Fleißer – eine Frau von einem nicht alltäglichen Format

Anlässlich Marieluise Fleißers Todestag, der sich am 2. Februar zum einundfünfzigsten Mal jährte, fand Sonntag, den 9. Februar im Geburtshaus der Schriftstellerin eine Lesung statt.  
Ingrid Cannonier und Sascha Römisch trugen die von Dr. Martina Neumeyer sorgfältig recherchierten und wunderbar verfassten Texte über eine extravagante, von Männern  häufig ausgebeutete Exzentrikerin, vor: So hat Bert Brecht sie zwar gefördert, sie aber auch für seine Theaterrevolution ausbeutbar sah und dies mit der Inszenierung ihres Theaterstückes „Pioniere in Ingolstadt“ auch reichlich tat. Auch wenn sie seine Bearbeitung als Vergewaltigung empfand, nahm sie es dennoch hin. Dem Journalisten Hellmut Draws-Tychsen, mit dem sie verlobt war, finanzierte sie seinen ausschweifenden Lebenswandel; entsprechend nannte er sie sogar ganz ungeniert seinen Goldesel. Und natürlich hat sie auch ihr Ehemann, Josef Haindl, ausgebeutet, der sein Wort nicht hielt, sie zu Arbeit in seinem Tabakladen verpflichtete und ihr sogar das Schreiben untersagte. Ein Teil ihrer Erfahrungen, aber auch ihre klugen Beobachtungen über das Verhältnis der Geschlechter zueinander hielt sie in ihren Erzählungen fest. 

Späte Würdigung

In den 60er Jahren wurde sie von den jungen Autoren Martin Sperr, Franz Xaver Kroetz und Rainer Werner Fassbinder wieder entdeckt. Sperr beschrieb sie als „Diese ältere Dame mit dem Gesicht einer Handarbeitslehrerin war und ist avantgardistischer als wir jungen Avantgarde-Azubis alle zusammen“. Die Autorin bezeichnete diese jungen Männer als ihre „liebsten Söhne“ 
1972 bestand Fleißer darauf ihre Gesamtwerke selbst zu rezensieren, denn es ging ihr um ihre Selbstbestimmung und sie wollte auch beweisen, „was in der schreibenden Frau so alles steckt.“ 

Der Veranstaltungsraum war, wie immer brechend voll, denn viele Ingolstädter wissen sehr wohl was sie an dieser nicht-alltäglichen Autorin haben. Für eine gelungene musikalische Rahmung sorgten die „Beatworkers“, also Tina Gronert und Sandra-Isabel Knobloch. (HaGa)