der Bibel.
„Sucht das Wohl der Stadt, denn in ihrem Wohl liegt euer Wohl.“ Dieses Zitat des Propheten Jeremiah „schrieb“ Dekan Bernhard Oswald dem neuen Oberbürgermeister und den Stadträten „ins Stammbuch“ und dankte den Kommunalpolitikern (auch den ausgeschiedenen) dafür, Verantwortung zu übernehmen. „Über Politiker zu schimpfen ist leicht. Verantwortung zu übernehmen ist deutlich schwieriger“, so Oswald. „Einander verunglimpfen und verdächtigen mache ein gedeihliches Miteineinader kaputt. Auch von den Zuhörer forderte er Respekt ein. „Wir brauchen diesen Respekt in der Gesellschaft.“ Einzelne können leicht das Kima vergiften, aber einzelne können auch Positives bewirken. Und mit Blick auf die vielen Fraktionen und langen Sitzungen der Vergangenheit zitierte er mit einem Schmunzeln aus dem Matthäus Evangelium: „Über jedes unnütze Wort, das die Menschen reden, werden sie am Tag des jüngsten Gerichts Rechenschaft ablegen müssen“, – das sei bei jeden Wortbeitrag zu bedenken.In einer Gedenkminute wurde außerdem der verstorbenen Stadtratsmitglieder Konrad Ettl und Horst Amenda gedacht.
Manfred Schuhmann, ältestes Mitglied des Ingolstädter Stadtrats, begrüßte als „Alterspräsident“ die Anwesenden, darunter die Familie des neuen Oberbürgermeisters und die Zuschauer im Livestream. Erfreulicherweise sei der neue OB ein Genosse, den er nun vereidigen dürfe, so Manfred Schuhmann. In seiner Rede fielen durchaus kritische Worte in Richtung der bisherigen „Stadtregierung“. So konstatierte er dem Stadtrat eine Verschlechterung des Klimas und brachte auch den berühmten „Deppenhaufen“ noch einmal zur Sprache. Als Geschichtslehrer sei ihm das ein Anliegen: „Die nochmalige Erwähnung dieser Dinghat mit dem Grundsatz zu tun, dass das sich erinnern und darüber reflektieren die Voraussetzung dafür ist, dass sich Dinge nicht mehr wieder holen.“ Ein Durchregieren sei nun aber auch angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse nicht mehr möglich. Es seien daher gemeinsame Anstrengungen nötig – und eine deutliche Abgrenzung zu rechtspopulistischen
Im Anschluss daran vereidigte er Christian Scharpf als neuen Oberbürgermeister der Stadt Ingolstadt. Hier finden Sie die Antrittsrede von Christian Scharpf (siehe eigener Bericht):
Weniger Eigeninteressen – mehr Wertschätzung für Ehrenamt und Kultur
Scharpfs Amtsvorgänger Christian Lösel verabschiedete sich mit einer Rede, die mit sehr persönlichen Worten begann: „Oft wurde ich gefragt: Warum treten Bürger an, um sich zum Oberbürgermeister wählen zu lassen? Denn gerade für das Privatleben bedeutet dieses Amt doch viel Verzicht. Die Zeit mit der Familie, den eigenen Kindern, wird weniger, viele Arbeitstage sind geprägt von langen Sitzungen – zum Teil bis spät in die Nacht, Termine am Wochenende sind fester Bestandteil der Tätigkeit. Trotz dieser Einschnitte hat mich das Amt des Oberbürgermeisters aber stets mit großer Freude erfüllt.“ Er zog eine Bilanz seiner sechsjährigen Amtszeit, die er als „sechs sehr intensive Jahre, mit nicht enden wollender Arbeit, mit enormen Herausforderungen für Stadt und Stadtgesellschaft“ bezeichnete und er zählte das Erreichte auf, auf das die Stadt stolz sein könne wie die Sonderbauprogramme, den Audi-Bahnhalt, die Modernisierung der Schulen, die Sanierung historischer Gebäude sowie die zahlreichen Aktivitäten im Bereich Kultur (DMM, MKKD, Kammerspiele), Wirtschaft (Digitale Gründerzentren, Hotel- und Congresscentrum), Natur (Landesgartenschau, Max-Emanuel-Park, Donauufer-Gestaltung (Konradviertel, Berufsschule, Donaubühne)) und Bildung (Schul- und Kita-Bauprogramm, Ausbau des Hochschulstandorts mit der Verdopplung der Studierendenzahlen an der THI und einem neuen Institut an der KU in Ingolstadt). An seinen Amtsnachfolger gerichtet meinte er: „Vor allem wünsche ich Ihnen als junger Familienvater, dass Sie in den kommenden Jahren ausreichend Zeit für Ihre junge Familie haben werden und es erleben können, wie Ihre Kinder aufwachsen.“ Schließlich bekam Christian Scharpf von Christian Lösel die Amtskette überreicht.
Der neue Oberbürgermeister schritt anschließend gleich selbst zur Tat, schließlich galt es auch die neuen Stadträte/innen zu vereidigen – 22 „Neulinge“ sind im Gremium vertreten.
Mit „Suliko“, einem georgischen Volkslied (für die musikalische Umrahmung der Veranstaltung sorgten Mitglieder des Georgischen Kammerorchesters und Organist Franz Hauk), endete schließlich der feierliche Teil der Sitzung und die Teilnehmer entschwanden in die Pause, um „Energie“ zu tanken. Schließlich stand ja noch Teil II der Sitzung an – ohne Feierlichket, dafür mit acht Tagesordnungspunkten.