Kommentar: Gewerkschaftler, Freiherr oder Hochschullehrer
Kommentar von Hermann Käbisch
Sieht man von CSU und AfD ab, so stehen die Kandidaten für die außerordentliche Wahl eines Ingolstädter Oberbürgermeisters (vermutlich am 9. Februar 2025/Stichwahl am 23. Februar 2025) wohl fest.
Ein bürgerlich-grünes-linkes Bündnis (SPD, Grüne, ÖDP, Linke und UWG) hat sich für Christian De Lapuente entschieden. De Lapuente ist Vorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion und wurde 2020 erstmals in den Stadtrat gewählt. Der 1982 geborene Sozialdemokrat lernte Industriemechaniker, war Betriebsrat und ist als Gewerkschaftssekretär beim DGB beschäftigt. Bei dieser beruflichen Karriere muss er gegen das Image eines linken Gewerkschaftlers ankämpfen, das ihn für bürgerliche Kreise unwählbar machen könnte. Doch er betont, dass er auch Unternehmer sei: Er ist nicht nur Vorsitzender des TSV Ingolstadt-Nord, den er mit Erfolg führt, sondern auch Geschäftsführer der TSV Nord Gastro GmbH, also der Vereinsgaststätte – ein Knochenjob, gerade in den heutigen Zeiten, in dem er sich als wirtschaftlich denkender Geschäftsmann bewährt hat.
Einen “echten Kracher” versprachen die Freien Wähler schon Wochen vor der Bekanntgabe ihres Kandidaten. Der “Kracher” ist ein “König”, nämlich Stefan König. Doch nicht genug: Er darf sich nicht nur König sondern auch “Freiherr” nennen. Der Grund: Er hat eine Freifrau geehelicht und nennt sich nach Annahme deren Namens (nachzulesen im Impressum seines Auftritts im Internet (https://www.stefankoenig2025.de/): Stefan König-Freiherr von Godin. Seine berufliche Karriere: Nach der Schule Ausbildung zum Journalisten beim Donaukurier. Bis 2021 war er mehrere Jahre dort sogar Chefredakteur und verließ als einer der ganz wenigen Chefredakteure den Verlag freiwillig (2021). Danach war er bei der Unternehmensgruppe “Achtzig20” tätig, nicht als Geschäftsführer, aber in maßgeblicher Funktion. Die Gruppe (derzeit teilweise in Insolvenz) betreibt neben Unternehmensberatung, auch Gastronomie und Weinhandel. In seinem Wahlkampfspot (z.B. bei Instagram) lässt er diese berufliche Station unerwähnt. Er bezeichnet sich als “Digital Creator”. Dem Stadtrat gehörte er bisher nicht an. König ist als Journalist bekannt und geschätzt. Allerdings wurde bei der Kommunalwahl 2020 der leider so früh verstorbene Berufskollege Michael Schmatloch (war auch Chefredakteur des DK) vom Wähler gnadenlos “nach hinten durchgereicht” und kam nicht in den Stadtrat.
Für die FDP wird als Angebot an das bürgerliche Lager wie 2020 Jakob Schäuble in den Ring steigen. Bei der letzten Wahl erhielt er als OB-Kandidat 2,53 Prozent der Stimmen. Das hindert den fleißigen Stadtrat nicht, sein Glück nochmals zu versuchen. Für ihn könnte es in der Tat diesmal weitaus besser laufen, weil mit Christian Scharpf ein Kandidat fehlt, der auch im bürgerlichen Lager viele Stimmen bekam (im Ingolstädter Westen 60 Prozent). Ob der noch zu findende CSU-OB-Kandidat die Stammwähler der CSU, die zu einem erheblichen Teil 2020 “fremd gingen/wählten” wieder zurückerobern kann, wird Schäubles Ergebnis erheblich beeinflussen. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler arbeitet an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.
Fortsetzung folgt.